Die Bundeswehr ist in der Kreisstadt nun Geschichte
Ahrtal-Kaserne: Abteilung V des Heeresamtes verabschiedete sich mit einem Appell im Kurpark
Bad Neuenahr. Eine Ära geht zu Ende: Nach 56 Jahren verabschiedete sich am Donnerstag die in der Ahrtal-Kaserne stationierte Abteilung V des Heeresamtes mit einem feierlichen Appell offiziell aus der Kurstadt. Im letzten Jahr hatte Verteidigungsminister Lothar de Maizière die Auflösung des Standortes Bad Neuenahr-Ahrweiler bekanntgegeben. Überraschend für die einen, eine zu erwartende Konsequenz für die anderen. Und so stehen die Schreibtische der Soldaten und zivilen Mitarbeiter ab kommendem Jahr in Koblenz. Ein Großteil der 750 Soldaten und Zivilbediensteten ist bereits dort im neu aufgestellten Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnologie, Nutzung im Einsatz. Nur wenige Soldaten verbleiben noch in der Ahrtal-Kaserne, um die insgesamt 3,7 Hektar umfassende Liegenschaft auf die Konversion vorzubereiten und der Abgabe an die Bundeswehrverwaltung und der anschließenden zivilen Nutzung den Weg zu ebnen.
Ab kommendem Jahr ist also endgültig Schluss, die Bundeswehr in der Kurstadt wird dann Geschichte sein. Als einzige Bundeswehreinheit bleibt das Amt für Strategische Aufklärung (KSA) in Gelsdorf im Ahrkreis.
Eine lange Tradition
Dabei hatte die Bundeswehr in der Kurstadt seit je her Tradition. 1956 hat alles begonnen - und zwar im Bad Neuenahrer Palast-Hotel auf dem heutigen Flaniertreffpunkt, dem Platz an der Linde. Wenige Tage zuvor schlug überhaupt erst die Geburtsstunde der Bundeswehr, als Offiziere, Unteroffiziere und Schreibkräfte unter Führung von Oberst i.G. Gernß das „Zentralkommando Materialübernahme-Organisation (Heer)“ in der Kurstadt ins Leben riefen. Im Verlauf der Jahre erweiterte sich das Aufgabenportfolio neben den bisherigen Aufgaben in der Logistik um Entwicklungen von Wehrmaterial, der Technik und der Materialerhaltung. Zahlreiche Soldaten samt ihren Familien sind auch nach der Dienstzeit in der Kreisstadt geblieben. Im sozialen und sportlichen Bereich sind sie ebenso fest integriert wie in hiesigen Vereinen und Organisationen.
Dennoch sind 56 Jahre der Symbiose von Bundeswehr und Bad Neuenahr-Ahrweiler nun zu Ende.
Würdiger Verabschiedungsappell
Zum Abschied im Kurpark gab es einen würdigen Verabschiedungsappell mit Nationalhymne und nachhaltigen Worten. „Ich melde die Abteilung V aus der Garnisonsstadt Bad Neuenahr-Ahrweiler ab und wünsche Ihnen und dem Gemeinwesen Gottes Segen und alles Gute“, sprach Oberst i.G. Dr. Hans-Peter Kaufmann zu Stadtbürgermeister Guido Orthen und besiegelte damit endgültig eine 56-jährige Ära. Mit Symbolcharakter intonierte das Heeresmusikkorps 300 aus Koblenz „Muss I denn zum Städtele hinaus“ zum Abschied. Zum feierlichen Appell waren zahlreiche Gäste aus Politik, Wirtschaft und anderen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens gekommen - Bürger aus der Kreisstadt waren hingegen eher die Ausnahme. Offensichtlich hatte es die Bundeswehr versäumt, die Öffentlichkeit des Appells ausreichend zu betonen. Nachdem Bürgermeister Orthen, Oberst Kaufmann sowie Brigadegeneral Heinrich Fischer, der Vize des Heeresamtes in Köln, unter den Klängen des Präsentiermarsches Fahnenabordnung und Tarnfleck-Front der Truppe abgeschritten hatten, richtete Brigadegeneral Fischer einige Dankesworte an die Stadt und ihre Bürger für die langjährige Partnerschaft. „Es fällt schwer, den Standort zu verlassen“, erklärte der Amtschef des Heeresamtes und betonte zugleich, dass viele Soldaten mit der Kreisstadt tief verwurzelt und heimisch geworden seien. Neben einem kurzen Blick in die Geschichte der Bundeswehr an der Ahr galt sein Blick vor allem nach vorne: Die Aufgaben der Bundeswehr blieben auch weiterhin bedeutsam für unser Land, erklärte General Fischer im wolkenverhangenen Kurpark. Mit dem gemeinschaftlichen Singen der Nationalhymne fand der Appell sein Ende.
Mitgarant für Frieden und Freiheit
Im Rahmen des Empfanges in der Konzerthalle fand Bürgermeister Guido Orthen passende Worte und bedankte sich für diese „würdige Form des Abschiedsnehmens“. Die Bundeswehr sei seit ihrer Gründung ein Mitgarant für Frieden und Freiheit unseres Landes. „56 Jahre lang wurde an diesem Standort der logistische Auftrag erfüllt“, sagte Orthen. Er sprach darüber hinaus von einem generellen Wandel in der Welt, der auch an der Bundeswehr nicht spurlos vorbeigegangen sei. Diesem Wandel werde nun Rechnung getragen, „auch heute mit der Verabschiedung der Abteilung V des Heeresamtes.“ „Für unsere Stadt ist es ein trauriger Tag“, so das Stadtoberhaupt. Die erfolgreiche Symbiose zwischen Bundeswehr und Kreisstadt gehe nun zu Ende. Was bleibt, ist nicht zuletzt auch die Tatsache, den zweitgrößten Arbeitgeber vor Ort verloren zu haben. Dieser Wegfall von Arbeitsplätzen habe wirtschaftliche Folgen. „Darauf haben wir uns in dem anstehenden Konversionsprozess vorzubereiten und an einer guten wirtschaftlichen Nachnutzung zu arbeiten“, lautete der dringliche Appell des Bürgermeisters. Die Stadt wolle aber trotz Verlagerung der Truppe nach Koblenz weiterhin als Wohnort im Visier bleiben: „Wir bleiben gerne ein Stück Heimat“, sagte Orthen. „Diejenigen, die jetzt gehen, werden wir vermissen.“ Und obwohl die Bigband des Peter-Joerres-Gymnasiums flotte Lieder anstimmte, überwog ein Hauch von Abschiedsmelancholie. „Ich sage nicht goodbye, ich sage Danke und: Auf ein Wiedersehen“, sprach’s Bürgermeister Guido Orthen zum Abschluss seiner Rede.
RERE
(v.l.) Dr. Hans-Peter Kaufmann, Guido Orthen und Heinrich Fischer.
