1929 gab es auf der Oberwinterer Scholle Glühwein - Es bleibt kalt
Mützen und Handschuhe haben Hochkonjunktur
Remagen. „Unter Tiefdruckeinfluss wird in der Höhe zunehmend mildere Luft über das Vorhersagegebiet geführt. Bodennah herrscht jedoch weiterhin kalte Festlandsluft vor. Frost. In der Nacht kühlt die Luft auf Werte bis minus sieben Grad.“ So die derzeitige Wetterlage, nach Aussage des Deutschen Wetterdienstes. Anhalten soll die Wetterlage, auch der Karneval soll frostig werden. Winterwetter eben. Nichts Neues am Rhein, doch immer wieder beeindruckend. „Eine gewaltige Schneefront ist über Deutschland hinweg gezogen. Der Deutsche Wetterdienst (DWD) in Offenbach gab für fast alle Bundesländer Unwetterwarnungen heraus. Sturmtief „Petra“ brachte aus Nordwesten kommend von Schleswig-Holstein bis nach Bayern massive Schneefälle. Heftiger Wind türmte Schneeverwehungen auf,“ hieß es genau vor 50 Jahren. Hunderttausende Kinder mussten nicht zur Schule gehen. In der Regel gibt die Stadtverwaltung Meldungen heraus, die die Bürger auf ihre Schneeräumpflicht aufmerksam machen. Der römerstädtische Bauhof hat sich, nachdem vor einigen Jahren das Salz ausging, mit dem weißen Mineral eingedeckt. Zuletzt konnten 2010 die Skilifte in der Region vermelden: Schnee und Rodeln gut. Die Kinderfreuden hatten Hochkonjunktur an den letzten Tagen das Jahres 2010. Kemminghöhe und die Hänge unterhalb der Waldburg wurden zu Spielparadiesen. Von Klimaerwärmung keine Spur. 1963 gar fror der Rhein zu, die Schiffe mussten die Schutzhäfen anfahren, Oberwinter war ein begehrter Ankerplatz. Eisbrecher waren an den engen Stellen des Rheines, so an der Loreley unterwegs, um die sich stapelnden Eisschollen nicht zu einer geschlossenen Decke werden zu lassen, sodass der Rhein sich hätte aufstauen können. Die Wasserschutzpolizei machte auf die Gefahren der Eisbegehung aufmerksam, vertrieb allzu wagemutige Kinder und Erwachsenen von den sich bildenden Eisschollen. Kälte ist nicht Neues für Remagen. Das bekannteste Bild stammt aus dem Jahre 1929. Der Rhein war zugefroren, die Menschen spazierten nach Unkel. In dieser Zeit war es selbstverständlich, dass das Saumeis am Rhein für die Jugend Schlittschuh- und Rodelparadies wurde. Für die Schifffahrt wurde das Eis allerdings zur existenziellen Bedrohung. Zwischen befahren von schmalen Rinnen und der Einstellung der Transporte mussten die Skipper sich entscheiden. Selbst die strengen Frosttage des Winters 1977/78, sowie 1984/85 ließen das Rheinwasser nicht zu Eis werden, beschrieb der Remagener Hobbyheimatforscher Hermann-Josef Fuchs im Heimatjahrbuch des Kreises 1989. Salz und Industrieabfallstoffe sorgten dafür, dass der Rhein „aufgeheizt“ wurde. Doch ist der Eisgang auf dem Rhein immer wieder Mittelpunkt der Erzählungen, bestimmt er doch das Leben der Menschen am Strom mit besonderer Bedeutung. Aus dem Jahre 1784 ist festgehalten, dass damals Eismassen das Rheinbett von Bad Hönningen bis nach Düsseldorf zugestaut hatten. Auf dem Eis hatten Händler ihre Stände aufgebaut, denn alle Tage kamen Schaulustige von nah und fern, um das ungewöhnliche Bild des vereisten Stromes zu sehen. Erst am 25. Februar brach das Eis. Im 19. Jahrhundert nahm der Personen- und Güterverkehr dank des industriellen Zeitalters auf dem Rhein stark zu. Kam Treibeis, dann suchten die Schiffe die schützenden Häfen auf. Die Geburtsstunde des Oberwinterer Hafens: In den Jahren 1888 bis 1891 wurde er als Schutzhafen ausgebaut. Diese Funktion hat er im Ernstfall heute immer noch. Doch es wurde auch gefeiert auf der Eisdecke von Vater Rhein. Karussells, Schießbuden, Bierzelte und Musikkapellen sah man im Winter 1879/80 beim Eisfest zwischen Köln und Deutz. Die extrem kalten Winter waren in den Jahren 1928/29, 1939/40, 1940/41, 1941/42, 1946/47, 1962/63, 1977/78, und 1984/85. Der Winter 1928/29 soll der Härteste gewesen sein. Über Wochen herrschte Gevatter Frost. Eisschollen, oftmals dicker als einen Meter, trieben die Schollen stromabwärts. Am 16. Februar 1929 kamen sie zum Stehen. Sie stauten sich bei Unkel in der Höhe der Pfarrkirche, wo sich von der linken Rheinseite aus der Unkelstein, ein Basaltfuß durch den Rhein bis zum Pantaleonsberg hinzieht. Die Menschen konnten zu Fuß von einem zum anderen Rheinufer gehen. Dieser Rheinübergang war ein großes Jahrhundertereignis, das viele Tausende Schaulustige anzog. Bei den vielen Schaulustigen witterte der damalige Gastwirt Ferdinand Gohr ein Geschäft, wusste Fuchs, der in Unkel geboren wurde. Gohr plante ein Volksfest auf dem Rhein. Er hatte bereits eine Holzbude auf dem Eis aufgeschlagen, in der Glühwein verkauft werden sollte, doch die Behörden machten dem lustigen Treiben aus Sicherheitsgründen ein Ende. Unbestritten hat das kalte Wetter auch seine guten Seiten. Nicht zuletzt nutzen zahlreiche Spaziergänger auch den Winter für einen Gang in die Natur oder einen Besuch von Vater Rhein. Das war schon immer so. AB
Es herrscht winterliche Pracht am Rhein, doch bei eisiger Kälte ist bei einem Spaziergang am Ufer warme Wäsche angesagt.Foto: AB
Dass der Rhein so aussah, als wäre er zugefroren, erlebten die Menschen „anno einst“ häufig und nutzten die kalte Jahreszeit zum Besuch der Uferpromenade.Foto: Repro
