Deichstadt ist die 100. deutsche „Pulse of Europe“ Stadt

Neuwieder wollenim Europäischen Haus wohnen

Neuwieder wollen
im Europäischen Haus wohnen

Rund einhundert Neuwieder sprachen sich beim ersten „Pulse of Europe“ für starkes Europa aus. Fotos: FF

Neuwieder wollen
im Europäischen Haus wohnen

Nicht mehr länger zur schweigenden Mehrheit mochten Mario Fergen und Peter Schwarz gehören und luden zum „Pulse of Europe“ ein.

Neuwieder wollen
im Europäischen Haus wohnen

Mehr Solidarität unter den europäischen Ländern wünschen sich junge Leute.

Neuwied. Ein klares Bekenntnis zu Europa legten am Samstag rund einhundert Neuwieder ab. Nicht kritiklos aber konstruktiv und zukunftsorientiert. Neuwied ist die genau 100. Stadt, die sich an der proeuropäischen Aktion „Pulse of Europe“ beteiligt. „Und in Zukunft beteiligen wird“, wie Mario Fergen ankündigte. Weitere Termine werden demnächst also folgen. Mit Peter Schwarz wollte der Heimbach-Weiser nach eigenem Bekunden nicht mehr länger zur schweigenden Mehrheit gehören. „Diese ständige Kritik an Europa ist mir auf den Sender gegangen. Der aufkommende Protektionismus bringt doch nichts“, erklärte Mario Fergen sein Engagement und erinnert an die Zeit vor 1945. Als Mitarbeiter in einem exportierenden Unternehmen weiß er das grenzenlose Europa mit einer einheitlichen Währung und ohne Handelsbeschränkungen zu schätzen. Der Mitorganisator findet, dass nicht weniger sondern mehr Europa angebracht ist und meint damit die Stärkung europäischer Institutionen mit der entsprechenden Legitimation der Bürger. Ein stärkeres Europa sei beispielsweise in der Außen- und Sicherheitspolitik angebracht. Kopfschüttelnd erinnert sich Mario Fergen an den Jugoslawienkrieg, als Europa bei den Gräueltaten vor der eigenen Haustüre wegschaute. Zudem könne Europa sich heute weniger denn je auf die USA verlassen. Europa müsse mit einer Sprache sprechen und die Staaten noch enger kooperieren. Wie sein Kollege Peter Schwarz wünscht er sich eine einheitliche Wirtschafts- und Steuerpolitik, damit alle Länder die gleichen Chancen und Voraussetzungen haben. Mit der Resonanz auf die Erstveranstaltung ist das Organisationsduo zufrieden. Zusammengefunden haben die beiden eher zufällig, weil jeder die Idee hatte, den „Pulse of Europe“, bislang vor allem bekannt aus den Großstädten, nach Neuwied zu holen. Mittlerweile ist die Veranstaltung in ganz Europa angekommen. Hoffnung macht Peter Schwarz, dass im zunehmend europakritischen Polen Menschen auf die Straße gehen. Der Veranstalter unterstreicht, dass der „Pulse of Europe“ eine überparteiliche und überkonfessionelle Bürgerbewegung ist. Bewusst sollen keine aktiven Politiker zu Wort kommen. In Wahlkampfzeiten ist das schwierig. OB-Kandidat Jan Einig ergriff als erster das „proeuropäische“ Wort, als die Bürger/innen gefragt waren. Mitbewerber Paul Peter Baum erinnerte an die Kriege und an das Glück, das aus Feinden Freunde wurden. Gustav Gehrmann, meldete sich ausdrücklich als Anti-Kapitalist zu Wort. Er kritisierte die EU für die neoliberale Politik. Dennoch führe kein Weg an Europa vorbei. Auch Christian Robenek bezeichnete sich als Europa Anhänger. Er forderte die die Politik dazu auf, in der Bildungspolitik in allen Ländern die gleichen Voraussetzungen zu schaffen. Karl-Heinz Maxein erinnerte an gewaltsame separatistische Bestrebungen in der Vergangenheit. Etwa in Südtirol, Nordirland oder im Baskenland. Es sei gut und richtig, dass sich im europäischen Haus niemand mehr dazu aufhetzen lasse. Hans-Peter Schladt erklärte mit ausgestreckter „Pace“ Fahne, dass Deutschland nie wieder einen Sonderweg gehen dürfe. Viele Bürger/innen meldeten sich zu Wort. Peter Schwarz mischte sich unter die Demonstrierenden und fand zwei junge Männer. „Wir kennen Europa nur in der jetzigen Form“, berichteten die beiden. Sie wünschen sich allerdings mehr Solidarität unter den Ländern. Junge Leute waren am Samstag eine Ausnahme. Wohin das führen kann sieht man in Großbritannien. „Besonders die jungen Leute müssen nun für die Dummheit der Mehrheit bezahlen“, meinte Arno Hoffmann in Anspielung darauf, dass dort die jungen Leute ihr Wahlrecht kaum in Anspruch genommen hatten. Den Brexit nannte der Veranstalterkollege einen Irrweg der Engländer. Jeder könne in Verdun sehen, wohin ein Europa der Vaterländer führen kann. Dies sei Politik des vorvergangenen Jahrhunderts. National zu leben, sei heute gar nicht mehr möglich. Wer sich bei „Pulse of Europe“ nicht artikulieren wollte, hatte die Möglichkeit, sein Bekenntnis zu Europa niederzuschreiben. Inklusive seinem Wunsch nach einer Verbesserung des europäischen Hauses. Mario Fergen und Peter Schwarz versprachen, diese Botschaften an die Politik weiterzugeben. Peter Schwarz zeigte sich überzeugt: „Der Pulse of Europe“ hat schon viel erreicht“.