Der MGV Linz feiert seinen Geburtstag

„Evergreens und Kölsche Tön“

„Evergreens und Kölsche Tön“

Die Sopranistin Christa Steege bereicherte das Konzert mit drei Chansons von Edith Piaf. Fotos: DL

„Evergreens und Kölsche Tön“

„Evergreens und Kölsche Tön“

Linz. Bis auf den letzten Platz hoch oben auf Empore war die Linzer Stadthalle am Sonntagvormittag mit Freunden der Chormusik besetzt. Nach seinem 190-Jährigen vor fünf Jahren hatte der Männergesangverein 1822 Linz, der älteste, aktive Laienchor in Rheinland Pfalz und einer der ältesten Chöre in der ganzen Bundesrepublik, aus Anlass seines 195-jährigen Bestehens erneut zu einem Geburtstagskonzert eingeladen.

Auch heute gelingt es dem Männerchor, dem 1993 der Kulturpreis der Stadt Linz verliehen worden war, mit moderner, zeitgenössischer Chormusik die Tradition zu bewahren, ohne die Werke alter Meister zu vernachlässigen. Im Gegensatz zu ihrem unterhaltsamen Matinée-Konzert vor zwei Jahren verzichteten die Sänger dieses Mal auf den damaligen Beginn „Mit Mandolinen-Klang zum Chorgesang“ und konzentrierten sich sofort auf „Evergreens un Kölsche Tön“. Auch wenn der „cotton“ längst noch nicht „high“ war, eröffneten das Duo, Andreas Orban am Flügel und Chormitglied Willi Beylebens auf der Mundharmonika, mit „Summertime“ das Konzert. „Dieser Song ist die bekanntesten Arie aus der Oper „Porgy and Bess“ von George Gershwin und wurde seit der Uraufführung 1935 als eigenständiges Lied zum meistgecoverten Jazz- und Popstandard aller Zeiten“, berichtete Wolfgang „Wolli“ Klein, der als Ex-KG-Präsident das Konzert des betagten Geburtstagskindes wieder wortgewandt moderierte. Im Namen der Sänger, des Chorleiters Axel E. Hoffmann und des Ersten Vorsitzenden, Norbert Klein, begrüßte er die Konzertgäste nach dem musikalischen Auftakt, allen voran den Hausherrn, Stadtbürgermeister Hans-Georg „Schorsch“ Faust, ab „diesem wunderschönen Morgen“ und versprach den Freunden des Chorgesangs zwei unterhaltsamen Stunden.

Die führten die Konzertgäste zunächst über den großen Teich zu einem „miner forty niner,“ und dessen Tochter, dem „Darling Clementine“. Schnell war die jedoch vergessen. „Eine Rose blüht in Texas und zu ihr muss ich hin“, gestanden die Sänger ihre Liebe zur schönen Rosalie, bevor es sie „Home on the ranch“ nach Kansas zog, wo der Himmel nicht so bewölkt ist, wie am Wochenende am Rhein. „Ich war noch niemals in New York, ich war noch niemals auf Hawaii, ging nie durch San Francisco in zerriss’nen Jeans“, gestanden dann die Sänger mit dem Hit von Udo Jürgens, bevor er und seine 28 Sangesfreunde mit Hobbyflieger Reinhard Mey mutmaßten: „Über dem Wolken muss die Freiheit wohl grenzenlos sein!“

Weiter ging es mit „Nessaja“ einem ein Lied aus dem Konzeptalbum „Tabaluga“ oder „Die Reise der Vernunft“ von Peter Maffay aus dem Jahr 1983. „Geschrieben hat das populärste Lied aus der gesamten Tabaluga-Reihe, das auch nach der Refrain-Zeile ‚Ich wollte nie erwachsen sein‘ genannt wird, von Rolf Zuckowski“, so der Moderator, bevor die Sänger mit dem Shanty „Frei wie der Wind“ von der 2011 gegründeten Gruppe „Santiano“ ihren ersten Block des Geburtstagskonzertes beendeten. „Wie schon bei der Karnevalsmesse hat sich die Sopranistin Christa Steege, die Schwester von unseren Prinz Paul III., den ich mit seinem Gefolge auch hier im Saal begrüßen kann, bereit erklärt, mit ihrer wunderschönen, ausdrucksstarken Stimme unser Konzert mitzugestalten“, kündigte Wolli Klein die Sängerin an. „Ich haben mich mit der Biografie der schmächtigen, nur 1,47 Meter großen Édith Giovanna Gassion, besser bekannt als Edith Piaf, beschäftigt und dabei erkannt, dass ich mit der großen Chanteuse nur das Geschlecht gemeinsam habe“, bekannte die in Rheinbreitbach lebende Sängerin, die ab 2010 bei dem in Bad Honnef lebenden Bass-Bariton Kamen Todorov ihre Stimme ausbilden ließ. Das ganze unvorstellbare Leid, dass die schon vor ihrem 48. Geburtstag gestorbene erlitten hatte, habe Édith Piaf in ihrer Stimme umgewandelt“, so Christa Steege. Mit dem „Milord“, einer 1958 von Piafs damaligen Freunde Georges Moustaki getexteten Liebesaffaire, begann die Sopranistin ihren Part. Diesem Chanson, das zu den größten Erfolgen der Piaf gehört, ließ den Walzer „Sous le ciel de Paris“ folgen, um dann die Konzertbesucher mit „Ils sont partis dans un soleil d’hiver, ils sont partis courir la mer“, dem „Exodus“ nach der Musik von Ernest Gould in die Pause zu schicken.

