Zur Erinnerung

So hat es einmal ausgesehen, in der Lindenstraße

von Hans Josef Moeren

25.07.2017 - 15:00

Sinzig. Da derzeit die Firma Baustoffe Moeren GmbH & Co. KG (Hagebaumarkt) dabei ist, den Betrieb erneut zu erweitern, und dazu das alte Gebäude, in dem bisher die Geschäftsleitung untergebracht war, bereits abgerissen ist, ist es sinnvoll, sich den alten Baubestand an diesem Teil der Lindenstraße Mitte des 20. Jahrhunderts in Erinnerung zu rufen.

Damals sah die Straßenfront an der westlichen Seite der Lindenstraße von der Einmündung der Rheinstraße in nördlicher Richtung anders aus, da die Häuser mit den Hausnummern 27 – das „Hotel zur Linde“, 25 – ein Wohnhaus, 23 – das Wohn- und Geschäftshaus von Heinrich Moeren, zuletzt Firmensitz der Baustoffe Moeren GmbH & Co. Hagebaumarkt und 21 – die „Gastwirtschaft „Em Mösje“, über Jahrzehnte das Gesicht der Lindenstraße in diesem Teilstück geprägt haben.


Betriebsgelände wurde erweitert


Das Hotel „Zur Linde“ wurde zu Beginn des 20. Jahrhunderts gebaut. Dazu gehörten im hinteren Teil des Grundstücks ein Saal und ein Biergarten. Zusammen mit dem nördlich angrenzenden Grundstück mit einem aufstehenden Wohnhaus, Nummer 25, wurde das Eckgrundstück mit dem Hotel „Zur Linde“ in den 60er Jahren von der Firma Moeren gekauft, die darauf stehenden Gebäude abgerissen und mit den Grundstücken das Betriebsgelände erweitert.

Das Grundstück mit der Hausnummer 23 gehörte schon vor 1900 als Betriebsgelände zum Baumarkt von Johann Heinrich Moeren, der auf diesem Grundstück primär den Stahlhandel abwickelte.

Das jetzt abgerissene Geschäftshaus auf diesem Grundstück wurde 1935 von Heinrich Moeren, dem Sohn des Betriebsgründers Johann Heinrich Moeren, als Wohn- und Geschäftshaus 1935 (Bauerlaubnis vom 18. Februar 1935) errichtet und ist seitdem Firmensitz der Baustoffhandlung Moeren, heute der Baustoffe Moeren GmbH & Co. KG – Hagebaumarkt.Das Haus wurde von dem Maurer Matthias Feret im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts gebaut. Er hat dann auch als erster Wirt die Gastwirtschaft geführt. Seitdem waren immer Angehörige der Familie Feret Betriebsinhaber. Das Anwesen wurde von der Firma Moeren zu Anfang der 70er Jahre des 20. Jahrhunderts zur Betriebserweiterung gekauft und die aufstehenden Gebäude abgerissen. Heute führt über das Grundstück die Zufahrt zum Betriebsgelände der Firma Moeren.


Zwei Schankwirtschaften eng nebeneinander


Nicht allgemein üblich ist es, dass im ländlichen Bereich zwei Schankwirtschaften so eng nebeneinander an einer Straße errichtet wurden wie hier an der Lindenstraße in der Nähe der Kreuzung Rheinstraße/Lindenstraße.

Ein Grund für die Errichtung des Hotels „Zur Linde“ und der Gastwirtschaft „Em Mösje“ gerade an dieser Straße mag die Nähe zu der über der Bahnlinie gelegenen Plattenfabrik gewesen sein, die 1870 ihren Betrieb in Sinzig begonnen hatte und deren einzige Zufahrt und Zugang damals über die Rheinstraße und den Bahnübergang möglich war.

