Über das Familienleben mit einem schwerkranken Kind

Die Welt des dreijährigen Maxime

Die Welt des dreijährigen Maxime

Ramona Bögeholz mit Maxime und dessen beiden großen Brüdern Noah und Luca. Bunter Kreis

Die Welt des dreijährigen Maxime

Maxime ist ein offenes und fröhliches Kind.

Region. Wir berichteten Ende 2015 bereits über den kleinen Maxime aus Unkelbach. Da war er gerade ein Jahr alt und hatte bereits zwei Herzoperationen hinter sich. Sein schwerer Herzfehler, das sogenannte „hypoplastische Linksherz“, wird ihn sein Leben lang und mit vielen Operationen begleiten. Zusätzlich sind durch einen Schlaganfall seine Muskeln am rechten Auge gelähmt; er schielt und kann nur durch Kopfbewegungen die Dinge richtig erkennen. Und als ob der kleine Kerl damit nicht genug Probleme hätte, leidet er auch noch unter einer Blutgerinnungsstörung. Und da sich ein Blindsack am Herzen gebildet hat, muss er jeden Morgen neben den vielen Herz-Medikamenten einen Pieks in den Finger ertragen, damit seine Mutter den Gerinnungswert kontrollieren und die Medikamentengabe dosieren kann. Aber Maxime ist ein sehr offenes und fröhliches Kind, seine großen braunen Augen verraten, wie viel der Kleine über die Welt weiß. Seine Lippen sind ebenso wie die Fingerspitzen aufgrund der niedrigen Sauerstoffsättigung meist blau. Dennoch rast er durch die Wohnung, den Garten, redet oder singt und ist neugierig auf alles Unbekannte. Plötzlich dann steht der Dreijährige vor seinem Roller, möchte losfahren und sagt: „Ich kann nicht mehr, ich schaff das nicht, mein Herz braucht eine neue Batterie.“ Den Regelkindergarten um die Ecke besucht er mit einer Integrations-Helferin. So kann die Mutter wieder ihrem Beruf als Praxis-Managerin halbtags nachgehen.

Kontakt zum Bunten Kreis

schon in der Klinik

Noch in der Asklepios Kinderklinik in Sankt Augustin hatte die Familie vor drei Jahren Kontakt zum Bunten Kreis Rheinland aufgenommen und wurde nach Maximes Entlassung von einer Kinderkrankenschwester des Vereins gut betreut und vernetzt. Die beiden großen Brüder Luca (13) und Noah (10) besuchen zahlreiche Veranstaltungen, die im Rahmen des Geschwisterprojektes angeboten werden und verreisen mit anderen Geschwistern schwer oder chronisch kranker Kinder in die von Pädagoginnen des Bunten Kreis betreuten Ferienfreizeiten.

Der Tod ist ständig präsent

Das Nachsorgeteam des Bunten Kreis Rheinland hilft, die betroffenen Familien in den ersten Monaten nach Entlassung des kleinen Patienten weitgehend zu stabilisieren und Hilfe zur Selbsthilfe zu geben. Dennoch bleiben die Probleme, und es ist gut, wenn eine Mutter dann so viel Kraft und Optimismus hat wie Ramona Bögeholz. „Aber,“ so die dreifache Mutter „Maximes Erkrankung hat unser Leben komplett verändert. Der Tod ist nun ständig präsent und wir wissen, dass sich alles schlagartig ändern kann.“

Anfang dieses Jahres haben sich Maximes Eltern getrennt, die Mutter ist mit den drei Jungen zwei Hausnummern weitergezogen. In dieser Zeit musste der kleine Maxime zwei Mal mit dem Notarzt von Remagen in die Kinderklinik nach Sankt Augustin gebracht werden. Vom letzten Aufenthalt auf Intensivstation hat sich das Kind psychisch noch nicht erholt. Es gab Probleme bei der Einnahme der täglichen Medikamente, das Kind ist ängstlicher geworden und spielt die Kliniksituation immer wieder mit seinem Lieblingsstofftier nach. Der bekommt eine Ultraschalluntersuchung vom Bauch, Piekse in die Pfote oder Verbände ums Bein gewickelt. Auch den beiden Brüdern sitzt der Schreck noch tief in den Knochen; Maximes Leben hing damals am seidenen Faden. Und im Nacken sitzt den Eltern die dritte Herzoperation, die Frühjahr 2018 in Sankt Augustin durchgeführt werden soll, wenn Maximes Körpergewicht und –größe dies zulassen. Bei dieser sogenannten Fontan-Operation soll die Sauerstoffsättigung bei Maxime verbessert werden, indem zwei voneinander getrennte Blutkreisläufe geschaffen werden, um das Herz zu entlasten. Die Mutter hat Angst vor diesem großen Eingriff. Die Vorstellung, sein kleines Kind an der OP-Schleuse abzugeben, dass dann am offenen Herzen, angeschlossen an eine Herz-Lungen-Maschine in vielen Stunden operiert wird, schockiert nicht nur eine Mutter. Und kein Arzt kann ihr garantieren, dass sie Maxime noch einmal lebend wiedersehen wird. „Ich wünsche uns und Maxime, dass er dann genug Kraft haben wird, diese OP zu überstehen und hoffe, dass er danach der gleiche Maxime sein wird, der er jetzt ist.“ So kann es aussehen, das Leben mit einem schwerkranken Kind. Irgendwann nach der sozialmedizinischen Nachsorge sind die Eltern auf sich alleine gestellt und benötigen jeden Tag Kraft und Zuversicht für ihr krankes Kind, von dem niemand weiß, wie lange es zu leben haben wird. „Die Tragweite dessen, was es bedeutet, ein schwerkrankes Kind zu haben, war uns damals, als Maxime geboren wurde, völlig unbekannt. Im Laufe der Zeit gewöhnt man sich an den Gedanken, dass es jeden Augenblick vorbei sein kann.“

Beim Spaziergang an der Hand seiner Mutter blickt Maxime verträumt in den strahlend blauen Himmel und meint: „Hoffentlich fliege ich da oben auch mal“.