14. Unternehmergespräch in der Verbandsgemeinde Montabaur

Montabaurer Unternehmerwerfen einen Blick in die Zukunft

Montabaurer Unternehmer
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BürgermeisterEdmund Schaaf

Montabaurer Unternehmer
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Die Chefs von Unternehmen ab einer bestimmten Mitarbeiterzahl werden von der Verbandsgemeinde jährlich zum „Unternehmergespräch“ eingeladen. Der Veranstaltungsort war in diesem Jahr das von der Quartiersmanufaktur GmbH & Co. KG entwickelte Quartier Süd in Montabaur.KER

Montabaurer Unternehmer
werfen einen Blick in die Zukunft

Im Anschluss an die Reden hatten die Unternehmer Gelegenheit, zwanglos in kleinen Gesprächsrunden über die aktuelle Situation und die Pläne für die Zukunft zu reden.

Montabaur. Zum 14. Unternehmergespräch in der Verbandsgemeinde Montabaur begrüßte Bürgermeister Edmund Schaaf 150 Unternehmer in der zum „Quartier Süd“ umgebauten ehemaligen Westerwaldkaserne. Gastgeber des Treffens war in diesem Jahr das Unternehmen Quartiersmanufaktur GmbH & Co. KG, das im Jahr 2014 die Westerwaldkaserne gekauft hat und die Grundstücke und Gebäude auf den 400 Hektar Fläche der ehemaligen Bundeswehrkaserne zu einem Wohn- und Geschäftsviertel umbaut.

Mit musikalischem Schwung stimmte das Saxophon Quartett des Landesmusikgymnasiums Montabaur die Gäste auf die lebendige Veranstaltung ein, in deren Verlauf der Gastredner und Zukunftsforscher Sven Gábor Jánszky einen Einblick in die Lebens-, Arbeits- und Wohnwelt im Jahr 2025 gab.

Die Kaserne wird „recycelt“

Für das Unternehmen Quartiersmanufaktur sprach deren Geschäftsführer Dr. Martin Koch. Laut seinen Worten ist die originäre Tätigkeit der Gesellschaft das Brachflächenrecycling. Ähnliche Projekte gab es bereits in Trier auf 40 Hektar, wo mittlerweile an die 4.000 Menschen arbeiten. Es werden nicht nur ehemalige Militär-, sondern auch Gewerbeobjekte umgenutzt. In Freiburg hat die Quartiersmanufaktur zum Beispiel eine ehemalige Brauerei zu 130 Lofts umgebaut und – ebenfalls in Freiburg – und in Trier Kirchen zu Wohnungen.

Wie man nach Montabaur kam, erklärte Dr. Koch so: „Wir haben uns 2001 kennengelernt. Damals ging es noch um den ICE-Park. Wir waren überrascht, wie stark die Wirtschaftsorientierung in Montabaur ist. Das kannten wir so aus anderen Kommunen nicht.“ Bei Projekten wie diesen, wo ein ganzer Stadtteil neu entwickelt wird, seien viele Behörden beteiligt. In Montabaur wurde der Prozess in neun Monaten erledigt, das war für das Unternehmen eine einmalige Rekordzeit. Seit zwei Jahren und elf Monaten wird am Quartier Süd gebaut, 100 Millionen Euro wurden bisher investiert, auch von anderen Investoren. Die Dynamik wie in Montabaur bezeichnete Koch als „sehr beachtlich“. Die nicht mehr ganz ansehnliche Halle, in der sich die Unternehmer trafen, soll schon in 18 Monaten eine hochmoderne und architektonisch anspruchsvolle Büro- und Wohneinheit sein. Koch bedankte sich bei der Verwaltung für die hervorragende Zusammenarbeit.

Positive Entwicklung auch durch die Unternehmergespräche

Edmund Schaaf sagte einige Worte zum ersten Unternehmergespräch 2004. Damals gab es eine große Arbeitslosigkeit und Konkurse von Unternehmen. Die Prognosen für den ICE-Bahnhof Montabaur waren schlecht. Eher wurde man für die hochfliegenden Pläne bemitleidet. Der Weg bis zur Eröffnung des ICE-Parks sei lang und schwierig gewesen. Viele Gutachten waren zu erstellen. Damals wurde der Verwaltung Dr. Koch als Berater empfohlen, weil man einen „Mutmacher“ brauchte. Koch sprach schon nach kurzer Zeit vom „Wunder von Montabaur“. In dieser Zeit entstand die Idee, ein Unternehmergespräch zu installieren. Es sollte dem Zweck dienen, eine positive Stimmung unter den Unternehmern zu verbreiten und die Unternehmer zu Botschaftern der Region zu machen.

