Zwischen Psychologie-Studium und Profisport: Der Weg von Boxerin Sarah Liegmann
Kampfgeist und Karriereziele
Rheinbach. Am 26. April 2025 will Boxerin Sarah Liegmann in der Meckenheimer Jungholzhalle ihren Weltmeistertitel (WBF) im Federgewicht verteidigen. Zur Vorbereitung auf den Kampf ist sie Mitte Februar in die USA geflogen. Ein paar Tage vor ihrem Abflug nahm sie sich die Zeit für ein Gespräch.
Zum Boxen sei eher zufällig gekommen, berichtet sie. Nachdem sie Ballett, Yoga und Voltigieren ausprobiert hatte, war sie auf der Suche nach einem neuen Hobby. Auf einem Kindergeburtstag, zu dem die damals 11-Jährige eingeladen worden war, lernte sie ein Mädchen kennen, das ihr vom Boxen erzählte. Sie schaute sich das Training in deren Verein in Wormersdorf an und stellte fest, dass dies endlich eine Sportart war, die ihr Spaß machte. Außerdem fand sie dort schnell Freunde, auch der Kontakt zum Trainer sei gut gewesen, erinnert sie sich. Recht zügig nahm sie an ihrem ersten Turnier teil – und konnte gleich einen Pokal mit nach Hause nehmen. „Ich war so stolz,“ erinnert sie sich mit leuchtenden Augen an ihre Anfänge im Kickboxen.
„Möchte nicht als Frau,sondern als Sportlerinbehandelt werden“
Der Boxsport ist von Männern dominiert. So waren und sind ihre Sparringspartner oft Jungen bzw. Männer. An einen Sparringspartner in der Anfangszeit erinnert sie sich noch gut. Es war ein Junge, der etwas größer war und ihr Respekt einflößte. Er versetzte ihr gleich zu Anfang einen ordentlichen Schlag ins Gesicht, so dass ihr kurz schwarz vor Augen wurde. Einen Moment habe sie überlegt, ob sie weinen oder zurückschlagen sollte – sie entschied sich für die zweite Option. Damals habe sie nicht viel Selbstbewusstsein gehabt, das habe sich durch den Kampfsport geändert. Alte Rollenbilder existieren noch und so muss sie sich nach wie vor rechtfertigen. In ihrem Profi-Lager in Köln ist sie die einzige Frau. „Ich möchte nicht als Frau, sondern als Sportlerin behandelt werden,“ sagt sie selbstbewusst und: „Im Leistungssport muss man mit Leistung punkten.“
Und das ist ihr gelungen: Sie gewann 17 Amateur-Weltmeisterschaften im Kickboxen und erlangte den schwarzen Gürtel. Eigentlich um ihre Schlagtechnik zu verbessern, hatte sie parallel mit Olympischem Boxen begonnen. Schließlich wurde sie in den Nationalkader Olympisches Boxen aufgenommen. Doch so ganz behagte ihr der Status als Amateur nicht und eine Olympische Medaille war auch kein großer Traum für sie. Als sie aus den USA ein Angebot bekam, in das Profi-Lager zu wechseln, nahm sie es an. Auch als Boxerin konnte sie sich schon zahlreiche Titel erkämpfen, u.a. den Weltmeistertitel im Federgewicht (57 Kg). Eine erste Titelverteidigung war für den Herbst des vergangenen Jahres geplant. Kurz vor dem Ende der Vorbereitung in den USA verletzte sie sich so schwer an der Hand, dass der Kampf abgesagt werden musste.
Studentin der Psychologie
Sie habe die Zwangspause für ihr Studium genutzt, erzählt Sarah Liegmann. Sie studiert an der Universität in Bonn Psychologie und konnte jetzt ein Praktikum an der LVR-Klinik im Bereich der Jugendpsychiatrie machen. Dabei hat sie festgestellt, dass ihr die Arbeit mit Jugendlichen liegt und dass sie auch ihre sportlichen Erfahrungen einbringen kann. Die Ruhe nach der Verletzung habe ihr gut getan, denn Sport und Studium zu vereinen, sei eine Herausforderung.
Sarah Liegmann plant, dass sie im Sommer ihre Bachelor-Arbeit abgeben kann. „Ich habe die Arbeit schon begonnen und möchte die Zeit in den USA nutzen, um weiter daran zu schreiben“, erzählt sie. Sie werde pro Woche elf Trainings, verteilt auf sechs Tage haben. Zwischendurch brauche sie dann etwas für den Kopf. Nach dem Bachelor stehe dann der Master an.
Noch will sich die 23-Jährige nicht festlegen, was nach der Approbation folgt, denn für die nächsten rund zehn Jahre soll der Sport an erster Stelle stehen. Insgesamt gibt es fünf bis sechs große Box-Weltverbände und sie möchte in ihrer Gewichtsklasse alle Titel gewinnen. In der Weltrangliste lag sie im vergangenen Jahr auf Platz 20, als eine der Jüngsten. Sie werde die oberen Plätze erst angreifen, wenn sie sich reif dafür fühlt, schildert sie ihre sportlichen Pläne.
Sie freut sich auf die Titelverteidigung, quasi vor der Haustür, in Meckenheim. Wer sie herausfordern wird, darüber wird noch verhandelt. Das Ergebnis wird etwa Mitte März bekannt gegeben. Alle Freunde können dabei sein, aber das sei auch ein komisches Gefühl und es werde sicher ein emotionaler Abend. Als sie sich im November in das Goldene Buch der Stadt Rheinbach eintragen durfte, sei sie sehr aufgeregt gewesen, erinnert sie sich. Das sei ein einmaliger Moment in ihrem Leben gewesen und eine Anerkennung ihrer sportlichen Leistung. Sie erhalte viel Unterstützung durch die Stadt, dazu zählt sie auch die Möglichkeit, die Moderation der Sportler-Ehrung machen zu dürfen.
Nach einem Foto bereitet sie sich an diesem Abend noch auf eine Stunde Personal Training vor, denn neben Studium und ihrem eigenen Training hat sie auch noch Zeit gefunden, eine Trainer Lizenz zu machen. KS
Am 26. April 2025 wird Boxerin Sarah Liegmann in der Meckenheimer Jungholzhalle ihren Weltmeistertitel (WBF) im Federgewicht verteidigen. Foto: privat
