Beim Rotwildring Ahrweiler hagelt es Kritik zur Novellierung des Landesjagdgesetzes Rheinland-Pfalz

„Die wollen uns etwas vorschreiben, wovon sie keine Ahnung haben“

„Die wollen uns etwas vorschreiben, wovon sie keine Ahnung haben“

Leidenschaftliche Diskussionen und Beiträge prägten die Versammlung des Rotwildringes Ahrweiler in der Kempenicher Leyberghalle. Foto: GS

Kempenich. Die Novellierung des Landesjagdgesetzes Rheinland-Pfalz entwickelt sich zur unendlichen Geschichte. Denn sie ist seit Jahren Thema bei den Versammlungen von Jägern zwischen Ahrweiler und Kaiserslautern. So auch erneut beim Rotwildring des Kreises Ahrweiler in der Kempenicher Leyberghalle.

Was bringt die Jäger in Harnisch? Bisher übt der Jagdrechtsinhaber sein Recht in einer Jagdgenossenschaft vor allem durch Verpachtung eines Revieres aus. Das Reviersystem wird aber ausgehebelt. Jeder Grundeigentümer kann zwar zunächst der Verpachtung zustimmen, anschließend aber auch noch seine Fläche selbst bejagen oder getrennt an einen Dritten verpachten. Es können Bewirtschaftungsgemeinschaften gebildet werden, die darüber hinaus auch unterjährig variieren. Die Solidarität zwischen denjenigen, die möglicherweise unter Wildschaden leiden und denjenigen, wo schadensarm höhere Wildbestände vorhanden sind, wird zerstört. - Die bisherigen Passagen im Landesjagdgesetz, dass Ziele der Jagd die Erhaltung eines gesunden Wildbestandes und seiner natürlichen Lebensgrundlagen sind, wurden gestrichen. Stattdessen liegt der Fokus auf der Holzgewinnung. Pflanzen und Bäumen wird ein höherer Schutzstatus zugesprochen als Tieren, insbesondere Pflanzenfressern. Da wildlebende Tiere vom Grundgesetz besonders geschützt sind, verstößt dies nach Meinung der Jäger gegen die Verfassung.

Das alles sorgte im vergangenen Jahr für Unmut und Proteste. Zwar sprach der Landtagsabgeordnete Horst Gies aus Ahrweiler in seiner Funktion als Kreisbeigeordnete vor dem Rotwildring davon, „dass sich etwas bewegt“ und es eine „Phase des aufeinander Zugehens“ gebe, doch wenn nötig würden die Jäger wieder in den Protestmodus wechseln. Er setzte auf konstruktives und kritisches Begleiten der Novellierung. Gies hat Ahnung vom Fach, ist selbst Jäger und Vize der Kreisjägerschaft Ahrweiler.

Herbe Kritik an Mainz

„Ahnung bei den Leuten in der Mainzer Regierung“, vermisste Alt-Kreisjagdmeister Joachim Polch mit nicht ganz so netten Worten wie denen von Gies. Es sei eine „Unverschämtheit“, dass sich von dem Evaluierungspapier des Landesjagdverbandes kein Wort in dem neuen Gesetzesentwurf finde. „Wir schlagen die Hände über dem Kopf zusammen, weil Leute uns etwas vorschreiben wollen, wovon sie keine Ahnung haben“, machte Polch seinem Unmut unter Beifall von mehreren Hundert Jägern in Kempenich Luft und kündigte aufgebracht an: „Wir fahren zum Protest auch nach Mainz.“

Dass die Jäger im Rotwildring Ahrweiler ihre Hausaufgaben gemacht haben, belegte Polch mit den Abschusszahlen des vergangenen Jagdjahres. So wurden in den Hegegemeinschaften Hohe Acht-Kesseling und Barweiler-Aremberg sowie in den Freigebieten insgesamt 1344 Stücke Rotwild erlegt. Davon 830 weibliche Tiere und 513 männliche. Dass im eigentlich Rotwild-freien Gebieten 205 Stücke erlegt wurden, begründete Polch so: „Rotwild sucht sich seinen passenden Lebensraum, die Standorte ändern sich.“

„Absurde Verordnungen“

„Rotwildbewirtschaftung und Wirkung von Störungen auf das Rotwild“ war dazu das passende Thema des Gastreferenten. Wildbiologe Dr. Daniel Hoffmann, ehemaliger Vorsitzender des Landesjagdverbandes Saarland, wandte sich dabei „gegen grüne Ideologie, wie Anfang des 19. Jahrhundert zugunsten des Waldes mit aller Brutalität gegen das Wild vorzugehen“. Hoffmann geißelte „absurde behördliche Verordnungen und Gesetze“ und forderte „mit Kampfbereitschaft gegen solche Maßnahmen vorzugehen“. Sein Instrument für das Rotwildmanagement ist nachhaltige Bewirtschaftung durch Waid- und Tierschutzgerechtigkeit und Erhalt der Sozialstrukturen.

Mindestabschusspläne seien „starre bürokratische Konstrukte“ und könnten „nicht zu ökologisch sinnvollen Lösungsansätzen beitragen“. Dieses System sei primitiv und nicht zielführend. Abschussplan bedeute mehr: Es gelte sich jedes Jahr erneut mit der Situation von Wild und Wald auseinanderzusetzen. Durch Rotwildmanagement gelte es Verantwortung gegenüber den Ökosystemen zu übernehmen. Und dazu gehöre auch die Aufhebung des Verbotes Wildäcker zu düngen. Hoffmann: „Das Wild sucht sich sein Biotop selbst, magere Wiesen werden gemieden.“ So seien Schäden an anderen Orten programmiert. Zu Schäden führte Hoffmann außerdem an, dass Wildverbiss im Forst am häufigsten in der Jahreszeit (Winter) auftrete, in der es den geringsten Wildbestand gebe. Er wünsche sich eine klare Differenzierung und Abgrenzung von wirtschaftlichen Zielen und ökologischen Realitäten.

Fehlende Wertschätzung

„Klare Worte“, fand Ralf Mocken als Moderator des Rotwildringes und unterstrich mit der „fallenden Stecknadel, die man hätte hören können“, das Interesse der Jägerschaft an dem Vortrag. Mocken zitierte dazu aus der Fachzeitschrift „Hirsch & Co.“: „Klare Worte zum Zustand des Arten- und Naturschutzes in Deutschland, zu Waldbaufantasien der Forstwirtschaft und zur fehlenden politischen Wertschätzung für die Leistung der Jägerschaft.“ Hoffman gehe „hart ins Gericht mit der grünen Natur-Frevler-Partei“ und erkläre, warum Wild nicht schuld an den waldbaulichen Problemen sei. Anerkennung gab es indes von Gies im Namen von Landrätin Cornelia Weigand für die Jäger: „Die Hegegemeinschaften leisten mit ihrer engagierten und zielgerichteten Arbeit einen wichtigen Beitrag zum Erhalt des Lebensraums für das Rotwild. Sie stellen damit gleichzeitig einen Ausgleich zwischen einem gesunden Rotwildbestand und den land- und forstwirtschaftlichen Bedürfnissen her.“ Eine tragende Rolle bekomme dabei das Zusammenspiel zwischen Forst und Jagd für das Ökosystem Wald.