Severin Groebner stellte sein neues Programm in der Alten Kirche in Staudt vor

Kabarett-Theater-Abend vom Allerfeinsten

Kabarett-Theater-Abend vom Allerfeinsten

Kabarett-Theater-Abend vom Allerfeinsten

Severin Groebner während der Vorführung.WR

Kabarett-Theater-Abend vom Allerfeinsten

Staudt. Wer erwartet hatte, dass Severin Groebner in seinem Programm Poldi und Merkel parodiert, oder mit flachen Gags den Geschlechterkampf zwischen Mann und Frau unterhalb der Gürtellinie abarbeitet, der war in Staudt im falschen Film. Endlich einmal ein Programm, welches sich nicht mit Schulz oder Trump befasste, obwohl die Politik im Laufe des Abends eingehend beleuchtet wurde. Severin Groebner präsentierte dem Publikum in der Alten Kirche in Staudt ein Programm, dass, zugegebenermaßen, anfangs gewöhnungsbedürftig war, weil er eine ganz neue Art des Kabaretts vorstellte. Der Titel seines Programms sagte alleine schon viel aus: „Vom kleinen Mann, der wissen wollte, wer ihm auf den Kopf g´schissen hat!“ Groebner forderte viel von seinem Publikum, von der ersten Minute an kam man seinen Wortfallen nur durch intensives Mitdenken auf die Schliche. Manch verkappte Worthülsen entpuppten sich als die einfachen Dinge des täglichen Lebens, man musste sie nur durchschauen. Groebner zeigte in seinem Programm den aussichtslosen Kampf eines Mannes auf, der um seinen über alles geliebten Park kämpfte, der einem riesigen Einkaufszentrum weichen sollte. Diesen Park liebte er so sehr, weil er in ihm Ruhe vor dem allgemeinen Konsumterror fand und dort abschalten konnte. Außerdem betrieb sein Lieblingsgrieche Costas in dem Park ein Café, welches ebenfalls wegen des Einkaufszentrums abgerissen werden sollte. Mit Costas konnte er immer tiefschürfende Dialoge führen, so hat er von Costas erfahren, dass dieser eigentlich feministische Theologie studieren wollte; manchmal läuft das Leben jedoch in eine andere Richtung. Allerdings musste Groebner beichten, dass er bei Costas noch einen „Deckel“ über 123 Euro hätte, dies sah er aber bei einem Pleite-Griechen als nicht so dramatisch an.

Kabarett-Theater-Märchen

Abgesehen von einer kurzen Pause, folgte ein über zwei Stunden dauerndes Kabarett-Theater-Märchen über einen, der auszog, weil er es wissen wollte. Spartanisch eingerichtet das Bühnenbild, ein Tisch, ein Stuhl und ein Glas Wasser waren die einzigen Requisiten, denen Groebner sich bediente. Im Kampf um seinen geliebten Park begab sich Groebner auf eine irrwitzige Reise durch menschliche Klischees. Er hielt in seiner Geschichte Konzernchefs, Politikern, Prostituierten, IT-Menschen, Bauarbeitern, Architekten Beamten, Bodyguards und den sogenannten „Oberen Zehntausend“ schonungslos den Spiegel vor und entlarvte deren verlogene Schein- und Parallelwelt ohne Rücksicht auf Verluste mit beißender Ironie. Groebner bewies seine große schauspielerische Veranlagung,