Das bedeutete für die in der Fabrik beschäftigten Arbeiter, dass auch fast alle Arbeiter nur über diese von der Lindenstraße abzweigende Straße ihre Arbeitsstelle erreichen konnten. Dort beschäftigt waren zu Beginn des Ersten Weltkrieges rund 300 Menschen (Sieler Jürgen, „100 Jahre AGROB in Sinzig“ im Heimatjahrbuch des Kreises Ahrweiler 1971, S. 121).

Damals fuhren die Arbeiter und Arbeiterinnen noch nicht mit einem eigenen Auto zur Arbeitsstelle, sondern sie kamen zu Fuß oder mit dem Fahrrad oder vereinzelt mit der Eisenbahn nach Sinzig. Die Arbeiter erhielten ihren Lohn wöchentlich am Samstag in einer Lohntüte bar in die Hand, eine Form der Lohnzahlung, die bis in die 60er Jahre des 20. Jahrhunderts allgemein üblich war.

Da war es für manchen Lohnempfänger schwer, der Versuchung zu widerstehen, direkt schon einen Teil des Lohnes für eigene Bedürfnisse, das heißt für Alkohol, in der nächsten Kneipe auszugeben.

Bei dem damals knappen Lohn des einzigen Ernährers der Familie führte dies dann am Lohnzahlungstag oft auch zu innerfamiliären Auseinandersetzungen, wenn der Mann mit mehr oder weniger reduziertem Lohn nach Hause kam.

Manche resolute Ehefrau erschien auch am Tag der Lohnzahlung vor dem Fabriktor, um ihren Mann nach Feierabend schon da zu empfangen und von ihm den erhaltenen Arbeitslohn beziehungsweise einen Teil davon zu fordern.


Gleich nach der Arbeit dem Alkohol gefrönt


Die Lage der Schankwirtschaften an der Lindenstraße war somit quasi „vor der Haustür“ der Plattenfabrik, sodass die Arbeiter mit Gelüsten nach Alkohol schon hier einkehren konnten, bevor sie den weiteren Heimweg antraten. Zur Rentabilität dieser Wirtschaften trug auch bei, dass die Lindenstraße im Laufe der Zeit durch die Bebauung im Gebiet östlich der Bahnlinie ihre Lage am Rande der Stadt verlor und die Schankwirtschaften an der Lindenstraße auch von zahlreichen Bewohnern der Umgebung aufgesucht wurden. Infolge der geänderten Lebensverhältnisse ist heute sicherlich ein Bedarf für die beiden Schankwirtschaften an der Lindenstraße nicht mehr gegeben, sodass ihre Schließung nicht als Verlust angesehen werden kann. Dies gilt aber nicht für die Gebäude, in denen sie betrieben wurden. Durch den jetzigen Abriß des letzten Wohn- und Geschäftshauses und die Erweiterung der Verkaufsfläche ist die Umwandlung der einstmals mit Geschäfts- und Wohnhäusern genutzten Flächen in eine Gewerbefläche mit Verkaufshalle und Lagerplatz sichtbar vollzogen.

Artikel bewerten

rating rating rating rating rating
Kommentare können für diesen Artikel nicht mehr erfasst werden.
Stellenmarkt
Weitere Berichte

Kurz vor Ostern ereignete sich im Rhein-Sieg-Kreis ein trauriger Unfall

Beim Spielen von Auto erfasst: 9-jähriges Mädchen wird schwer verletzt

Rhein-Sieg-Kreis/Siegburg. Am Mittwochnachmittag, dem 27. März, ereignete sich in Siegburg ein Verkehrsunfall, bei dem ein Kind schwer verletzt wurde. Gegen 13:55 Uhr wurde der Polizei gemeldet, dass auf der Hauptstraße im Ortsteil Kaldauen eine Person von einem Pkw erfasst wurde. Vor Ort stellten die Polizeibeamten fest, dass offenbar drei Kinder auf dem Gehweg spielten. Als ein 9-jähriges Mädchen... mehr...

