Leserbrief zu „Auf der Suche nach der Wahrheit“, Blick aktuell Neuwied, Ausgabe 11/2017

Reaktionen sind überzogen

Dass, wie es die CDU ausdrückt, „unser Land durch den islamistischen Terror Teil eines weltweiten Gefahrenraums geworden ist“, hat seinen Ursprung zuallererst darin, dass der damalige US-Präsident George W. Bush mit seinem Überfall auf den Irak den Anstoß gab, diese Weltgegend zu zerlegen, und die auch von vielen ihrer den Demokraten nahestehenden Landsleuten als korrupt angesehene damalige US-Außenministerin Hillary Clinton warf federführend entgegen den Absprachen im UN-Sicherheitsrat Libyen als weiteren gescheiterten Staat dem IS zum Fraß vor. Sogar der damalige Papst beschwor übrigens George W. Bush, von seinem Vorhaben Abstand zu nehmen. Die von der CDU angegriffene Referentin beim Weltfrauentag in Neuwied stammt hingegen aus der Ahmadiyya-Gemeinschaft, die - vielleicht ist es auch ihr Glück - in keinem Land der Erde das Sagen hatte und hat. In ihrem Heimatland Pakistan wird sie bedrängt, weil ihr Islam vom hinduistischen Umfeld beeinflusst ist. Dass Khola Maryam Hübsch vorgeworfen wird, Terroristen als Irregeleitete zu bezeichnen, verwundert. Was bitte schön sind sie denn sonst? Über die ihr vorgehaltene Äußerung: „Wenn Muslime die Karikaturen aushalten müssen, so müsste dies in einer pluralistischen Gesellschaft doch auch für die Burka gelten.“ könnte man ein Drei-Tage-Seminar abhalten, um ausgiebig die verschiedenen Facetten zu beleuchten, die sich mit dieser Aussage auftun. Aber man kann sie durchaus auch positiv aufgreifen und als ein Plädoyer für die Elastizität einer starken modernen Gesellschaft deuten. Ihre Äußerung schließlich zu den sexuellen Übergriffen auf Frauen in der Silvesternacht in Köln, die neuen alten Ressentiments gegen den muslimischen Mann seien auch Ausdruck eines Kulturchauvinismus, der den Feminismus vereinnahme, um vom eigenen Sexismus und Rassismus abzulenken, ist in dieser Form sicherlich Quatsch. Es stimmt zwar auf jeden Fall, dass sich viele zu den Vorfällen äußerten, die sexuelle Übergriffe im biodeutschen Umfeld in ihrem Schwarz-Weiß-Denken einfach ausblendeten. Aber wahr ist eben auch, dass die Kölner Form der Zusammenrottung ein in Deutschland bislang unbekanntes Muster aufzeigte, für das es im Arabischen nun einmal den Ausdruck Taharrusch dschama’i gibt, eine arabische Bezeichnung für sexuelle Übergriffe durch Gruppen, man erinnere nur an die vergleichbaren Übergriffe auf Demonstrantinnen in Ägypten während des sogenannten arabischen Frühlings.

Die CDU sollte im 21. Jahrhundert zu differenzierten Auseinandersetzungen in der Lage sein und die Intelligenz ihrer Mitbürger nicht beleidigen.

Siegfried Kowallek, Neuwied