Die „Elektrisch“ trat am 19. Juli 1967 ihre letzte Fahrt an

Vor 50 Jahren: Als die Straßenbahn zum letzten Mal fuhr

Heute stehen Elektro-Busse im Fokus – evm Verkehrs GmbH prüft derzeit den Einsatz

18.07.2017 - 09:16

Koblenz. Die Straßenbahn ist tot, es lebe der Omnibus: Das hieß es vor genau 50 Jahren in Koblenz. Am 19. Juli 1967 trat die elektrische Straßenbahn ihre allerletzte Fahrt an. An der Kurbel der mit Girlanden bekränzten Elektrischen: KEVAG-Direktor Ferdinand Präuner persönlich.

Die alten Koblenzer werden sich noch mit etwas Wehmut erinnern: Am 19. Juli 1967, vormittags um 11 Uhr, setzt sich ein mit Ehrengästen besetzter Straßenbahnwagen der Linie 2 von der Endhaltestelle Oberwerth in Richtung Hauptbahnhof in Bewegung. Rechts und links teils fröhliche, teils wehmütig winkende Menschen. Die KEVAG-Werkskapelle schmettert, Feuerwerkskörper und Sektkorken knallen, anschließend die bewegende Abschiedsfeier in der Rhein-Mosel-Halle. Die einen nennen sie kurz „die Elektrische“, die anderen liebevoll „Kowelenzer Wackelbahn“, und der Werkschor der der KEVAG singt zum Abschied: „Sein die Straße noch so krumm, se kohm um alle Ecke rum“. Mit dieser letzten Fahrt wird nach 68 Jahren das Kapitel „Elektrische Straßenbahn“ in Koblenz geschlossen.


Die Premiere der „Elektrischen“


Begonnen hatte alles kurz nachdem die Stromerzeugung in Koblenz begann: 1898 wurde das Kraftwerk am Koblenzer Schützenhof fertiggestellt, das fortan Koblenz und Umgebung mit elektrischem Strom versorgte. Wenige Monate später feierte die „Elektrisch“ Premiere: Am 17. Januar 1899 verkehrte die erste Straßenbahn auf der ehemaligen Pferdebahnlinie 2 zwischen Göbenplatz und Schützenplatz. Im August desselben Jahres wurde eine neue Linie vom Rheinbahnhof (Wöllershof) über die Pfaffendorfer Brücke zum Bahnhof Ehrenbreitstein eröffnet.

Bis zum Jahr 1910 erfolgte der systematische Ausbau des Streckennetzes; nach und nach entstanden Verbindungen zwischen Kapellen-Stolzenfels, Ehrenbreitstein, Arenberg, Horchheim, Moselweiß, Niederlahnstein, Bendorf, Sayn und Höhr. Nach dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs 1914 mussten viele Fahrer und Schaffner in den Krieg ziehen. Sie wurden durch Fahrerinnen und Schaffnerinnen ersetzt, die als Arbeitsmaiden bezeichnet wurden.

Die größte Ausdehnung hatte das Koblenzer Straßenbahnnetz im Jahr 1933 erreicht: 51,7 Kilometer umfasste es, bevor es während des Zweiten Weltkriegs arg in Mitleidenschaft gezogen wurde. Schwere Bombenangriffe zerstörten den Betriebshof völlig, sodass am 6. November 1944 der gesamte linksrheinische Straßenverkehr eingestellt werden musste. Auf den rechtsrheinischen Strecken konnte der Verkehr noch bis Februar 1945 aufrechterhalten werden. Danach ruhte der gesamte Verkehr bis zum 8. Juli 1945. Im März 1951 war der Wiederaufbau des Streckennetzes abgeschlossen.


Erhebliche Probleme durch Motorisierung


Die ansteigende Motorisierung in den 60er-Jahren ging dann allerdings mit erheblichen Verkehrsproblemen in Koblenz einher. „Der Individualverkehr nahm immer mehr zu, jeder wollte mit seinem eigenen Auto in die Stadt“, stellt Hansjörg Kunz, Geschäftsführer der evm Verkehrs GmbH, fest. Immer lauter wurden damals die Stimmen, die die elektrische Straßenbahn als Verkehrsbehinderung sahen. Es war gewissermaßen der Anfang vom Ende der Straßenbahn in Koblenz: Immer mehr Linien wurden eingestellt, die Bahnen selbst waren überaltert, die Fahrgastzahlen gingen zurück, das Defizit stieg.