Heute sind alle Grundstücke im ICE-Park vermarktet. Die Westerwald-Kaserne bezeichnete Schaaf als I-Tüpfelchen obendrauf. Anfangs waren die Befürchtungen, dass die Konversion scheitern könnte, groß. Aber das Gegenteil war der Fall. Die Wirtschaftsstruktur im Westerwald bezeichnete Schaaf als sehr vielfältig, es gebe keine Monostruktur. Der Folienhersteller Klöckner Pentaplast bereite gerade den Börsengang an der Wall Street in New York vor und baue ein Bürogebäude in Montabaur neu. Auch stimme hier die Lebensqualität für die Menschen. Entgegen dem Trend wachse die Bevölkerung, gespeist aus dem Zuzug junger Familien. Schon bei den Vorgesprächen für das Quartier Süd habe man sich Gedanken über einen neuen Kindergarten gemacht. Im Vertrag mit der Betreibergesellschaft war ein Grundstück dafür schon freigehalten worden. Ein fünfgruppiger Kindergarten ist fast fertig, aber auch der reicht noch nicht, es wird noch ein weiterer dreigruppiger Kindergarten gebaut.

Für den insgesamt so reibungslosen und erfolgreichen Verlauf der Vermarktung und Entwicklung der Westerwaldkaserne machte Edmund Schaaf auch das „hochkompetente Team“ in seiner Verwaltung verantwortlich.

Ein wagemutiger

Blick in die Zukunft

Der Zukunftsforscher Sven Gábor Jánszky hat 2004 in Dillingen (Donau) sein Institut zur Zukunftsforschung gegründet. Seine Erkenntnisse gewinnt er aus Studien. Die Methode sei, mit Menschen zu reden, die die Zukunft mehr bestimmen als andere Menschen. Daraus ergebe sich ein relativ genaues Bild der Trends der nächsten Jahrzehnte. Zu diesem Kreis von Menschen gehören 1.500 Führungskräfte aus der ganzen Welt. Grundsätzlich sieht Jánszky eine Beschleunigung der Entwicklungen in der Zeit, das lasse sich schon an der Entwicklung von Smartphones und Fernsehgeräten erkennen. Die Technologieentwicklung nehme einen exponentiellen Verlauf. Dieses Tempo könne kaum ein Mensch nachvollziehen, wodurch eine Lücke in der Vorausschau entstehe. Aber gerade diese Lücke könne man als Unternehmer als Chance betrachten.

Jánszky beschrieb einen permanent sich beschleunigenden Prozess von Veränderungen und technischen Weiterentwicklungen. Er beschrieb Computer, die wissen, dass ein Anruf kommt, bevor er tatsächlich eingeht; Computer, die Probleme in dem Moment lösen, in dem sie beschrieben werden. Das sei auch in der Medizin möglich, wodurch natürlich Ärzte zum Teil überflüssig würden. Er stellte die Frage, wann der Zeitpunkt erreicht sei, dass die Computerintelligenz größer ist als die menschliche Intelligenz. Google sage, dies werde zwischen 2030 und 2045 passieren. Andere Forscher sagten, dies passiere erst ab dem Jahr 2090. Jánszky selbst will nicht entscheiden, welche Prognose stimme, aber man müsse sich fragen, was wir dann machen, wenn es so weit ist, dass der Mensch die „zweitintelligenteste Spezies auf der Welt“ ist. Er sagte: „Technologieinnovationen kommen nicht in die Welt, weil die Menschen sich das wünschen. Innovationen kommen, weil sie technisch möglich sind!“ Aufgrund der größeren Leistungsfähigkeit der Technik verschiebe sich das Vertrauen in Menschen zum Vertrauen in Technik.

Zukunftsforscher skizziert

schillernde Innovationen

Für die Zukunft sagte Jánszky Daten voraus, die schneller als die Echtzeit sind. Ab 2020 könnten Geräte menschliche Emotionen erkennen, 2025 könnten Geräte menschliche Gedanken erkennen. In den nächsten fünf bis acht Jahren werde sich die Computerindustrie extrem auf den Gesundheitssektor und die Echtzeit-Erfassung von Gesundheitsdaten konzentrieren. Es gebe bereits Computerprogramme, die Tumore auf Röntgenbildern zwei Jahre früher und 50 Prozent genauer erkennen als Ärzte. Trotz aller Veränderungen auch für die Menschen, die arbeiten, sagt Jánszky eine Zunahme der Beschäftigtensituation voraus. 50 Prozent der aktuellen Arbeitsverhältnisse seien theoretisch digitalisierbar in den nächsten zwanzig Jahren.

