„Dorfgemeinschaftshaus ja – Aber nichtin einem europäischen Schutzgebiet!“

Schenkelberg. Die Ortsgemeinde Schenkelberg im Westerwaldkreis beabsichtigt, in einem europäischen FFH-Schutzgebiet ein neues Dorfgemeinschaftshaus zu bauen. Das angedachte Vorhabengebiet befindet sich auf einer extensiven Mähwiese, die gleichzeitig als Streuobstwiese genutzt wird. Das Gebiet gehört dabei vollständig zum FFH-Gebiet „Unterwesterwald bei Herschbach“ (FFH-5312-301). Allein diese Begebenheit ist für die Naturschutzverbände vollständiger Ausschlussgrund für ein Bauvorhaben, da Natura 2000-Gebiete als Schutzsystem für Flora, Fauna und Lebensraumtypen eingerichtet wurden. Bereits schon jetzt besteht eine Verkleinerung des FFH-Gebietes durch den südwestlich von Schenkelberg gelegenen Friedhof.

In den vorliegenden Gutachten selbst wird angegeben, dass ein hoher Flächenverbrauch und Versiegelungsgrad notwendig sei. Es seien erhebliche Auswirkungen auf Boden und Wasser zu erwarten, was damit ebenfalls der gewünschten Bebauung entgegensteht. In der Begründung findet sich sinngemäß die Aussage, dass der nicht für die Bebauung genutzte Flächenanteil durch die Ausweisung als Grünfläche und durch den Erhalt der Obstbäume einen nachhaltigen Beitrag zum Natur- und Landschaftsschutz leisten soll. Hier wird offensichtlich ignoriert, dass dieses Lebensraum- und Landschaftselement bereits vorhanden ist und durch das Vorhaben sowohl verkleinert als auch beeinträchtigt würde.

Im südlichen Teil soll der Grabenbereich in Hinblick auf eine natürliche Gewässerausbildung entwickelt werden. Derartige Maßnahmen sind für ein FFH-Gebiet ohnehin notwendig, um Lebensraumverbesserungen zu erzielen.

Desweiteren sind solche Maßnahmen ohne Nutzen für die Fauna, wenn das unmittelbare Umfeld bebaut und versiegelt werden soll.

Wie mehreren kürzlich erschienenen Artikeln in der regionalen Presse zu entnehmen war, laufen aktuell bereits Planungen zum Verkauf von Grundstücksflächen an das ortsansässige Basalt- und Mischwerk, um damit einen marginalen Teil der Kosten des Dorfgemeinschaftshauses in Höhe von über 1 Millionen Euro zu finanzieren. Dadurch kämen weitere große Belastungen für die Bevölkerung für viele Jahre hinzu.

Auch die Naturschutzinitiative e.V. (NI) und die POLLICHIA erachten ein Dorfgemeinschaftshaus als wichtig für die Einwohner. Die Finanzierung sollte jedoch so sichergestellt werden, dass keine weiteren Beeinträchtigungen für Menschen und Natur stattfinden. Es ist unredlich, wenn Bürgermeisterin Carolin Bruns beide Punkte miteinander vermengt und damit offensichtlich versucht, die Menschen in Schenkelberg unter Druck zu setzen.

Diese Vorgehensweise ist sehr befremdlich, dass zur Finanzierung bereits Bestrebungen und Planungen – die mit weiteren Eingriffen an anderer Stelle verbunden sind – ausgehandelt werden, obwohl bisher überhaupt keine Genehmigung für ein Bauvorhaben vorliegt. Zu kritisieren ist auch: Nur zehn Minuten brauchten Gemeinderat und die Bürgermeisterin in der letzten Ratssitzung, um die Bürger von einer demokratischen Mitbestimmung auszuschalten.

Mit der lapidaren Begründung, diese seien nicht in der Lage, sich ein objektives Bild zu machen, wurde ein Bürgerentscheid einfach abgelehnt. Den sollten die Bürger jetzt selbst in Angriff nehmen mit dem Ziel, dass die Gemeinde keine eigenen Grundstücke zur Erweiterung des Steinbruches verkaufen oder verpachten darf.

Das im Baugesetzbuch vorgesehene Verfahren und eingehende Stellungnahmen scheinen also nur rein formalen Charakter zu haben und nicht ernst genommen zu werden. Die Ortsgemeinde geht offensichtlich davon aus, dass sie in einem europäischen Schutzgebiet einfach bauen kann.

Pressemitteilung

Harry Neumann,

Landesvorsitzender der

Naturschutzinitiative e.V. (NI);

Dr. Jürgen Ott, Dipl.-Biologe,

Präsident der Pollichia e.V.;

Konstantin Müller, Dipl.-Biologe, Vorstand der NI