Fehlende Kita-Plätze auf dem Roniger Hof beschäftigten erneut den Linzer Stadtrat

Spätestens 2018/19 muss ein Neubau her

Linz. Im Juni hatten die Nerven der Linzer Ratsmitglieder blank gelegen. Trotz des Kita-Neubaus im Neubaugebiet Roniger Hof, des „Hummelnestes“, das erst im November vergangenen Jahres eröffnet worden war, standen 98 Aufnahmewünschen für das neue Kita-Jahr nur 52 frei Plätze zur Verfügung. Rat und Verwaltung hätten mehrfach mit dem Kreis darüber diskutiert, ob die Planung ausreichend groß angelegt sei und dabei habe man auch Flüchtlingskinder sowie die Tatsache in die Gespräche mit einbezogen worden, dass beim Verkauf der Grundstücke im Roniger Hof gezielt junge Familien durch einen Kinderbonus beim Quadratmeterpreis angesprochen worden seien, hatte der 1. Beigeordnete Thomas Balasus (CDU) damals erinnert. „Hat sich die Entwicklung seitdem so dramatisch verändert oder sind uns Informationen vorenthalten worden“, hatte er seinem Ärger rhetorisch Luft gemacht. Drastischer hatte es sein Parteifreund Michael Rücker ausgedrückt. „Das ist ein Unding. Vor Ort hatte man uns versichert, dass der Platz völlig ausreichend sei, wenn nicht extrem viele Flüchtlingskinder angemeldet würden und jetzt ist die Kita nach nur neun Monaten schon viel zu klein. Die Bevölkerung muss uns doch für deppert halten, zumal doch seit 2013 bekannt ist, dass der Trend zunimmt, immer früher Kinder in Kitas anzumelden. Man behandelt uns einfach wie blöd“ hatte er gewettert, während Jürgen Pappendorf (CDU) von „statistischer Zahlengeierei“ sprach, die nicht nachzuvollziehen sei. Der SPD-Fraktionsvorsitzende Dieter Lehmen nannte das „Kind“ mit dem 1. Kreisbeigeordneten Achim Hallerbach beim Namen. Dieser habe Zahlen bei der Planung angeführt, die den Rat veranlasst hätten, nicht wie schon angedacht eine größere Kita zu bauen, ein Vorwurf, der auch vom benachbarten Kindergartenzweckverband Rheinbrohl-Bad Hönningen-Hammerstein zu hören ist. Wie schon bei der ‚Casa Vivida‘ habe Neuwied erneut falsche Zahlen geliefert, sodass die Planungen von den Geburtenzahlen eingeholt würde, hatte Reiner Schmitz moniert. Um den Linzer Kita-Platzbedarf zu decken, war vor den Sommerferien von einem zusätzlichen zwei- bis dreigruppigen Kindergarten die Rede, für den etwa das Gebäude umgebaut werden sollte, in dem früher die Caritas-Sozialstation beheimatet war. Fest stand auf jeden Fall, dass spätestens für das Kindergartenjahr 2018/2019 weitere Kapazitäten geschaffen werden müssen.

Auf der jüngsten Ratssitzung ging es nun nicht mehr „nur“ um eine neue Kita, sondern auch um fehlende Schlafplätze in der bestehenden. „In einem Gespräch mit dem Kreisjugendamt und dem Geschäftsführer des Heiltherapeutischen Zentrums (HTZ) Neuwied, Thomas Voß haben wir angedacht die Gruppenstruktur im ‚Hummelnest‘ zu ändern, anstatt eine vierte provisorische Gruppe zu schaffen und einen Ruheraum anzubauen, um genügend Schlafplätze anbieten zu können“, so Stadtbürgermeister Hans Georg Faust. Durch drei altersgemischte Gruppe zu je 15 Plätzen, von denen zwei Gruppen mit je fünf Ausbauplätzen aufgestockt würden, können insgesamt 15 zusätzliche Plätze geschaffen werden. Für die dann 55 Kinder müsste der Mehrzweckraum für eine befristete Zeit als Schlafraum genutzt werden. Das HTZ würde als Träger die Kosten für Mobiliar und die zusätzlichen Arbeitskräfte übernehmen, während die Stadt jährlich 60.000 Euro Verwaltungsaufwand zu tragen habe, so der Stadtchef.

