Die Musik von ENDLICH begeistert in Selters

Gänsehaut-Liedervon Schicksal und Hoffnung

Gänsehaut-Lieder
von Schicksal und Hoffnung

(v.l.) Mick Weber, Ine Feld, Volker Siry, Hartmut Hoefs, Peter Haefner und Ulla Gotthard. -WR-

Gänsehaut-Lieder
von Schicksal und Hoffnung

Gänsehaut-Lieder
von Schicksal und Hoffnung

Das begeisterte Publikum der Band ENDLICH.

Gänsehaut-Lieder
von Schicksal und Hoffnung

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Selters. Viel versprochen und, alles und noch viel mehr gehalten. So, oder so ähnlich, kann man das Konzert von ENDLICH im Stadthaus von Selters überschreiben. Dem „Forum Selters“ ist es erneut gelungen, ein Musik-Event der Spitzenklasse nach Selters zu holen. ENDLICH ist ein Sextett aus dem Westerwald, mit dem Mittelpunkt in Kammerforst, welches sich ausschließlich der deutschen Sprache in ihren Songs verschrieben hat. Eine Mischung aus Balladen, Blues, Jazz, Folk und Rock bildet ihren komplexen Stil.

ENDLICH trat in der aktuellen Besetzung auf: Hartmut Hoefs, Gesang und Gitarre, Ine Feld, Gesang, Peter Haefner, Gitarre und Gesang, Ulla Gotthard, Saxofon und Gesang, Mick Weber, Gitarre und Gesang und Volker Siry an den Drums.

Frank Pfuhl vom „Forum Selters“ begrüßte, wie üblich, die Zuschauer im gut besuchten „Studio“ des Stadthauses und stellte die Musiker vor. Er wies nochmals darauf hin, dass kein Eintritt für dieses Konzert erhoben würde, jedoch in der Pause ein Hut herumgereicht würde. Es wäre sehr schön, wenn beim Einwerfen des Geldes kein Geklimper von Kleingeld zu hören wäre. Scheine würden ja keine Geräusche verursachen.

„Lieder zum Anlehnen und Anecken“, diese Überschrift zog sich wie ein roter Faden durch den gesamten Auftritt. Hartmut Hoefs, der „Spiritus Rector“ von ENDLICH, führte die Zuhörer in das Programm ein, erläuterte mit wenigen Sätzen die Gedanken, die zu den Texten geführt habe. Ohne Ausnahme wurden Eigenkompositionen vorgestellt. Schon die Titel ließen den Tiefgang erkennen, der den Songs zugrunde lag.

„Engel; Ich habe Hunger nach Leben; kleiner Star und Herzblut“ waren die eingangs gespielten und gesungenen Lieder, die von Anfang an das Publikum fesselten, wie eine Initialzündung sprang der Funke auf die Besucher über. Eine bewegende Geschichte erzählte Hartmut Hoefs zu dem Lied „Heimat“, welches seine Mutter in Gedichtform nach der Flucht aus Breslau nach Lohne in Westfalen selbst geschrieben hatte.

Ein Schicksal in Liedform:

Die Koblenzer Familie Yildrim

Atemlose Stille herrschte, als Hoefs das Lied von der Familie Yildirim aus Koblenz ankündigte. Diese kurdische Familie wurde vor zehn Jahren in Koblenz aus dem Kirchenasyl aus der St. Peter Kirche in Koblenz-Neuendorf mit polizeilicher Gewalt herausgeholt, und zusammen mit ihren in Deutschland geborenen Kindern, die hier auch zur Schule gegangen sind, in den Norden der Türkei, an der syrischen Grenze, abgeschoben. Alle Proteste konnten nichts gegen die staatliche Maßnahme ausrichten, obwohl die gesamte Familie ein Paradebeispiel für gelungene Integration gewesen sei. Beeindruckend, und Gänsehaut erzeugend, der Text zu diesem Schicksal. ENDLICH verbreiten mit den zeitkritischen Texten auch durchaus politische Botschaften, ohne zu polemisieren.

Nach einem Abstecher in die aktuelle politische Lage waren die 60er und 70er Jahre Objekt einer herrlichen Persiflage auf das „Wirtschaftswunder“. In diesem Lied wurden das Konsumverhalten der Bundesbürger in der Nachkriegszeit, und die Rolle, die das Fernsehen dabei spielte, gewaltig auf „die Schippe“ genommen. Zunächst kam dieser Song eher beschaulich daher, doch plötzlich legten alle Musiker, wie aus dem Nichts, alle Hemmungen ab und rockten los, was das Zeug hielt.