So kam es genau vor 50 Jahren zur Einstellung der „Elektrisch“, was allerdings nicht den Abschied vom elektrischen Antrieb bedeutete: Am 17. Juli 1941 wurde die erste Oberleitungsbus-Linie in Betrieb genommen – zwischen Vallendar und Höhr-Grenzhausen. Nach und nach begann damit die Umstellung von Straßenbahn auf den Obus, wie der elektrisch betriebene Bus in Kurzform genannt wurde. Doch auch er sollte nur eine begrenzte Daseinsberechtigung haben: Am 30. Oktober 1970 hatte der Oberleitungsbus in Koblenz seine endgültig letzte Fahrt, obwohl er seinerzeit schon etwas Besonderes war. Bernd Reeb, seit vielen Jahren für den Busbetrieb in Koblenz zuständig und heute Prokurist bei der evm Verkehrs GmbH, erinnert sich: „Der Obusbetrieb war schon wegen seiner Überlandlinien im bundesweiten Vergleich ein viel beachtetes Unikat.“


Eine paradoxe Entwicklung?


Der Geschäftsführer der evm Verkehrs GmbH, Hansjörg Kunz, kommentiert die Entwicklung so: „Für manche mag die Entwicklung paradox anmuten: Während nun im 21. Jahrhundert der elektrische Antrieb vor allem aus Umweltschutzgründen als Nonplusultra gilt, hatte man sich in Koblenz vor 50 Jahren von der elektrischen Straßenbahn verabschiedet.“ Zur Frage des Fahrzeugantriebs sagt Hansjörg Kunz: „Heute suchen wir nach alternativen Antriebsmöglichkeiten, um völlig ohne lokale Emissionen fahren zu können.“ Dabei prüft die evm Verkehrs GmbH auch den Einsatz von Elektrobussen. Entscheidend sind für Kunz dabei die Faktoren Ladezeiten, Ladeinfrastruktur, Reichweite und Investitionshöhe. Derzeit entwickelt die Verkehrsgesellschaft der evm-Gruppe ein Pilotprojekt, um den Einsatz von Elektrobussen in der Praxis zu testen. Nach 50 Jahren könnte damit der elektrische Antrieb im öffentlichen Nahverkehr in Koblenz eine Renaissance erleben.

Pressemitteilung der

Energieversorgung Mittelrhein

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K. Schmidt:
Ich glaube, innerhalb der anderen Parteien verstehen das sehr, sehr viele. Aber weil die Entscheidungsträger auf Bundes- und Landesebene zu sehr befürchten, Macht abzugeben, oder aus anderen unerfindlichen Gründen, nimmt man dort schon gar nicht mehr wahr, was die eigene Parteibasis denkt. Wenn man...
Amir Samed:
Am meisten nutzt es der AfD aber, dass die in Bund und Ländern regierenden Parteien immer noch nicht verstehen wollen, was ihnen die meisten AfD-Wähler mit ihrer Stimmabgabe eigentlich sagen möchten....
K. Schmidt:
Herr Müller: "Die Lüge gehört zum politischen Geschäft... Man mag mit der Politik der vergangenen Jahrzehnte nicht einverstanden sein, was man auch nicht kann..." Richtig erkannt. Nur wen wählt man nun? Und wie stehen Sie zu der von den "Omas" offenbar gefeierten "Brandmauer", die in sehr vielen Konstellationen...
Gabriele Friedrich:
@Amir Samed, Sie sollten besser aufpassen mit ihrem Betondenken der AfD....
Gabriele Friedrich:
Ach die AfD, blamiert sich mittlerweile nur noch und langsam kommen die Straftaten raus. Ist doch hervorragend wie *Krah* sich selber entfernt von den Wahlplakaten, wie Höcke sich schwitzend blamiert mit seinem Geschichtsbuch und er vor Gericht musste. Die Weidel wird auch immer blasser und Chrupalla...
Amir Samed :
@Utz der Bär, ich bevorzuge wissenschaftliche Literatur. ...
Utz der Bär:
@Amir Samed: Glauben Sie ernsthaft, dass mehr als 200 Jahre Industrialisierung spurlos an unserer Umwelt vorbeigegangen sind? Denken Sie doch einfach mal selber nach, anstatt nachzuplappern, was ihnen irgendwelche Pseudo-Schwurbler auf Tiktok oder wo-auch-immer weismachen wollen! Was uns alle noch viel...
Amir Samed :
@juergen mieller, ich habe schon einiges an Niveaulosen und inhaltsleeren gelesen, Sie schaffen es dies noch zu unterbieten. Solange Sie auf dieser Ebene weiter agieren und sich einer sachlichen Diskussion und Argumentation verweigern, bleiben ihnen Antworten von mir erspart. Es ist nie zu spät, lernen...
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