Kunstaktion in der Martin-Luther-Kirche Bad Neuenahr

Klingende Schalen faszinierten

Klingende Schalen faszinierten

Die Lust am Experimentieren ist ansteckend. HG

Klingende Schalen faszinierten

Friedhelm Pankowski (l.) bringt Klangringe zum Schwingen.

Bad Neuenahr. Ein langer heller Tisch mit eingelassenen runden Membranen statt Tellern erwartete die Gäste am vergangenen Donnerstagnachmittag in der Martin-Luther-Kirche, wo sie begrüßt wurden durch den Projektleiter der Freiheiter, Wolfgang Grambs, sowie im Namen der evangelischen Kirchengemeinde Bad Neuenahr durch Kantorin Andrea Stenzel. Wer näherkam, entdeckte außerdem ein niedriges blaues Podest mit lauter kupfer- und messingfarbenen kugeligen Objekten. Die ungewöhnliche „Möblierung“ stammte von dem Nierendorfer Metallbildhauer Friedhelm Pankowski, Schöpfer des Freiheiter-Preises, den er als Klangschale mit Friedenstaube gestaltet hat. Der Förderverein „Ahrweiler Freiheitswochen“ überreichte diese im Vorjahr Barbara Genscher, Witwe des ehemaligen Außenministers Hans-Dietrich Genscher, für ihren verstorbenen Mann, und aktuell galt die Ehrung Karl Kardinal Lehmann.

Welt der Klänge

Dem Klang auf der Spur, hat Pankowski neben der handgetriebenen Bronze-Schale viele weitere Schalen-Objekte gefertigt, große, kleine, schwach und stark gewölbte, glatte und verzierte, darunter auch ein riesiges Schneckenhaus. „Ich habe mich lange mit der Schale beschäftigt“, erzählte er. „Sie ist die Grundform zu weiteren Objekten wie Klangringen: Die sind so gebogen, dass sie, von der Seite betrachtet, einen Schalencharakter haben.“ Je nach Größe, Metallstärke, Ausprägung der Krümmung und natürlich Art des Anschlags bringen die Formen unterschiedliche Töne hervor. Gemeinsam mit seiner Frau, der Künstlerin Marie Jo Gaudry-Pankowski, führte der Metallbildhauer in die schwingende Welt der Klänge ein, die sie in überraschender Vielfalt freisetzten.

Aufmerksam lauschen

Beide nahmen anfangs am langen Tisch Platz. Bald schwiegen alle Nebengeräusche und Pankowski schlug die vor ihn stehende Schale an. Mit der flachen Hand wischte er über ihr durch die Luft, um den Klang, dem alle nachlauschten, zu verteilen. Am anderen Tischende nahm Gaudry-Pankowski den Klangdialog auf, indem sie mit einem Filzklöppel eine Art metallenen Quirl zum Klingen brachte und die erzeugten Töne verwirbelte. Als Botschafterin des Klangs trug sie die Schwingungen ins Publikum zu den aufmerksam Lauschenden. Ein weiterer Klangkörper, der wie eine Pendelleuchte aussah, wurde von Gaudry-Pankowski gleichfalls zu den Menschen gebracht. Das größte Instrument bestand aus einer gebogenen Membran, die an Seilen von einer pyramidalen Stangen-Konstruktion herabhing. Auf der Membran lagen konzentrische Klangringe auf und darüber hing eine kleine nach unten geöffnete Klangschale.

Kreative Schritte

Einige der Klangkörper hatte Klaus Schäfer, Musikredakteur, der eigens aus Berlin anreiste, technisch verstärkt. Alle Objekte kamen zum Einsatz, nachdem die beiden Klang-Vorführenden Kostproben von Klangerlebnissen geboten hatten. Sich vortasten bei der Klangerzeugung, in harmonischer Gestimmtheit achtsam lauschen, neugierig Neues versuchen, freudig Gelungenes wiederholen, einen Rhythmus finden, diese kreativen Schritte überließen sie sodann ihren Gästen. Die nahmen das Angebot dankbar wahr. Kindergartenkinder, Jugendliche, Mittelalte und Senioren probierten gleichermaßen interessiert und ausdauernd aus, wie sie die verschiedenen Schalen zum Klingen bringen konnten. Dass sich die vielen Töne dabei vermischten und es sich mitunter schwierig gestaltete, einzelne Klänge zu verfolgen, tat jedoch der Freude am Nachahmen oder am Experiment keinen Abbruch. So gelang, was von Friedhelm Pankowski beabsichtigt war: elementare Klangerlebnisse in seiner Installation an Jung und Alt weitergeben, um vielfach verschüttete Urerlebnisse sowohl haptischer wie auch akustischer Art wieder wach werden zu lassen.