da er alle Rollen selbst spielte, innerhalb von Sekunden von einer Rolle in die andere schlüpfte, dabei jeweils die Stimme und Stimmung passend veränderte. Ein absoluter Höhepunkt des Programms war das Zwiegespräch zwischen einer Prostituierten und einem Freier, der wohl eine mächtige Position in der Politik, oder in der Wirtschaft, oder in der Kirche bekleidete. Kurz bevor Namen ins Spiel kamen, verschwand der Dialog wieder ins Nebulöse. Das Publikum konnte so vermuten, wer eventuell gemeint sein könnte, deshalb war viel Fantasie gefragt. In seinem Kampf um das Verhindern des Einkaufszentrums suchte Groebner das Baugenehmigungsamt auf. Dort traf er auf ignorante, überhebliche Mitarbeiter, die nur nicht mit unangenehmen Fragen gestört werden wollten. Schließlich wurde er vom Chef in den Keller geschickt, weil dahin eine wissenschaftliche Mitarbeiterin abgeschoben worden war, die ein wissenschaftliches Gutachten zur Baugenehmigung der Shopping-Mall erstellt hatte. Im Gespräch mit der leicht verwirrten Mitarbeiterin fand Groebner heraus, dass sich überhaupt niemand für das Gutachten interessierte. Dann besuchte Groebner eine Wahlkampfveranstaltung eines „satten“ Politikers, der mit nichtssagenden Phrasen versuchte, seine Wähler zu begeistern. Immer wieder kam dabei zum Vorschein, dass alles nur eine überaus lästige Pflichtveranstaltung war, denn mit seinen Gedanken war der Politiker bei ganz anderen Dingen. Zum Ende des in wahnwitzigen Tempos vorgetragenen Ritts durch die Zeit traf Groebner auf einen alten Kumpel, der früher als Gitarrist in seiner Rock´n Roll-Band gespielt hatte. Dieser Kumpel hatte es wegen seiner Cleverness und Kaltschnäuzigkeit bis zum Multi-Millionär gebracht. Als Groebner, inzwischen als Security-Sheriff tätig, ihn nach Jahrzehnten in dessen Protz-Villa antraf, entwickelte sich ein Dialog, der den Unterschied zwischen „denen da oben“ und „denen da ganz unten“ schonungslos aufdeckte. Zunächst noch in den alten Zeiten schwelgend, steigerten beide sich in gegenseitige Ablehnung. Wenn Groebner seinem Kumpel Schlagwörter wie Hunger in der 3. Welt, Gier der Banken, Versagen der Politik, Vermögenssteuer, Umweltverbrechen und Verletzung der Menschenrechte vorwarf, konterte dieser, das sei doch alles nicht seine Schuld, er habe sich nichts zuschulden kommen lassen. Er habe sich immer an die Gesetze gehalten, lediglich die Lücken etwas ausgenutzt, ansonsten hätte der Markt alles von alleine geregelt. Groebner sei selbst schuld, er hätte auch die Chance gehabt, mehr aus seinem Leben zu machen. Die Beiden sind keine Freunde mehr fürs Leben geworden.

Das Publikum, schon längst an die Art des Kabaretts gewöhnt, dankte Severin Groebner für den besonderen Abend und dessen unnachahmliches Spiel als Solist, Alleinunterhalter, Schauspieler, Sänger und Kabarettist mit langanhaltendem Beifall. Der Charme dieser Veranstaltung lag zum einen an dem außergewöhnlichen Rahmen in der Alten Kirche in Staudt, zum anderen an der Ausdrucksweise von Groebner, der, geboren in Wien, seinen Auftritt mit leichtem „Wiener Schmäh“ würzte.

Sozial-kritische Lieder im Schrammelmusik-Stil

Seine Musikalität bewies er durch das Einbringen von einigen sozial-kritischen Liedern, die meistens im Schrammelmusik-Stil vorgetragen wurden. Mimik und Gestik waren auf die jeweils dargestellten Rollen genauestens abgestimmt, ohne dabei zu mechanisch zu wirken. Die Freude und der Spaß am Spiel waren Groebner von der ersten Sekunde an im Gesicht abzulesen. Er ist gerngesehener Gast in vielen TV-Sendungen, z.B. „Otti´s Schlachthof“ mit Ottfried Fischer oder im „Kabarett-Festival“ beim WDR. Gröbner ist Träger verschiedener hochwertiger Auszeichnungen: So erhielt er u.a. den Österreichischen Kabarettpreis (zwei Mal), den Deutschen Kabarettpreis und den Förderpreis zum Deutschen Kleinkunstpreis. Nur durch unermüdliches Engagement der Ortsgemeinde Staudt konnte es gelingen, diesen Hochkaräter auf die Höhen des Westerwaldes zu verpflichten.