Heimatmuseum „Alte Porz“ erzählt 900 Jahre Isenburger Geschichte

Herrmann Seeger und Dorothee Sudhoff-Mohr pflegen und betreiben das Museum

Einst arbeiteten 200 Nagelschmiede in Isenburg

17.07.2017 - 09:29

Isenburg. In zwei kleinen Zimmerchen im 700-Einwohner-Ort Isenburg im Sayntal kann man auf eine sehr lange Zeitreise gehen. Sie führt einen 917 Jahre zurück bis ins Jahr 1100. Damals bauten die Ritter Reinbold und Gerlach im Sayntal die Burg, die dem heutigen Ort seinen Namen gab, Isenburg. Das heutige Museum entstand im frühen 14. Jahrhundert, zusammen mit drei weiteren Gebäuden als Torhaus und Schutzeinrichtung dieser Burg. Eins dieser Torhäuser wurde in der Neuzeit abgerissen, weil die Müllabfuhr mit ihren großen Fahrzeugen nicht mehr hindurch passte.

Herrmann Seeger ist zusammen mit Dorothee Sudhoff-Mohr einer von zwei Bürgern des Ortes, die die Tradition des Heimatmuseums am Leben erhalten. Von Mai bis Oktober öffnen sie, immer am ersten Sonntag im Monat von 10 bis 12 Uhr, die hölzerne Eingangstüre zum Museum in der „Alten Porz“. Aber noch viel öfter führen sie Besuchergruppen durch die Ausstellung auf vielleicht 20 Quadratmeter Zimmerfläche. Denn manchmal stehen Menschen vor dem kleinen Natursteingebäude über dem Rundbogen und rätseln, was darin ist. Wenn Herrmann Seeger dann zufällig vorbei kommt, bietet er eine Führung an. Oder die Inhaber umliegender Hotels und Pensionen rufen an und fragen, ob er Gästegruppen durch das kleine Schmuckstück führt.


Nach der Renovierung wurde 2008 die Eröffnung gefeiert


2015 mussten Herrmann Seeger und Dorothee Sudhoff-Mohr den Verlust ihres Mitstreiters Eugen Wasser verkraften. Dieser, ein Ehrenbürger von Isenburg, war der Initiator und langjährige Betreiber des Heimatmuseums. Im Oktober 2008 war die feierliche Eröffnung, nach 700 Stunden ehrenamtlicher Renovierungsarbeiten in dem vorher ziemlich maroden Gebäude.

Im ersten Zimmer sind auf zwei großen Bilderwänden Aufnahmen aus den vergangenen 110 Jahren Isenburger Geschichte zu sehen. Zu sehen ist zum Beispiel eine Gruppe Menschen vor einem Lebensmittelgeschäft, das es einmal in Isenburg gab. Reklame-Schilder werben für „Maggi“, „Persil“ und „Imi“. Bergwerker der Schiefer- und Erzgrube sind zu sehen, die hier betrieben wurde, Arbeiter am Wasserhochbehälter, fröhliche Kinder einer Schulklasse, der Männergesangverein „Harmonie“, den es heute noch gibt, und viele andere Ansichten aus vergangenen Jahrzehnten. Seltenheitswert dürfte auch eine Aufnahme vom Einmarsch amerikanischer Soldaten 1918 in Isenburg haben, ebenso wie ein Klassenbild einer „Verwahrschul‘“ und einer Gruppe junger Frauen mit Kleinkindern bei der „Mütterberatung“. Eine andere alte Fotografie zeigt badende Kinder im damals noch existierenden Wasserfall von Isenburg. Auf einer Zeittafel ist die Chronologie des Ortes nachzulesen. Dort wird der erste Pfarrer von Isenburg erwähnt, ein Pastor Ludewig. Vom 17. bis weit ins 20. Jahrhundert war das Nagelschmiedehandwerk die Haupterwerbsquelle für die meisten Isenburger Familien. In 15 Werkstätten arbeiteten 200 Nagelschmiede. Ein einziger fertigte bis zu 2.000 Nägel am Tag. Die Nägel wurden hautsächlich für die Befestigung von Schuhsohlen gebraucht. Für 1.000 Nägel erhielt der Hersteller einen Verkaufspreis von 1,80 Mark. Von 1725 bis 1914 wurde auch Hopfen angebaut. Eine Schrifttafel erklärt: „Auf jeder freien Parzelle wurde Hopfen gezogen. Das bedeutete in witterungsgünstigen Jahren ein nennenswertes Zusatzeinkommen.“ 1811 wird Isenburg unter die Verwaltung des Amtes Dierdorf gestellt, 1815 dem preußischen Reich zugeteilt. Zu der Zeit hat das Dorf 450 Einwohner. 1914 beginnt im Sayntal das Zeitalter der Elektrizität. Von 1920 bis 1932 spielt der Fremdenverkehr in Isenburg eine nennenswerte Rolle. Es wird sogar ein Naturschwimmbad gebaut. 1977 wird die Schule im Ort geschlossen. 1998 schließt das letzte Lebensmittelgeschäft in Isenburg, ebenso die Poststelle. Im selben Jahr wird der Ort an das Erdgasnetz angeschlossen.


Original Schusterwerkstatt


Im zweiten Zimmer des Museums ist die original Schusterwerkstatt von Edmund Weber aufgebaut. Er war der letzte aktive Schuhmachermeister in Isenburg. Seine Tochter Brigitte hat dem Museum die Werkstatt zur Verfügung gestellt, inklusive einer alten Adler-Nähmaschine. In diesem Raum tut auch noch ein weiß-bunter Terrier in ausgestopfter Form seinen Dienst im Laufrad, mit dem der Blasebalg für das Schmiedefeuer der Nagelhersteller angetrieben wurde.

Auch viele Fundstücke aus dem Umfeld der Burgruine schmücken das Museum. Zahlreiche davon hat Herrmann Seeger selbst gefunden, bei Räumarbeiten in den Ruinenmauern. Seit Jahren schon sind er und seine Mitstreiter vom „Freundeskreis der Isenburg e.V.“ um die Pflege und die Freilegung der erhaltenen Burgreste bemüht. Dabei stoßen sie immer wieder auf wertvolle Fundstücke wie Scherben von Gebrauchsgegenständen oder kunstvolle Details der Burgarchitektur. Das Landesamt für Denkmalpflege ist ein ständiger Begleiter der Renovierungs- und Erhaltungsarbeiten. Nur durch die Arbeit des Freundeskreises sind die noch erhaltenen Teile der Burganlage überhaupt begehbar. Wenn erhaltene Mauerfragemente restauriert werden, kommt kein Zement zum Einsatz, sondern nur Sand, Kalk und Trassmehl. Auch das war eine Vorgabe des Denkmalschutzes. Der Architekt Klaus Georg aus Neuwied berät den Freundeskreis fachlich.

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