Gelungener Brexit-Vortrag

„Brexit - was nun?“

24.04.2017 - 16:28

Vallendar. Der Konferenzraum des Hotels Alexander von Humboldt in Vallendar konnte kaum den Andrang der interessierten Teilnehmer zum Vortrag „Brexit - was nun?“ aufnehmen: mehrere zusätzliche Stühle mussten herbeigeschafft werden, bis alle Gäste einen Sitzplatz fanden. Angesichts des von britischer Premierministerin Theresa May am 29. März aktivierten Artikel 50 des EU-Vertrags war das Thema hochaktuell. Der Referent Marcus Scheuren sprach zwar, wie er betonte, als Privatperson und nicht in irgendwelcher offizieller Kapazität; er war jedoch durch seine Mitarbeit im Wirtschafts- und Finanzausschuss des Europäischen Parlaments bestens qualifiziert, seinen Zuhörern mit Hilfe einer Powerpoint Präsentation die komplizierte Materie näher zu bringen.

Als Einstieg erläuterte er, wie es zu dem für die meisten Deutschen unerklärlichen Sieg der Brexit-Befürworter überhaupt gekommen war: vor allem durch den Einfluss der Boulevardpresse, der es gelungen war, die EU als Bürokratie-Monster sowie die Bewegungsfreiheit von EU-Bürgern als „Migrationsbedrohung“ darzustellen. Rationelle ökonomische Argumente hätten dagegen überhaupt keine Wirkung gezeigt, selbst in den Regionen nicht, die am meisten von EU-Förderungsprojekten profitierten.


Schicksalhaftes Referendum


Seit dem schicksalhaften Referendum vom 23. Juni 2016 haben sowohl die EU als auch das Vereinigte Königreich ihre Verhandlungsteams benannt: auf der EU-Seite vertritt Michel Barnier, Ex-Kommissar für den Binnenmarkt, die Kommission; Didier Seeuws die Arbeitsgruppe des Europäischen Rats; Guy Verhofstadt die Gruppe des Europäischen Parlaments; und George Vella, Vorsitzender des Rats für Allgemeine Angelegenheiten, die Maltesische EU-Ratspräsidentschaft 2017. Ihnen gegenüber auf britischer Seite stehen Theresa May, David Davis (Minister des neugegründeten Ministeriums für den Austritt aus der EU), Liam Fox (Minister für Internationalen Handel) und der neue Außenminister Boris Johnson, Anführer der Brexit-Kampagne während des Wahlkampfes. Ihre gemeinsame Aufgabe wird es sein, innerhalb einer Zweijahresfrist (bis März 2019), den Vertrag auszuhandeln, der den Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU regelt. Der tatsächliche Verhandlungszeitraum wird effektiv eher 18 Monate betreffen, da etliche Vorschläge der Kommission, dem Rat und dem Parlament zur Abstimmung vorgelegt werden.


Austrittsbedingungen festlegen


Bevor die eigentlichen Verhandlungen überhaupt beginnen, will Barnier die „Austrittsbedingungen“ festlegen, insbesondere: Garantien für EU-Bürger im UK, sowie für UK-Bürger in der EU; die finanzielle Beteiligung des UK an bestehenden Programmen (die Kommission hat eine „Brexit-Rechnung“ über 57 Mrd Euro vorbereitet und Vereinbarungen über die Außengrenzen, insbesondere mit Irland, wo eine neue Grenze nicht nur die Freizügigkeit zwischen Nordirland und Irand stark einschränken würde, sondern eventuell zu einer Gefahr für das gesamte Nordirland-Friedensabkommen werden könnte. Selbst wenn ein Konsens über diese Themen erreicht wird, gehen britische und europäische Ansichten über sowohl politische als auch prozedurale Kernpunkte weit auseinander, beispielsweise im vom UK bevorzugten bilateralen Vorgehen (das heißt das UK möchte gegebenenfalls mit einzelnen EU-Ländern über ausgewählte Themen verhandeln) - die EU dagegen besteht auf die Einheit der 27 Länder als Verhandlungspartner.


Äußerst knapper Zeitraum


Falls in dem äußerst knappen zur Verfügung stehenden Zeitraum keine Einigung erzielt wird, müssen die Briten ohne Vertrag die EU verlassen und nach WTO-Regeln ihre eigenen Handelsbeziehungen zu jedem einzelnen Land der Welt neu verhandeln. Eine Fristverlängerung ist nur durch ein einstimmiges Votum des Europäischen Rats im Einvernehmen mit dem UK möglich. Als kuriosen Sonderfall präsentierte Herr Scheuren die Situation Schottlands, das 2016 im Referendum deutlich für den Verbleib in der EU gestimmt hatte. Im Referendum von 2014 hatten sich viele Schotten für die Abspaltung ihres Landes von England ausgesprochen, wurden aber von einer Mehrheit überstimmt, die befürchtete, Schottlands Mitgliedschaft in der EU dadurch zu verlieren, wovor der englische Premierminister David Cameron eindringlich gewarnt hatte. Weniger als ein Jahr später hat derselbe Cameron dem Londoner Parlament sein EU Referendum Bill vorgelegt, das Großbritannien samt Schottland aus der EU herausführen sollte. Aktuell verlangt Nicola Sturgeon, die schottische Premierministerin, ein zweites Referendum für ihr Land, das ihrer Meinung nach Opfer einer arglistigen Täuschung geworden ist.

Nach dem Vortrag hatten die Zuhörer Gelegenheit, Fragen zu stellen und eigene Meinungen zu vertreten, wovon reichlicher Gebrauch gemacht wurde. Das interessierte, rege und gut informierte Publikum (wie Herr Scheuren im Nachhinein attestierte) kommentierte nicht nur die Folgen des „Brexit“ für das UK, sondern auch deren Auswirkungen auf Deutschland. Ebenfalls nicht zu vernachlässigen ist der Wegfall oder zumindest die Reduzierung der deutschen Exporte nach Großbritannien, die zwischen sieben und zehn Prozent des Gesamtvolumens ausmachen. Letztlich wurde klar, zu den Folgen des BREXIT gibt es viele Meinungen, aber keine Hellseher. Im Anschluss an diese lebhafte Diskussion bot Herr Scheuren interessierten Zuhörern zusätzliches Informationsmaterial durch Internet-Links, die von Vorstandsmitgliedern des Freundschaftskreises weitergeleitet werden.

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