Landesregierung tagt am letzten Amtstag von Ministerpräsidentin Malu Dreyer im Weingut Kloster Marienthal
„Gemeinsam bauen wir wieder auf“
Marienthal. Ja, es gibt auch schöne Ruinen im Ahrtal. Das ehemalige Kloster der Augustinerinnen in Marienthal ist eine davon. Vor der Kulisse des mittelterlichen Gemäuers fand die letzte Sitzung der Landesregierung in der Amtszeit von Ministerpräsidentin Malu Dreyer statt.
Dabei traf drei Jahre nach der Flut das Kabinett auch mit politisch Verantwortlichen des Ahrtals und Bürgern zusammen. Ein Zeichen für den Schulterschluss unter dem Motto „Gemeinsam bauen wir wieder auf“. Was wurde erreicht, was ist in Arbeit? Bei der Kabinettsitzung tauschte sich die Landespolitik mit Landrätin Cornelia Weigand sowie Bürgermeistern vom Rhein bis zum Nürburgring aus. „Der Wiederaufbau des Ahrtals bleibt unvermindert ein Schwerpunkt der Landesregierung. Das zeigen auch die vielen Fortschritte, die wir gemeinsam beim Wiederaufbau gemacht haben und die man an vielen Stellen im Tal sehen kann. Dass der Wiederaufbau gut voranschreitet, ist vor allem auch im offenen Miteinander der Landesregierung mit den kommunalen Vertretern begründet“, betonte Dreyer.
Gutes Miteinander
„Gemeinsam bauen wir wieder auf“ bedeute für sie auch, Optimierungspotenziale offen anzusprechen und so zu mobilisieren. So habe zum Beispiel die Landesregierung bei den Abschlagszahlungen schnell gehandelt, als diese von den Kommunen als Hemmnis gemeldet wurden. „Im guten Miteinander schaffen wir es, die nötige Dynamik im Wiederaufbau zu erzeugen und zu erhalten“, so Dreyer.
Klimaschutzministerin Katrin Eder erklärte: „Der Wiederaufbau im Ahrtal ist in seiner Dimension kaum vergleichbar und wird uns noch lange beschäftigen. Die Infrastruktur eines ganzen Tales muss zukunftsfest und hochwasserangepasst errichtet werden. Der Schaden an der wasserwirtschaftlichen Infrastruktur macht fast zwei Milliarden Euro aus. Die Wiederherstellung dieser Infrastruktur umfasst die der Gewässerinfrastruktur und der ökologischen Funktionsfähigkeit der Ahr und ihrer Nebengewässer, der Trinkwasserversorgung und der Abwasserbeseitigung. Ein Beispiel für den modellhaften Wiederaufbau ist der geplante Neubau der Kläranlage Sinzig in der Gemarkung Remagen. Allein diese Anlage umfasst ein Investitionsvolumen von mehr als 130 Millionen Euro und setzt Maßstäbe für einen klimafreundlichen Wiederaufbau.“
„Als Folge der Flutkatastrophe im Juli 2021 will die Wasserwirtschaftsverwaltung gemeinsam mit den betroffenen Kommunen den überörtlichen Hochwasserschutz in einem ‚Gewässerzweckverband Ahr‘ weiter verbessern. Zahlreiche Projekte im Ahrtal zeigen, dass Wiederaufbau mit Klimaanpassung Hand in Hand gehen. Nachhaltiger Wiederaufbau wird so wegweisend – auch für andere Bundesländer“, so Eder weiter.
„Gerade im Bereich des Tourismus konnten wir im vergangenen Jahr gemeinsam viele Meilensteine erreichen“, sagte Wirtschaftsministerin Daniela Schmitt. Neben der Wiedereröffnung des Steigenberger Hotels in der Kreisstadt seien vor allem die anstehenden Großprojekte wie die Kurparkbebauung in Bad Neuenahr wichtige Signale und zeigten, „dass diese Region als bedeutender Tourismusstandort eine Zukunft hat“, so Schmitt.
Förderanträge stellen
„Auch drei Jahre nach dem Wiederaufbau lassen wir die Unterstützung für die von der Flut betroffenen Kommunen nicht abreißen – und das zeigt Wirkung. Über 880,4 Millionen Euro aus dem Sondervermögen ‚Wiederaufbau 2021‘ für die kommunale Infrastruktur bewilligt und damit 99,47 Prozent der vollständig eingereichten Anträge mit positiven Bescheiden bedacht. Der Wiederaufbau geht sichtlich voran“, sagte Innenminister Michael Ebling. Er betonte erneut, wie wichtig es weiterhin sei, dass die betroffenen Gemeinden die Gelegenheit nutzen, Förderanträge zu stellen.
Doris Ahnen, Ministerin für Finanzen und Bauen, berichtete: „Nach der Flut haben die Länder sich gemeinsam mit dem Bund auf einen Solidaritätsfonds geeinigt, um den Wiederaufbau finanziell zu stemmen und so den Betroffenen zu helfen. Die Investitions- und Strukturbank Rheinland-Pfalz (ISB) ist im Auftrag des Landes für die Bewilligung und Auszahlung der Aufbauhilfen zuständig. Sie hat bislang 3570 private Gebäudeanträge und 11840 Hausratanträge auf Wiederaufbauhilfe mit über 720 Millionen Euro und einer Bewilligungsquote von rund 95 Prozent bewilligt. Alleine im Bereich des Wiederaufbaus privater Wohngebäude wurde bislang weit mehr als eine halbe Milliarde Euro bewilligt.“ Zudem seien im Baurecht wichtige Erleichterungen beim Wiederaufbau ermöglicht worden.
Landrätin Cornelia Weigand erklärte: „Die Flutkatastrophe hat Schäden in mittlerer zweistelliger Milliardenhöhe hinterlassen. Wir müssen aus dieser Katastrophe Lehren für einen potenten Katastrophenschutz, für einen zukunftsgerichteten Aufbau nach Zerstörungen und für einen effektiven Schutz vor Extremwetterereignissen ziehen. Wir sind sehr dankbar, dass Bund und Länder uns für den Aufbau unserer Region Milliardenbeträge in Form des Aufbauhilfefonds zur Verfügung stellen.“
Verzögerungen ärgern
Dominik Gieler, Bürgermeister der Verbandsgemeinde Altenahr, bilanzierte: „Mit Blick auf das Bau- und Planungsrecht gibt es leider noch einige bürokratische Hürden, die uns nach wie vor ausbremsen. Exemplarisch ist der Neubau des Sportplatzes Dernau zu nennen. Ein 1:1-Wiederaufbau an der bisherigen Stelle unmittelbar im Überschwemmungsgebiet der Ahr wäre möglich gewesen. Zum Schutz des Ortes hat man sich bewusst für eine Verlagerung entschieden. Dafür muss nun ein komplettes Genehmigungsverfahren durchlaufen werden. Der damit verbundene Zeitaufwand und die daraus resultierende Verzögerung sind der Bevölkerung nicht verständlich zu machen.“
Das zeigte auch eine zum Jahrestag der Flut vom SWR in Auftrag gegebene Umfrage: 70 Prozent der Menschen im Ahrtal sind beim Thema Wiederaufbau unzufrieden mit der Landesregierung. Da müsse an der Kommunikation gearbeitet werden, denn viele Projekte seien entweder in Planung oder schon in Angriff genommen, sagte dazu Wirtschaftsministerin Schmitt. Gielers Adenauer Kollege Guido Nisius kann den Hader der Menschen im Tal verstehen: „Es geht ihnen nach drei Jahren nicht schnell genug, Aber Rom ist auch nicht an einem Tag erbaut worden.“
GS