Großprojekt Städtebauliche Entwicklungsmaßnahme nach 25 Jahren abgeschlossen
ICE und FOC prägten die Erfolgsgeschichte
Aus der „Provinzposse“ wurde ein Vorzeigeprojekt
Montabaur. Die ICE-Strecke Köln-Frankfurt durch den Westerwald und das Factory Outlet Center in Montabaur - gegen beide Großprojekte gab es anfangs erheblichen Widerstand, beide wurden zu respektablen Erfolgsgeschichten. Für Montabaur und die Region waren das turbulente Jahre seit dem Beschluss der Bundesregierung 1989, die ICE-Strecke zu bauen. 1994 beschloss der Stadtrat, aus der Not eine Tugend zu machen und an das Großprojekt eine städtebauliche Entwicklungsmaßnahme anzuhängen. Dem war 1992 ein Beschluss zur Durchführung einer vorbereitenden Untersuchung vorausgegangen. Vorige Woche feierten die Beteiligten den Abschluss der sogenannten SEM Ice-Bahnhof Montabaur.
Stadtbürgermeisterin Gabi Wieland begrüßte eine kleine Schar Gäste im FOC Montabaur, darunter auch Innenminister Roger Lewentz und die Landtagsabgeordnete Tanja Machalet. Gabi Wieland sagte: „Es ist ein Termin, der mich besonders stolz macht. Der ICE Bahnhof ist ein Musterbeispiel, was sich auf dem Land entwickeln kann.“
Vor 25 Jahren begann die Erfolgsgeschichte des FOC Montabaur und des dazugehörigen Aubachviertels. Die Gewerbesteuereinnahmen haben sich in den vergangenen 15 Jahren versechsfacht. Der ICE-Bahnhof und die städtebauliche Entwicklung im Umfeld werden als ausschlaggebend dafür angesehen. Stadtbürgermeisterin Gabi Wieland: „Alles hier hat ausgestrahlt auf die Stadt und die Region! Die Pflanzen für die Früchte, die wir heute ernten, wurden in der Vergangenheit gelegt.“ Sie nannte Edmund Schaaf, Dr. Paul Possel-Dölken und Klaus Mies, letzterer Stadtbürgermeister von 2004 bis 2014. Wieland: „Sie hatten eine Vision und haben beharrlich daran festgehalten. Über alle Ebenen hinweg war das Ziel immer unstrittig. Land und Kreis haben ebenfalls ihren Beitrag geleistet. Das hat auch zu Impulsen für private Investitionen geführt.“ Sie sprach Rainer Dommermuth an, der im Namen der Immobiliengesellschaft SKET verantwortlich zeichnet für die Entwicklung des FOC.
Sehr ambitioniertes Projekt
VG-Bürgermeister Edmund Schaaf sagte: „Es war schon ein sehr ambitioniertes Projekt. Von Gesprächspartnern auf internationalen Fachmessen wurden wir mitleidig belächelt. Aber es gab mehrere Gründe, die dafür sprachen: Der ICE-Bahnhof wäre alleine nicht überlebensfähig gewesen, es gab eine unübersichtliche Eigentümerstruktur für die Flächen und Gebäude zwischen Bahnhof und Innenstadt und die Bodenverunreinigungen des Gebiets durch eine ehemalige Eisengießerei erforderte einen besonderen Aufwand für das Bodenmanagement.“ Edmund Schaaf erinnerte an die enormen Anfangsschwierigkeiten des Großprojekts. Schon in einem frühen Stadium hatte der Kreistag den damaligen Landrat Peter Paul Weinert aufgefordert, gegen die ICE-Trasse zu klagen. Doch der und der damalige Montabaurer Bürgermeister Dr. Paul Possel-Dölken hatten bereits die Chancen der Lage an der Neubaustrecke erkannt. Vielen Menschen und Entscheidungsträgern fehlte jedoch zunächst der Glaube an ein solches Millionenprojekt „auf der grünen Wiese“, insbesondere der Glaube an den langfristigen Erfolg eines hochmodernen Bahnhofs mit einer Entwicklung des Bahnhofsumfeldes. Dass auch im hessischen Limburg, nur 20 Kilometer entfernt, ein weiterer Halt beschlossen wurde, brachte weitere Kritiker auf den Plan. Der „Spiegel“ sprach 1997 von einem „teuren Kuriosum“. Die Zeit nannte es eine „Provinzposse“, dass sich