Kolportiert wird eine Kaufsumme von 20 Millionen Euro

Eine gute Nachricht für die Kreisstadt

Hans-Joachim Brogsitter übernimmt die Aktiengesellschaft Bad Neuenahr zum Jahresende

17.10.2017 - 08:56

Bad Neuenahr. Bei der Aktiengesellschaft Bad Neuenahr (AGBN) zeichnet sich eine für alle Beteiligten zufriedenstellende Lösung ab. Der weithin bekannte Unternehmer Hans-Joachim Brogsitter übernimmt mit seiner Firmengruppe die 157 Jahre alte Aktiengesellschaft samt der dazugehörigen Liegenschaften voraussichtlich zum Jahreswechsel. Das bestätigte Dieter Sturm, stellvertretender Geschäftsführer der Firmengruppe Brogsitter, dem „Blick aktuell“. Die in Umlauf befindlichen Zahlen zu der Transaktion wollte er allerdings nicht kommentieren, „darüber wurde Stillschweigen vereinbart“. Die Rede ist in unbestätigten Berichten von einer Kaufsumme von 20 Millionen Euro – vor allem für die 58 Grundstücke, die der AGBN, die im August 2015 den Insolvenzantrag gestellt hatte, noch gehören.

Dabei handelt es sich dem Vernehmen nach um 25 unbebaute, 23 bebaute und zehn Erbbaugrundstücke. Darunter unter anderem so bekannte Gebäude wie das Steigenberger Kurhotel, der Kurhaussaal, das Spielcasinogebäude und das historische Badehaus, aber auch das City-Parkhaus sowie einige Büro- und Verwaltungsgebäude. Schon im Januar war der Betrieb der Seniorenresidenz „Villa Sibilla“ an die beiden heimischen Investoren Ralf Orth und Adolf Knieps verkauft worden, die ohnehin schon Eigentümer der Immobilie waren. Auch das Grundstück der Privatschule „Carpe Diem“ war bereits an deren Betreiber veräußert worden.


Brogsitter fühlte sich seiner Heimat verpflichtet



seiner Heimat verpflichtet


Nachdem das Insolvenzverfahren schon eine ganze Weile gelaufen war, sei Insolvenzverwalter Jens Lieser auf Brogsitter zugekommen mit der Bitte, sich einen Kauf doch einmal zu überlegen, erinnert sich Sturm im Gespräch mit dem „Blick aktuell“. Hans-Joachim Brogsitter habe sich daraufhin die Zahlen und Fakten angeschaut, weil sich verpflichtet gefühlt habe, seiner Heimatstadt in einer schwierigen Situation zur Seite zu stehen „und auch etwas zurückzugeben“. Ziel der Transaktion sei es, die angeschlagene Aktiengesellschaft wieder in ruhiges Fahrwasser zu bringen und allen Beteiligten Planungssicherheit zu geben. Außerdem habe Brogsitter verhindern wollen, dass ausländische Investoren bei diesem Herzstück der Kurstadt zum Zuge gekommen wären. „Wenn aber die Zahl nicht gestimmt hätten, wäre das Geschäft dennoch nicht zustande gekommen“, machte Sturm deutlich, dass der neue Investor die ganze Sache ordentlich analysiert und die Zahlen genau durchgerechnet habe, bevor er sich zu der Übernahme entschloss. „Die Zahlen und Perspektiven stimmten, deshalb fiel die Entscheidung letztlich leicht.“ Das Angebot sei anschließend den Gläubigern unterbreitet worden, die es dann bei einem Erörterung- und Abstimmungstermin am 12. Oktober auch mit fast 100-prozentiger Zustimmung angenommen hätten. „Das zeigt, dass es sich offensichtlich um ein durchaus faires Angebot handelt.“ Allerdings gebe es noch eine Widerspruchsfrist bis Ende Oktober, die erst noch abgewartet werden müsse.


für das schwierige Portfolio


Insolvenzverwalter Jens Lieser glaubt die darniederliegende Aktiengesellschaft durch die Übernahme wieder gut aufgestellt und sieht zugleich den heimischen Unternehmer als idealen Investor für das schwierige Immobilienportfolio. Brogsitter sei mit all seiner Erfahrung und Kompetenz wirtschaftlich und konzeptionell in der Lage, Neues zu entwickeln und den jahrelangen Stillstand bei der AGBN zu beenden. Allerdings möchte die Unternehmensgruppe Brogsitter das operative Geschäft nicht selbst übernehmen, sondern sich auf die Verwaltung der Immobilien beschränken, so Sturm.