Nur knapp 20 Minuten später konnte Wolli Klein die Freunde der Chormusik wieder zum zweiten Teil des Konzertes „195 Jahre Linzer im MGV“ begrüßen. Eröffnet wurde dieser mit einem Lied nach der Melodie des „Village People“-Hits „Go West“, für das Juliane Hoffmann, die Frau des Chorleiters getextet hatte: „Ein Mann ist nicht gern allein, ein Mann will unter Männer sein. Ein Mann hat was Besondres vor, ein Mann geht in den Männerchor!“ Begleitet wurde sie dabei nicht nur von dem Pianisten Andras Orban, sondern, wie auch später der Männerchor, von dem Gitarrenterzett Michael Paul, Friedhelm Rechmann und Michael Degen.

„Ich denke, datt wor jood“, legte Wolli Klein den frenetischen Beifall aus, bevor er den kölschen Hit „Unsere Stammbaum“ ansagte, bei dem Karl-Heinz „Bailey“ Stieldorf als Solist brillierte . „Ich ben Grieche, Türke, Jude, Moslem un Buddhist, mir all, mir sin nur Minsche, vür‘m Herjott simmer glich‘ heißt es in dem Lied, das die Bläck Fööss 2000 in Afrika geschrieben haben. Und angesichts der Flüchtlingssituation ist diese Aussage ja wohl aktueller denn je“, so der Moderator. Weiter ging es mit: „Du bes die Stadt op die mir all he stonn. Du häs et uns als Pänz schon anjedonn“, der Liebeserklärung der Kölner Gruppe an ihre Domstadt nach der Dudelsackmelodie von „Highland Cathedral“. Angeführt vom „Trömmelche“ Stephan Klein, dem künstlerischen Leiter der Linzer BlaWiTro-Truppe, zogen der Geschäftsführer der „Nutscheid Forest Pipe Band“, Wolfgang Renz, und Björn Krüger mit ihren Bagpipes in die Stadthalle ein. „Dat janze Spillche war ächt Kölsch, auch wenn wir bei ‚Du bes die Stadt am Rhing, dem jraue Storm‘ an Linz denken und beim ‚staatse Dom‘ natürlich unsere Sankt Martins-Basilika vor Augen haben“, so Wolli Klein, bevor die Nutscheider Piper mit „Amazing Grace“, das alte englischsprachige, geistliche Lied spielten, das nicht nur zu den beliebtesten Kirchenliedern der Welt zählt, sondern 1972 in einer Version der „Pipes and Drums of the Royal Scots Dragoon Guards“ an die Spitze der britischen Charts gekommen war.

Und schon stimmte der MGV die „Kölner Leechter“ der Bläck Fööss an, die Wolli Klein zusammen mit seinem viel zu früh verstorbenen „Botze“-Partner Hans-Werner Wipperfürth und Bailey Stieldorf zum „Linzer Leeve“ umgetextet hatte. Dabei hatten bestimmt auch etliche Strünzer ihrem „FC e Kääzje aanjemaat“, damit der nicht schon wieder verlieren möge. Genutzt hatte es allemal wie der 4:2 Heimsieg über die „alte Dame“ Hertha belegt hatte, der den Kölner den 6. Platz beschert hatte. Nicht nur der, sondern vor allem das Konzert des MGV ließ für die Linzer am schon mittags „am Himmel die Stääne danze“, bevor die Sänger mit ihren Fans im Foyer der Stadthalle auf den stolzen Geburtstag ihres Vereins anstießen.