Die Polizei sucht Zeugen der Geisterfahrt

Schon wieder ein Falschfahrer auf der A 48

Weitersburg/Vallendar. Am 28.03.2024 um 18:25 Uhr gaben mehrere Verkehrsteilnehmer an, dass sich ein Auto entgegen der vorgesehenen Fahrtrichtung auf dem Abschnitt des „Weitersburger Bergs“ auf der Richtungsfahrbahn Dernbach befand. mehr...

Regional+
 

- Anzeige -

Ei Ei Ei – Die BLICKaktuell Osterüberraschung

Vom 18. März bis 1. April verstecken sich tolle Gewinnspiele und attraktive Aktionen von Unternehmen aus der Region in unserem Osternest. Seid gespannt, was sich hinter dem nächsten Osterei versteckt. Abonniert auch unsere Kanäle auf Facebook und Instagram, um nichts zu verpassen. mehr...

Alter Vorstand ist neuer Vorstand

Sinzig. In Sinzig fand Ende März die turnusmäßige Jahreshauptversammlung der Theatergruppe im Gasthaus „Zur Post“ statt. Der erste Vorsitzende, Wolfgang Staus, begrüßte die zahlreich erschienenen Mitglieder und ließ das vergangene Theaterjahr Revue passieren. Auch die Chronistin Christine Alfter und der Kassierer Dirk Hansen trugen zum Rückblick bei, indem sie über vergangene Ereignisse und den Kassenstand berichteten. mehr...

Anzeige
 
Sie müssen angemeldet sein, um einen Leserbeitrag erstellen zu können.
LESETIPPS
GelesenNeueste
Kommentare
Chris80:
Ohne Worte meinerseits. (kopfschüttel) Weniger Worte dafür Taten sprechen lassen wären hier angebrachter bzgl. der Verantwortlichen. Die ganze Angelegenheit kommt einem wie ein nie endenden Aprilscherz vor. ...
Brigitte Schneider:
und wer soll darüber jetzt lachen?...
Melanie D.:
Sehr lustig ;-)...

Neulich im Kiosk

von Gregor Schürer

Gabriele Friedrich:
Ein echt blöder Artikel. ...
Thola2:
Sehr geehrter Herr Schürer, willkommen im Leben, willkommen in 2024! Und jetzt???? Was will mir der "Dichter" damit sagen?? Das Geschilderte ist ganz normal in Deutschland. Wollen Sie uns Belehren? Und: 8 Uhr "früh"?? Das können nur Studenten oder Arbeitslose behaupten. Ich "maloche" schon um...
K. Schmidt:
Danke für das Stichwort Weihnachtsmarkt. Zu diesen wurde, z.B. von der DUH, aber auch einigen Politikern, aufgefordert die Beleuchtung wegzulassen oder zu minimieren. Und am letzten Samstag wurde groß dazu aufgerufen, für eine Stunde soviele Lichter wie möglich abzuschalten, als Zeichen für Klimaschutz...
Julia Frericks:
Die Ramadan-Beleuchtungen in Köln und Frankfurt sind wegweisende Initiativen. Die Lichter sorgen für eine festliche Stimmung, egal welcher Religion ich angehöre. Eine Stimmung, die auch bei vielen Nicht-Christen aufkommt, wenn sie z.B. einen Weihnachtsmarkt besuchen. In Köln ging die Initiative für...
K. Schmidt:
Soviel Geld, wie der Steuerzahler für die kath. Kirchen Jahr für Jahr in die Hand nehmen darf (ich meine nicht den Kirchensteuerzahler, sondern wirklich jeden!), soviel Beleuchtung kann man für die anderen Glaubensrichtungen doch gar nicht aufstellen, sonst schaffen wir die Dunkelheit ja komplett a...
Haftnotiz+
aktuelle Beilagen
Inhalt kann nicht geladen werden

 

Firma eintragen und Reichweite erhöhen!
Service