Mit Rechtskraft des Verkaufs wird bei der AGBN, die in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft geführt wird, das gesamte Grundkapital im Zuge einer Kapitalherabsetzung auf null gesetzt. Die bislang ausgegebenen Aktien sind danach keinen Cent mehr wert. Gleich darauf sollen zwei Millionen neue Stückaktien zu je einem Euro Nennwert ausgegeben werden, so der Plan. Diese neuen Anteilsscheine dürfen allerdings nur von denjenigen Investoren gekauft werden, die im beschlossenen Insolvenzplan genannt werden. Dabei handelt es sich ausschließlich um verschiedene Firmen der Unternehmensgruppe von Hans-Joachim Brogsitter.


Die Altaktionäre gehen völlig leer aus



gehen völlig leer aus


Die Altaktionäre gehen demnach völlig leer aus, wozu auch die Stadt Bad Neuenahr-Ahrweiler als einer der größten Anteilseigner mit rund 27,5 Prozent der Aktien zählt. Deren Wert sei allerdings bereits vor Jahren bilanziell abgeschrieben worden, heißt es aus dem Rathaus. Doch die Stadt habe die Beteiligung an der Aktiengesellschaft ohnehin nie als Finanzbeteiligung gesehen, sie sei bis zuletzt strukturpolitisch begründet gewesen. Bürgermeister Guido Orthen (CDU) erklärte dazu: „Wir hatten zuvor schon betont, dass mit dem Ausgang des Insolvenzverfahrens keine konkreten Erlösaussichten zu erwarten sind. Deshalb wurden bereits vor und während des Insolvenzverfahrens von Rat und Verwaltung viele Weichen gestellt, um das Heilbad Neuenahr zukunftsfähig zu machen.“ Die Stadtverwaltung sei jedenfalls über die neue Entwicklung sehr glücklich und sieht den Weg für einen Neuanfang geebnet. Dass es sich bei Hans-Joachim Brogsitter um einen überregional tätigen Unternehmen aus dem Kreis Ahrweiler handele, der dem Kreis und der Stadt verbunden sei, sei für die weitere städtebauliche Entwicklung von besonderer Bedeutung. „Wir sind guten Mutes, hier jetzt einen Partner zu erhalten, der für eine dauerhafte und nachhaltige wirtschaftliche Nutzung des Gebäudes steht – und auf den man sich bei weiteren Planungen verlassen kann“, so Orthen in einer schriftlichen Stellungnahme der Stadt Bad Neuenahr-Ahrweiler. Auch und gerade vor dem Hintergrund der Landesgartenschau und der damit verbundenen Herausforderungen biete der neue Besitzer Gewähr dafür, dass notwendige Investitionen in die Liegenschaften getätigt würden und ein partnerschaftliches Miteinander zwischen Aktiengesellschaft und Stadt möglich sei. Orthen dankte Insolvenzverwalter Lieser, der mit dem sachlichen Blick für das große Ganze die Herausforderungen sofort erfasst habe und dem es gelungen sei, im Rahmen des Insolvenzverfahrens eine für Gläubiger und alle Beteiligten gute Lösung zu erarbeiten.


Gläubigern zugute


Der Erlös aus dem Verkauf der Aktiengesellschaft soll letztlich deren Gläubigern zugutekommen, insgesamt handele es sich dabei um 340 Firmen und Einzelpersonen. Sie können derzeit mit einer Quote von 41,4 Prozent ihrer Forderungen rechnen, allerdings erwarte der Insolvenzverwalter sogar noch weitere Massezuflüsse, unter anderem aus noch anhängigen juristischen Auseinandersetzungen. Beispielsweise mit dem Kreis Ahrweiler bezüglich der Spielbankabgabe oder mit den Eigentümern des Spielcasinos wegen angeblich nicht marktkonformer Mietpreise. Damit dürften die Gläubiger noch halbwegs glimpflich davonkommen. Zum Vergleich: Die durchschnittliche Quote bei Regelinsolvenzverfahren liegt bundesweit bei deutlich unter fünf Prozent. Zuvor muss allerdings noch das Thema „Bademantelgang“ erledigt werden. Der war 2009 eröffnet worden, um die Ahr-Thermen mit dem Steigenberger Kurhaus und dem Ahr-Ressort unterirdisch zu verbinden. Seit April 2016 ist der Bademantelgang allerdings nach einem Wassereinbruch gesperrt und soll deshalb zurückgebaut werden. Denn niemand sehe sich in der Lage, die unterirdische Verbindung angesichts erheblicher Risiken weiter zu betreiben, heißt es. Insolvenzverwalter Lieser habe deshalb Rückstellungen sowohl für den Rückbau wie auch für die Rückzahlung von Zuschüssen an das Land Rheinland-Pfalz bilden müssen. Insgesamt geht es dabei um 2,3 Millionen Euro, wobei man für den reinen Rückbau eine Million Euro kalkuliere, an das Land müssten eventuell noch 1,3 Millionen Euro zurückgezahlt werden. JOST

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