Lesung in der Stadtbibliothek Bad Neuenahr-Ahrweiler

Onkel Theo, Bleistiftritterund der kleine Herr Jaromir

Onkel Theo, Bleistiftritter
und der kleine Herr Jaromir

Martin Ebbertz hatte für die Lesung gleich mehrere Bücher mitgebracht. HG

Onkel Theo, Bleistiftritter
und der kleine Herr Jaromir

Bad Neuenahr. Ach, wie schön kann Zuhören sein, wenn wunderbare Geschichten wie die geboten werden, die Martin Ebbertz unter sein junges Publikum brachte. In Zusammenarbeit mit dem Friedrich-Bödecker-Kreis wurde er dafür engagiert. Auf den freundlichen Morgengruß von Bibliotheksleiterin Elisabeth Feuser-Schwickert antworteten in der Stadtbibliothek Bad Neuenahr-Ahrweiler gespannte 39 Schüler der dritten Klasse im Chor mit einem lang gezogenen „Guten Morgen zusammen“. Dann stieg Ebbertz, bekannter und mehrfach ausgezeichneter Kinderbuchautor, auch gleich in die Autorenlesung ein, die zweite für ihn an diesem Vormittag mit zwei weiteren dritten Klassen der Ahrweiler Grundschule. „Ich setze die Brille auf, mit der ich die Buchstaben gut sehen kann“, sagte er noch und los ging es mit „Onkel Theo erzählt vom Bleistift“ aus dem Buch „Ein Esel ist ein Zebra ohne Streifen“. Die Geschichte begann mit der vollmundigen Ankündigung „So, liebe Kinder – heute werdet ihr wieder mal etwas lernen!“ Was man aber bei Welterklärer Onkel Theo lernen kann über Banane, Pferd, Putzlappen, Hering oder eben den Bleistift, sucht seinesgleichen. Er lässt die Kinder wissen, dass die Ritter früher kleiner waren und die Bleistifte größer, sodass sie diese als Lanzen benutzten gegen ihre ärgsten Feinde, die Kugelschreiberpiraten. Da sie die Bleistifte immer wieder spitzen mussten, verloren die Ritter die Schlacht und zogen sich zurück. Der Ausdruck „stiften gehen“, der komme daher, erklärte der Autor beiläufig.

Jaromir im Glück

Zu diesem herrlichen Unsinn gesellten sich die bezaubernd abstrusen Vorkommnisse, die „Der kleine Herr Jaromir“ aus dem gleichnamigen Buch erlebt. Man muss ihn einfach gern haben, diesen Mann, in seiner ganzen Schrulligkeit und den pfiffigen Ideen, die er diversen Missgeschicken entgegenzusetzen weiß. Der hohe Sympathiefaktor legt da zweifellos die Frage nahe: Sind wir nicht alle ein bisschen Jaromir? Ebbertz jedenfalls trug eine Erzählung vor, in der sein seltsamer Held gerade einkauft. Neben dem Sprudelwasserkasten soll es ein Tütchen Tomatensamen sein, dazu Pflanzenerde und Supertomatenfix-Spezialdünger. Herrn Jaromirs Wohnung liegt im sechsten Stock, Pech für ihn, der mangels Körpergröße nur den Knopf des dritten Stocks erreicht. Diesmal stellt er sich auf die Wasserkiste und landest erstmals einen Treffer auf Knopf 6. Lange währt die Freude darüber allerdings nicht. Denn der Aufzug bleibt stecken, der Notruf wird mit der Ansage des Hausmeisters beantwortet, er sei in Urlaub, und Herrn Jaromir plagt der Hunger. Ein Glück, dass er sich zu helfen weiß: Er sät seine Tomaten aus, schließlich ist es eine „Spezialzüchtung für Gegenden mit wenig Sonne“. Wenn das nicht auf seine Fahrstuhl-Situation zutrifft. Tatsächlich sprießt es bald und blüht und die Pflanze setzt Früchte an.

Verblüffende Wendungen

Martin Ebbertz wurde 1962 in Aachen geboren, studierte Germanistik, Philosophie und Geschichte und lebt in Frankfurt. In den kurzen Geschichten des pfiffigen Erzählers kommt es immer anders, als man denkt. Auch die Geschichte „Ein Glückstag“ bezirzt durch ihre verblüffenden Wendungen. Wie da die Leute der Firma „Landmann Joghurt“ auf den Leim gehen, die einen Wettbewerb ausgeschrieben hat, ist so real und so komisch und gleichzeitig auch traurig nachzuvollziehen, dass dieses Jaromir-Erlebnis eigentlich Pflichtlektüre in der Schule sein müsste, um die Kinder frühzeitig vor den Fallstricken zu warnen, die in der Konsumgesellschaft unweigerlich auf sie warten.

Aufgelockert wurde die ohnehin kurzweilige Lesung, als die Ahrweiler Grundschüler „ihren“ Kinderbuchautoren mit Fragen löcherten. „Welches Buch war das erste, das Sie geschrieben haben?“ („Josef, der zu den Indianern will“). „Was war ihr Lieblingsbuch als Kind“ (zum Beispiel: „Jim Knopf und die Lokomotive“). „Was haben Sie zuletzt geschrieben?“ („Anna mit Schirm und Charme und großen Füßen“). Die größte Freude bereitete den jungen Zuhörern unter den vorgetragenen Lesestücken „Verhexte Mandrill“ aus „Paula, die Leseratte“, ein herrlich verdrehter sprachspielerischer Text, den sie unbedingt ein zweites Mal hören wollten. So durfte auch Martin Ebbertz zufrieden sein, der zum guten Schluss Autogrammkärtchen signierte und die Schüler dazu einlud, sich in sein Gästebuch einzutragen.