zwei „Provinzstädte im Abstand von 20 Kilometern einen ICE-Bahnhof leisten würden“ und titelte: „Operation Größenwahn“. Heute sieht die Bilanz ganz anders aus: Zwischen dem ICE-Bahnhof Montabaur und der Innenstadt ist in den letzten 20 Jahren auf einem ca. 30 ha großen Gelände ein neuer Stadtteil entstanden. Rund 2.150 Arbeitsplätze in 80 Unternehmen - das ist die positive Bilanz der städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme ICE-Bahnhof Montabaur. Die Gewerbesteuereinnahmen der Stadt Montabaur stiegen im Zeitraum von 2000 bis 2017 von 3,7 auf 26,8 Millionen Euro. Durch die Entwicklungsmaßnahme konnten private Investitionen von rund 205 Millionen Euro initiiert werden. Entstanden sind neun Bürogebäude und zwei private Parkhäuser, ein zehntes Bürogebäude befindet sich aktuell in Planung. Im Aubachviertel sind rund 20 private Bauvorhaben realisiert worden. Im Fashion Outlet Montabaur wurden auf einer Verkaufsfläche von 10.000 Quadratmeter über 80 Marken sowie drei Gastronomiebereiche angesiedelt. Das Besucheraufkommen wird auf 1,3 bis 2 Millionen Menschen jährlich geschätzt. Entlang der Eschelbacher Straße/Bahnallee sind weitere Handwerksbetriebe sowie ein Nahversorgungszentrum entstanden. Insgesamt wurden in die städtebauliche Entwicklungsmaßnahme 36 Millionen Euro investiert, neun Millionen von der Stadt, zehn Millionen von Bund und Land und 17 Millionen Euro aus privater Hand. Einen großen Anteil am Zustandekommen des gesamten Vorhabens hatten die Brüder Ralph und Rainer Dommermuth, die ihr Engagement an die Genehmigung des Factory Outlet Centers geknüpft hatten. Auch dagegen gab es anfangs, sogar von der rheinland-pfälzischen Landesregierung, heftigen Widerstand. Heute sagt der rheinland-pfälzische Innenminister Roger Lewentz: „Damals im Rhein-Lahn-Kreis und in Koblenz wurde die Sache natürlich ganz anders gesehen, nämlich hauptsächlich kritisch. Aber es ist eine Erfolgsstory, was das Angebot für die Bürger im nördlichen Rheinland-Pfalz angeht. Seit 2006 haben wir das FOC Montabaur positiv begleitet, weil uns der ICE-Bahnhof so wichtig war. Aber es war ein Kampf in der Region. Es wurde der Untergang des Löhr-Center in Koblenz und des Gewerbezentrums Mülheim-Kärlich prognostiziert. Beides ist nicht eingetroffen. Was hier geschaffen wurde, ist für die Region wichtig. Wir sehen gute Einwohnerzahlen, eine gute Arbeitsmarktstatistik. Wir brauchen diese Inseln, von denen Wirtschaftskraft und Kaufkraft ausgehen! Wenn es jetzt weitere Projekte in Montabaur geben sollte, stehen die Türen bei uns dafür jederzeit offen!“
Rückblickend sagte der damalige Stadt- und Verbandsgemeinde-Bürgermeister Dr. Paul Possel-Dölken bei der kleinen Jubiläumsfeier: „Was Rheinland-Pfalz so auszeichnet, ist der kurze Dienstweg und das direkte Gespräch zu den übergeordneten Behörden und den Ministerien der Landesregierung. Das hat uns als Kommune die Arbeit leichter gemacht. Das ist hier viel leichter als in Nordrhein-Westfalen, was ich aus eigener Erfahrung weiß.“ Montabaurs aktuelle Stadtbürgermeisterin Gabi Wieland betonte ebenfalls den Gewinn, den Montabaur durch diese Entwicklungsmaßnahme genießt: „Für die Innenstadt bringt es einen Imagegewinn und einen entscheidenden Vorteil für das Gesamtgebilde, auch wirtschaftlich. Ein Hotel in der Innenstadt sagt zum Beispiel jetzt zum ersten Mal, dass man auf viele Wochen ausgebucht ist.“ Und VG-Bürgermeister Edmund Schaaf ergänzt: „Wenn das FOC nicht so viel Geld bringen würde, wären die Investitionen jetzt in der Stadt nicht möglich.“
