Lange Lesenacht im Historischen Rathaus

Drei Autoren versetztendie Zuhörer ins Mittelalter

Drei Autoren versetzten
die Zuhörer ins Mittelalter

Der Autor Andreas J. Schulte nahm das Publikum mitan die Orte des Geschehens seiner historischen Kurzgeschichte. Fotos: -UBU-

Drei Autoren versetzten
die Zuhörer ins Mittelalter

Der Bestseller-Autor Tilmann Röhrig fesselte das Publikummit einer anschaulichen Gesichtsstunde zum Lutherjahr

Drei Autoren versetzten
die Zuhörer ins Mittelalter

Im Original Outfit einer wohlhabenden Kaufmannsfrau aus dem Mittelalter, las die Autorin Petra Schier aus ihrem Roman „Das Gold des Lombarden

Andernach. Die lange Lesenacht im geschichtsträchtigen Gemäuer des Historischen Rathauses versetzte rund 60 Zuhörerinnen und Zuhörer in längst vergangene Zeiten. Gleich drei Autoren gaben bei der vom städtischen Kulturamt in Kooperation mit der Buchhandlung Ankerbuch veranstalteten Lesenacht einen spannenden Einblick in ihre Romane, die auf historischen Begebenheiten und tradierten Überlieferungen beruhen.

Tilman Röhrig -

„Die Flügel der Freiheit“

Der vielfach ausgezeichnete Autor Tilman Röhrig fesselte das Publikum mit einer Geschichtsstunde zum Lutherjahr. In seinem historischen Roman „Die Flügel der Freiheit“ geht es besonders um die literarische Aufarbeitung des Konflikts zwischen Martin Luther und Thomas Müntzer.

„Rund zweieinhalb Jahre habe ich an diesem Buch gearbeitet. Ein Jahr benötigte ich für die Recherche. Wobei im Gegensatz zu zahlreichen anderen meiner Romane die Quellensuche diesmal kein Problem darstellte“, berichtete Röhrig. Zum Thema gebe es viele wissenschaftliche Arbeiten. „Schwierig dagegen war, die Spreu vom Weizen zu trennen, also das Wichtige vom Unwichtigen“, sagte er. So reiste er nach Thüringen und Sachsen, nach Wittenberg, Allstedt und nahm die Zuhörer schließlich mit auf die Wartburg.

Anschaulich erzählt Röhrig, wie Martin Luther im nasskalten Winter des Jahres 1522, von Magen- und Darmkrämpfen gepeinigt, an der Korrektur seiner Bibel-Übersetzung ins Deutsche saß. „Satan setzt seine heimtückischen Waffen ein“, ist der Theologieprofessor überzeugt. Zwei Monate ist sein „Ausflug“ her, bei dem sich der in Schutzhaft befindliche Mönch als „Junker Jörg“ verkleidet in Wittenberg umgesehen hat. „In dieser Einsamkeit falle ich von einer Not in die andere“, ist er angesichts seines langwierigen Aufenthalts auf der Wartburg verzweifelt. Schließlich überbringt Sendbote Barthel einen Brief, in dem der Wittenberger Stadtrat einen verzweifelten Hilferuf an Dr. Martinius Luther sendet. Dessen einstige Mitstreiter haben sich radikalisiert und stürzen Wittenberg ins Chaos. So kehrt der ehemalige Junker Jörg dorthin zurück, um die religiösen Eiferer zu verjagen. Zu Letzteren zählt insbesondere Thomas Müntzer, ein ehemaliger Student Luthers, der sich für „auserwählt“ hält und von Luthers Mitstreiter, mittlerweile zu dessen unerbittlichem Gegner, geworden ist. Der Ton zwischen Luther und Müntzer verschärft sich. Sie bezeichnen sich gegenseitig als falsche Propheten und beschimpfen sich auf unflätigste Weise. Am Horizont droht bereits das Inferno eines Bauernkrieges. Gibt es noch Hoffnung und Rettung? Der Roman wird es zeigen“, schloss Tilmann Röhrig den Buchdeckel.

Petra Schier lass

aus ihrem Werk „Das Gold der Lombarden“

Im Original Outfit einer wohlhabenden Kaufmannsfrau entführte die Autorin Petra Schier, die in einer kleinen Eifelgemeinde lebt, die Zuhörerinnen und Zuhörer ins Jahr 1423.

In dieser Zeit traten vermehrt italienische Kaufleute als Bankiers am Niederrhein auf. Die erfolgreichsten Niederlassungen der Lombarden fanden sich in Köln und Aachen. In Köln spielt auch der Roman von Petra Schier „Das Gold der Lombarden“, in dem sich alles um die Macht des Geldes dreht. Aleydis de Bruinker ist noch nicht lange mit dem lombardischen Geldverleiher Nicolai Golatti verheiratet, als dieser unter mysteriösen Umständen zu Tode kommt. Man findet ihn erhängt - hat er sich das Leben genommen? Aleydis will das nicht glauben. Und tatsächlich: Sie entdeckt Male, die auf einen Mord hinweisen und potentielle Täter gibt es genug, Golatti hatte viele Feinde. Die junge Witwe stellt Nachforschungen an.

Zu Hilfe kommt ihr dabei ausgerechnet Gewaltrichter Vinzenz van Cleve, dessen Vater der größte Konkurrent Golattis war. Wider Willen beginnt sie van Cleve zu vertrauen, der der Wahrheit verpflichtet scheint und doch ein düsteres Geheimnis hegt. Schon bald schwebt Aleydis in großer Gefahr, und es sieht aus, als sei ihr einziger Verbündeter in den Mord verstrickt.

Andreas J. Schulte erzählte

von Dämen in der Nacht

Um Dämonen in der Nacht geht es in der historische Kurzgeschichte von Andreas J. Schulte, der mit seiner Familie in einer ausgebauten Scheune zwischen Andernach und Maria Laach lebt. Da seine dritte Kurzgeschichte rund um Konrad von Hohenstade, Jupp Schmittges und Pastor Heinrich zeitlich im November 1476 in Andernach spielt, entführte er die Zuhörer ausgerüstet mit Laternen und Fackeln an die Originalschauplätze des Geschehens.

Im Fackelschein lauschten die Literaturfreunde seinen spannenden Erzählungen im Schlossgarten und vor der romantischen Kulisse der heutigen Christuskirche, die im Mittelalter als St. Nikolaus-Kirche zum Minoritenkloster gehörte und wo ein Geist sein Unwesen getrieben haben soll.

Was wäre das Mittelalter ohne „echte“ Ritter. Noch bevor die Gäste sich bei einem leckeren mittelalterlichen Imbiss aufwärmen konnten, präsentierten ihnen die „Freien Halunken“ auf dem Rathaus-Vorplatz ein großes Ritterspektakel mit spannenden Zweikämpfen.

In gemeinsamen Gesprächen mit ihrem Publikum ließen die drei Autoren die lange historische Lesenacht schließlich ausklingen und signierten ihre Bücher, die bei den Fans der historischen Literatur großen Anklang fanden, mit persönlichen Widmungen.