Umstrittenes Bauvorhaben bei Bürgerversammlung in Obermendig besprochen

Die Obermendiger Seele kochte

Die Obermendiger Seele kochte

Karl Gunkel (stehend), der zur Bürgerversammlung eingeladen hatte, agierte als souveräner Moderator. FRE

Die Obermendiger Seele kochte

Über 150 Obermendiger Bürger traten als starke Einheit auf und hielten mit ihrer Kritik nicht hinterm Berg.

Die Obermendiger Seele kochte

Diese beiden Bauprojekte erhitzten die Gemüter im Saal des Gasthauses Bolz.

Obermendig. Einen solchen Massenandrang, wie bei der Bürgerversammlung hat es im Saal des Obermendiger Gasthauses Bolz das letzte Mal gegeben, als die Kirmesgesellschaft am Karnevalssamstag zum Maskenball eingeladen hatte. Im Gegensatz dazu war der Anlass diesmal allerdings sehr ernster Natur. Es ging nämlich um zwei Baugebiete, für die der Mendiger Stadtrat in seiner letzten Sitzung einen Aufstellungs-Beschluss gefasst hatte. Zum einen handelt es sich um ein von der Stadt angestrebtes Wohngebiet in der Verlängerung von Eichenweg und „Am Sonnenhang“ und zum anderen um das von dem Investor Bernd Neitzert aus Obermendig in drei Bauabschnitten geplante Wohngebiet „Martinsheim“, in dem Senioren die Möglichkeit geboten werden soll, selbstbestimmt residieren zu können. In seiner Begrüßung sagte Karl Gunkel, der offiziell zu der Veranstaltung eingeladen hatte und diese moderierte: „Die Tatsache, dass hier weit über 150 Bürger anwesend sind, macht deutlich, dass in Obermendig kaum jemand bereit sein dürfte, das von der Stadt geplante Vorhaben widerspruchslos hinzunehmen.“ Während Stadtbürgermeister Hans Peter Ammel und Diplom-Geograf Thomas Zellmer von dem beauftragten Stadtplanungsbüro den aufgebrachten Bewohnern Rede und Antwort standen, versuchte die ebenfalls anwesende Vermessungs-Ingenieurin Karin Stein ein wenig Transparenz in die mitunter komplizierte Baugesetzgebung zu bringen. Die zum Teil extrem aufgeladenen Gemüter wollten jedoch ebenso klare wie verständliche Antworten auf ihre Sorgen und Nöte haben. So zeigten sie sich zunächst ausgesprochen verärgert darüber, dass niemand von der Verbandsgemeindeverwaltung vor Ort war.

Hierzu erklärte Karl Gunkel, dass er VG-Bürgermeister Jörg Lempertz deshalb nicht eingeladen habe, da er der Meinung war, bei den beiden Neubauprojekten handele es sich vorrangig um eine Angelegenheit der Stadt. Grundsätzlich trifft dies zwar zu, da jedoch vor allem zahlreiche vom Hochwasser durch den immer wieder über die Ufer tretenden Kellbach betroffene Bürger ihrem Ärger Luft machten, wäre nach Meinung aller Anwesenden ein klärendes Wort durch einen Mitarbeiter der Verwaltung sehr hilfreich gewesen. Stadtbürgermeister Ammel fügte hinzu, dass ihm von VG-Bürgermeister Lempertz während der letzten Stadtratssitzung zugesagt worden sei, dass jemand von der Bauabteilung der VG-Verwaltung dabei sein werde.

Wenngleich die Planungen noch am Anfang stehen und die weiteren Verfahrensschritte noch erarbeitet werden müssen, hatte man im Saal einen „Kummerkasten“ aufgestellt, den die Anwohner mit ihren schriftlich verfassten Einsprüchen und Vorschlägen füllten. Der Inhalt wurde inzwischen an die Leitung der Bauabteilung übergeben.

Umweltschutz als

wichtiges Thema

Dass der Umweltschutz für die Obermendiger von existenzieller Wichtigkeit ist, machten die Einwürfe vieler Anwohner deutlich. Allein die Tatsache, dass der Wald auf dem Baugebiet „Martinsheim“ gerodet werden müsste, brachte die Männer und Frauen auf die Barrikaden. „Wenn das Regenwasser in dem Waldgebiet nicht mehr versickern kann, läuft es den Berg herunter und verstärkt das ohnehin schon große Hochwasserproblem in Obermendig“, so ein Anwohner des Erntewegs. Ein ebenfalls betroffener Obermendiger berichtete, dass er nicht mehr schlafen könne, wenn die Wettervorhersage starke Regenfälle in der Region melde. Thomas Zellmer gab den Leuten zwar Recht, räumte aber ein, dass es Aufgabe des Planers sei, ein Konzept vorzulegen, welches die Veränderung des Wasserhaushalts berücksichtige. Eine „kleine Machbarkeitsstudie“ habe jedoch ergeben, dass es zunächst keine Gründe dafür gebe, das Projekt scheitern zu lassen.

Neben ihrer Angst vor dem immer wiederkehrenden Hochwasser kritisierten die Anwohner, dass die Stadt beide Baugebiete im „beschleunigten Verfahren“ durchsetzen wolle und dass dabei der Naturschutz auf der Strecke bleibe.

Dazu sagte der Städteplaner Thomas Zellmer, dass man, um die Träger öffentlicher Belange von der Planung zu überzeugen, auch den Natur- und Artenschutz ausführlich prüfen müsse. Auf die Frage, warum es die Stadt denn so eilig habe, das Baugebiet in der Verlängerung des Eichenweges durchzusetzen, sagte Stadtbürgermeister Hans Peter Ammel, dies sei der hohen Nachfrage nach Bauplätzen geschuldet.

Anerkennung für Retterath

Anerkennung erntete dagegen das Stadtratsmitglied Stephan Retterath (Bündnis90/Die Grünen), der zugab, dass er sich von den Ausführungen des Investors habe täuschen lassen. „Uns wurde der Eindruck vermittelt, es handele sich beim ‚Martinsheim‘ um ein gemeinnütziges Projekt. Da es sich tatsächlich jedoch um ein rein kommerzielles Vorhaben handelt, wäre es zu begrüßen, wenn die Verwaltung das Konzept noch einmal überarbeiten würde“, so Retterath.

Dirk Mohr nutzte dagegen den „Heimvorteil“ der Obermendiger und gab zu bedenken, dass sich zwar jeder über die bisher realisierten neuen Baugebiete in Obermendig freue, niemand könne jedoch nachvollziehen, warum der zum Teil „verrottete Ortskern“ überhaupt nicht zur Kenntnis genommen werde. „Auch wenn wir heute ausführlich die Gelegenheit nutzen konnten, unserem Ärger einmal Luft zu machen, heißt dies noch lange nicht, dass wir die Sache damit auf sich beruhen lassen. Wir bleiben am Ball“, so Karl Gunkel zum Abschluss der Sitzung.