Beeindruckend der Text zum Lied „Orangenduft“, der sich mit dem Vietnam-Krieg befasst und die Folgen des von Amerikanern eingesetzten Entlaubungsgiftes „Agent Orange“ behandelt. Dem Publikum wurde so noch einmal die Brutalität des unsinnigen Krieges in Vietnam anschaulich vor Augen geführt.

Persönlich, berührend: ENDLICH

Nun folgten teils sehr persönliche Texte, die sich mit Leben, Liebe, Leid und Hoffnung beschäftigten. Beim Titel „Der Sammler“ denkt man vorher vielleicht an einen Messie, doch es handelt von einem sterbenskranken Freund, der, den Tod vor Augen, die Tage sammelt, die ihm noch verbleiben. Da dürfte so mancher im Publikum geschluckt haben. „Schwarzer Montag, Land in Sicht“, „Selbstgespräche“ und „das Lied von Benno“ folgten.

„Das Lied von Benno“ war für Hoefs ein sehr emotionaler Moment, da die Witwe seines Freundes Benno anwesend war. In diesem Lied lässt Hoefs den „Tausendsassa“ Benno, der Musiker, Theologe, Chorleiter und Psychologe in einer Person war, hochleben. Ein bedrückender Moment des Konzertes, glaubhaft vorgetragen vom gesamten Ensemble. Melancholie und Traurigkeit, aber auch Dankbarkeit, waren zum Greifen nah und hatten den ganzen Saal erfasst. „Von Fall zu Fall“, „Viel, viel mehr“ und „Ich will mehr, soviel mehr“ folgten.

Begeisterung balanciert

auf einem schmalen Grat

„Übers Meer“ gab in beeindruckender Weise die Gedanken von Flüchtlingen preis, die versuchen, übers Meer in ein besseres Leben zu gelangen und trotzdem voller Wehmut und Sehnsucht an ihre Heimat denken. Mit diesem eindringlichen Appell zur Menschlichkeit sollte das Konzert eigentlich beendet sein. „Eigentlich“ heißt aber nicht bestimmt, denn die Zuhörer feierten ausnahmslos sämtliche Musiker und entließen diese nicht ohne stürmisch geforderte Zugaben von der Bühne. Da das Publikum sich schon bei den Standing Ovations von den Sitzen erhoben hatte, blieb es bei den Zugaben gleich stehen und klatschte enthusiastisch bei den letzten beiden Liedern mit, teilweise wurde sogar mitgesungen. Auf dieser Basis entstand zwischen den Musikern und dem Publikum eine Symbiose. „Ich will“ und „Wenn Du loslässt, hast du zwei Hände frei“ beendeten ein fantastisches Konzert, welches, von grandiosen Musikern gespielt, dem Publikum dabei in beeindruckender Weise einen Einblick in unser Seelenleben gewährte. Der schmale Grat in den Texten zwischen der harten Realität und den Problemen, Ängsten und Sorgen, die wohl ein jeder kennt, wurde exzellent bewältigt.

Es wäre ausgesprochen unfair den anderen gegenüber, einen der Musiker hervorzuheben. Die Harmonie, von der sich die Zuhörer überzeugen konnten, kann nur entstehen, wenn wirkliche Freunde etwas zusammen angehen. Frank Pfuhl bedankte sich bei den Musikern für das Erlebnis, dabei gewesen zu sein, und überreicht den Damen des Sextetts einen schönen Blumenstrauß, die Herren freuten sich über eine Flasche edlen Sektes. Am Ende waren alle hochgradig zufrieden, die Musiker, das Publikum und die Macher vom „Forum Selters“, denen es immer wieder gelingt, hochkarätige Musiker aus der Region nach Selters zu holen. Für ein Konzert dieser Extra-Klasse, bei freiem Eintritt, zahlt man in den großen Hallen für die Stars der Szene „viereckig Geld“.

Sicherlich werden einige der begeisterten Zuhörer das nächste Konzert von ENDLICH in der „Zweiten Heimat“ in Höhr-Grenzhausen besuchen, welches am 2. Dezember stattfindet.