BUND: Koblenz verschleppt aus finanziellen Gründen den kommunalen Klimaschutz

Untätigkeit der Stadt ist teils rechtswidrig und nimmt Gesundheitsgefährdung in Kauf

Untätigkeit der Stadt ist teils rechtswidrig und nimmt Gesundheitsgefährdung in Kauf

Die Luftmessstation am Wöllershof. Seit über zehn Jahren werden die Grenzwerte für Stickoxide bereits überschritten. Hauptursache: Dichter Straßenverkehr mit Dieselfahrzeugen.Privat

Koblenz. „Koblenz hat ein Weg weisendes Klimaschutzkonzept, jedoch leider fast ohne Wirkung für unsere Umwelt. Denn die Stadt setzt die notwendigen Maßnahmen aus finanziellen Gründen nicht um. Diese Verschleppung ist zum Teil rechtswidrig und eine Vergeudung von Steuergeldern – von der Verantwortungslosigkeit gegenüber der Bevölkerung, insbesondere unseren Kindern und Enkeln ganz zu schweigen!“ so Egbert Bialk und Dr. Thomas Bernhard, Sprecher des Koblenzer Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland BUND. Der Grund sei immer wieder derselbe: „Klimaschutz ist gut für Sonntagsreden, aber kosten darf er nichts. So wird die Umsetzung des Vertrages von Paris auch in unserer Stadt unterlaufen. Das werden wir mit allen Mitteln angehen.“

Der BUND nennt Beispiele aus einer „langen Liste der Untätigkeit“:

1. Das IFEU-Institut Heidelberg hatte in seinem vom Stadtrat beschlossenen Klimaschutzkonzept empfohlen, jedes Jahr pro Einwohner 5 – 10 Euro für wirksame Maßnahmen einzusetzen, also 550 000 – 1,1 Mio. Euro. „Die traurige Realität ist aber: Noch nicht einmal einen Teilbetrag war der Stadt der Klimaschutz bislang wert. Wegen der hohen Verschuldung aus dem 95 Millionen teuren Zentralplatz-Projekt wird das immer wieder mit dem sog. „Eckwerte-Beschluss“ begründet.

Auch der Trick der Gründung eines Klimaschutzvereins, der die Maßnahmen für die Stadt angeblich umsetzen soll, funktioniert nicht. Nach unseren Informationen wurde noch nicht einmal 1 Prozent der notwendigen Finanzmittel ausgegeben. Investitionen im Promillebereich sind aber nicht mehr als Placebos. Der Eckwerte-Beschluss darf beim Klimaschutz, der über unser aller Zukunft entscheidet, nicht gelten“, so Dr. Bernhard.

2. Die Stadt missachtet die schon seit 1.1.2016 gültige Energieeinsparverordnung für Heizungen in ihren Gebäuden.

Daten fehlten lange, nur wenige Heizungen sind verordnungsgerecht modernisiert, erst 2018 sollen die Maßnahmen abgeschlossen sein. Dr. Bernhard dazu: „Statt als Vorbild voranzugehen, toleriert die Stadt jahrelang einen rechtswidrigen Zustand, vergeudet Energie und öffentliche Gelder und belastet die Umwelt mit CO2.“ Ein gleiches Bild bei der Wärmedämmung: Dachgeschossdecken müssen seit 2016 gedämmt sein. Wie aber das Zentrale Gebäudemanagement im Umweltausschuss jetzt eingestehen musste, ist nicht einmal klar, in welchen Gebäuden diese Dämmung nachgerüstet werden muss. Die Stadt hat die Daten noch nicht vollständig erhoben.

3. „Rechtswidrige Zustände herrschen im Verkehrsbereich bei der Luftreinhaltung“, so der BUND weiter. Seit über zehn Jahren werden in der Innenstadt die gesetzlichen Grenzwerte für Stickoxide überschritten, die Feinstaubbelastung ist hoch. Beides ist den Behörden bekannt, die Ursachen sind es auch: zu dichter Straßenverkehr, Dieselfahrzeuge, auch die Busse. Dr. Bernhard: „Koblenz gehört zu den drei Städten in Rheinland-Pfalz mit der schmutzigsten Luft. Das schädigt unser Klima und die Gesundheit. Deutschlandweit rechnet man mit ca. 3000 Menschen, die vorzeitig sterben wegen dieser Emissionen, einige davon sind Koblenzer.“

Droht sogar eine Klage?

Die Europäische Union hat ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland eingeleitet, erste Städte werden bereits von einem Umweltverband verklagt. Das könnte auch Koblenz drohen, wenn nicht endlich wirksame Maßnahmen ergriffen werden. Der BUND nennt hier: Die schrittweise Neuanschaffung von sauberen Bussen auf Innenstadtlinien, die deutliche Reduzierung des PKW-Verkehrs durch ein mutiges Verkehrskonzept, weitere autofreie und Tempo-30-Bereiche, Park & Ride, notfalls auch Sperrungen für Dieselautos und eine rasche Umsetzung der zehn wichtigsten Maßnahmen des Radverkehrskonzeptes. Bialk: „Wer eine Verdoppelung des Radanteils beschließt, muss auch Mittel aus dem Straßenetat umschichten. Sonst wird der Plan von vornherein scheitern. Offenbar scheint es am Willen zu fehlen.“ Auf nahezu kostenlose Fahrradschutzstreifen warte man teils schon seit Jahrzehnten, ebenso auf den sog. ‚Premiumweg‘ durch die Südallee. Die Befahrbarkeit der Fußgängerzone untere Löhr nach Ladenschluss wurde fadenscheinig abgelehnt. All dies würde aber den Radverkehr unterstützen, CO2, Abgase und Lärm mindern und die Lebensqualität der Stadt erhöhen.

„Geredet und geplant wird viel, gemacht fast nichts. Die Klimasituation ist dramatisch, die Koblenzer Untätigkeit auch! Darum werden wir Umweltverbände der Politik ein weiteres Sparen am Gesundheits- und Klimaschutz nicht länger durchgehen lassen - schon gar nicht im anlaufenden Wahlkampf“, kündigt abschließend der BUND an.

Pressemitteilung BUND Koblenz