Der Arbeitsmarkt entwickele sich dahin, dass sich Unternehmen bei den Menschen bewerben, nicht die Menschen bei den Unternehmen. Auf dem Arbeitsmarkt werde die „Devaluation des Expertentums“ um sich greifen, damit meint Jánszky den Bedeutungsverlust des Expertentums. Die Rettung davor sei die Wandlung vom Experten zum Coach, der sein Wissen und seine Fähigkeiten in der Praxis anwendet. Standardprodukte hätten keine Zukunft mehr, nur noch situativ und auf die Konsumenten angepasste Produkte. Sogar für den Auto- und den Hausbaumarkt sagte Jánszky diese Entwicklung voraus. Häuser würden für den temporären Gebrauch von überdimensionalen 3-D-Druckern gebaut. Das größte heute gedruckte Haus stehe in China, hat 1.100 Quadratmeter Wohnfläche und 160.000 Euro gekostet. Geforscht und gearbeitet werde heute auch schon am Drucken von menschlichen Herzen und am Drucken von Steaks.

Unternehmen sollen

die Zukunft nicht verschlafen

Den Unternehmern empfahl er, darauf zu achten, „wann die Verrückten die Großen zwingen, in neue Techniken zu investieren“. Das sei der „Tipping Point“, ab dem sofort gehandelt werden müsse, um die Zukunft nicht zu verschlafen. Computerprogramme könnten Unternehmensprozesse heute schon situationsgenau prognostizieren und steuern, zum Beispiel im Handel mit den Vorratsmengen an Verkaufstagen.

Zum Schluss machte der Zukunftsforscher den Unternehmern Mut, die Zukunft und ihre Ungewissheiten als Chance zu begreifen für ein neues, kreatives und erfolgreiches Unternehmertum. Im Anschluss an den Vortrag konnten Zuhörer Fragen stellen. Es wurde gefragt, ob ein Studium in Richtung Expertentum überhaupt noch sinnvoll sei und ob die Menschen mit der Geschwindigkeit der Entwicklung mithalten können, ohne psychische Schäden zu erleiden. Jánszky sagte, ein Studium sei eine Sicherheit für fünf Jahre, danach müsse man anderes Wissen erwerben. Die jungen Menschen, die in die Zukunft hineinwachsen, würden wahrscheinlich mit dem Tempo des Fortschritts keine Probleme haben. Herrschaftswissen gebe es in Zukunft nicht mehr. Nur noch Menschen, die den besten Computer mit den besten Algorithmen besäßen. Entscheidend sei, wer und wie viele Menschen diese Computer besitzen.

Montabaur: Ein erfolgreicher Standort im Dialog

Im Gespräch mit BLICK aktuell vor Beginn der Veranstaltung sagte Bürgermeister Edmund Schaaf: „Es ist das 14. Unternehmergespräch in der Verbandsgemeinde Montabaur. Wir haben das vor 14 Jahren eingeführt, um Kontakte unter den Unternehmern herzustellen, aber auch den Dialog zwischen der Politik und den Unternehmen zu fördern. Insgesamt ist es ein gut angenommener Treffpunkt. Wir freuen uns, dass so viele Menschen jedes Jahr kommen, es sind in der Regel um die 150 eingeladene Unternehmer. Wir laden alle ein, die eine gewisse Mindestzahl an Beschäftigten haben. Es kommen immer wieder verschiedene Teilnehmer, aber viele sind auch Stammgäste. Die wirtschaftliche Situation der Verbandsgemeinde Montabaur ist gut, die Entwicklung in den letzten Jahren ist sehr positiv. Wir haben gute Arbeitsmarktzahlen. Eine Arbeitslosenzahl von 2,9 Prozent ist für den Arbeitsamtsbezirk Montabaur ein Spitzenwert. Auch die Steuereinnahmen fließen. Das zeigt, dass die Unternehmen Gewinne erzielen und das ist sehr erfreulich. Im Jahr 2016 hatten wir Gewerbesteuereinnahmen von 35,4 Millionen Euro.“