„Vor zweieinhalb Jahren waren wir sicher, mit dem ‚Hummelnest‘ allen Eltern für ihre Kids einen Platz anbieten zu können. Nachdem wir junge Familien mit der Kita-Zusagen hierher gelockt haben, können wir nur die Spitze des zusätzlichen Bedarfs abbauen“, monierte Dieter Lehmann. Nicht berücksichtigt würden zudem 18 Linzer Kinder, die in der Dattenberger „Rappelkiste“ untergekommen sein, ohne dass die Stadt sich an den Kosten für die Unterbringung beteiligen würde. „Die von Kerstin Schwanbeck-Stephan von der Kreisverwaltung in der jüngsten Sitzung des Haupt-, Haushalts- und Finanzausschusses genannten Zahlen sind doch schon jetzt Makulatur“, so der Sozialdemokrat.

Genaue Zahlen benötigt

„Ich bin höchst irritiert, dass wir keine Zahlen haben, die dem tatsächlichen Bedarf entsprechen und das nun schon seit Jahren“, so Ellen Demuth (CDU). Es gebe verschiedene Gründe, weshalb der Platzbedarf bei der Planung einer Kita unvorhersehbar sei, so Hans Georg Faust. „Einerseits werden die Kinder immer früher angemeldet und die Eltern bekunden auch immer mehr Interesse an einer Ganztagsbetreuung. Außerdem werde pro Jahrgang auch immer mehr Krippenplätze für Ein- bis Zweijährige in Anspruch genommen, was in diesem Maße nicht absehbar war“, erklärte der Stadtchef. Außerdem habe man die Grundstücke im Neubaugebiet Roniger Hof, die gezielt mit Kinderbonus angeboten worden seien, enorm schnell verkaufen können, sodass die Erwartungen der Stadt zeitlich deutlich übertroffen worden seien. „Dass im ‚Hummelnest‘ so kurz nach der Eröffnung im Herbst vergangenen Jahres schon wieder Plätze fehlen, liegt nicht zuletzt auch daran, dass dort weniger Kinder untergekommen sind, als es die Maximalsituation von 75 Plätzen vorsieht“, führte er aus. Aufgrund der Gruppenmischung sei diese Zahl aber von vornherein unrealistisch gewesen, da es etwa in einer Kinder-Krippengruppe maximal zehn Plätze geben dürfe, so der Stadtchef.

Beruhigen konnte er die Mandatsträger mit diesen Erläuterungen nicht. „Uns sind jahrelang von der Fachbehörde Zahlen vorgehalten worden, von denen sich keine bewahrheitet hat“, monierte Michael Rücker, der sich hinsichtlich eines Kita-Baus für eine flexible Lösung in Modulbauweise aussprach. Auf diese wollte sich Dieter Lehmann nicht festlegen. Klar war für ihn jedoch, dass angesichts des steigenden Bedarfs an Kita-Plätze weitere Überlegungen, das ehemalige Caritas-Gebäude zu nutzen, unsinnig sind. Deadline für die Kita-Standortplanung sei 2018. „Es kann nicht sein, dass wir mit den tatsächlichen Bedarfszahlen so weit daneben liegen. Wenn schon nicht der Kreis, dann muss die VG-Verwaltung uns diese berechnen, ohne dass wir uns dann schon wieder bis auf die Knochen blamieren“, forderte Jürgen Pappendorf. Ihm stimmte Hans Georg Faust in so weit zu, dass jetzt Kreis und Verwaltung aufgerufen seien, dem Stadtrat bis zur Sitzung des Jugendpflege- und Sportausschusses am Dienstag, 19. September, genaue Zahlen vorzulegen. „Wir werden für das Kindergartenjahr 2018/2019 weitere Kapazitäten schaffen müssen, wobei es unser Ziel sein muss, die neue Kita nah an den Familien zu bauen“, so Stadt-Chef. Die Frage ist nicht nur, ob diese zwei oder drei Gruppen aufnehmen soll, sondern vor allem, wo ein geeignetes Grundstück zu finden ist.