24 Norweger auf Forstexkursion in der Eifel
Ahrtal. Vom 27. bis 30.8. war eine Gruppe von 24 norwegischen Förster*innen auf Studienreise in der Eifel. 14 Jahre nach dem gemeinsamen Forststudium in Norwegen fragte der Kassenwart der Förstervereinigung der Region Buskerud diesbezüglich bei Sonja Klotz aus Hümmel an, die gerne bei der Organisation einer Deutschlandtour behilflich war. Klimaangepasster Waldbau stand ganz oben auf der Wunschliste der Teilnehmer.
Im Gemeindewald Hümmel gab Revierleiter Timo Schmitt u.a. Einblicke in den hiesigen Waldbau, Zertifizierungsstandards, das neue Förderprogramm „Klimaangepasstes Waldmanagement“ und das in Norwegen weitestgehend unbekannte Konzept von Bestattungswäldern. Der Ruheforst Hümmel weckte großes Interesse bei den Norwegern. Die überwiegend im borealen Nadelwald tätigen Förster hatten zudem viele Rückfragen zur Wald- und Holzwirtschaft mit Laubbäumen. In weiten Teilen Norwegens spielen nur Weichlaubhölzer eine forstliche Rolle, Buche, Eiche und Edellaubholz wachsen zumeist nur in Wäldern entlang der südlicheren Küstenabschnitte.
Blick über den Tellerrand
Wegen des Klimawandels rechnet man auch in Norwegen mit sich ändernden Bedingungen, weshalb ein Blick über den Tellerrand nach Mitteleuropa durchaus sinnvoll ist. Während man auf der Fahrt vom Flughafen Düsseldorf zur Unterkunft nach Wershofen auf weiter Strecke nicht mehr erahnen kann, dass Deutschland ursprünglich weitestgehend bewaldet und überwiegend von Buche dominiert war, hat man in Teilen des Nationalparks Eifel noch die Gelegenheit sich vorzustellen wie es ohne menschlichen Einfluss hierzulande vielerorts aussehen würde.
Christian Düll, Leiter des Nationalparkbezirks Kermeter, nahm die Gruppe in Vogelsang IP in Empfang. Auf astreinem Englisch erläuterte er zunächst die Geschichte der Anlage und die Entstehung des Nationalparks Eifel. Nach einer Mittagspause mit Aussicht über den Nationalpark, machte die Gruppe sich auf den Weg in den Kermeter. Herr Düll nahm die Norweger mit in eine Naturwaldzelle mit über 200 Jahre altem Buchenwald und auf eine Fläche mit durch Dürre und Borkenkäfer abgestorbenen Fichten. Der Einfluss des Wildes auf die Naturverjüngung war in beiden Waldbildern gut nachvollziehbar. Wegerückbau samt Räumung von Kampfmitteln war auch ein aktuelles Thema im Kermeter. Im Laufe der Studienreise kam man oft auf den Zweiten Weltkrieg zu sprechen und es wurde allen bewusst, wie sehr der Krieg auch die Wälder in Deutschland geprägt hat. Insbesondere die riesigen Reparationshiebe und die anschließende Aufforstung mit Nadelhölzern, was heute oft kritisiert wird, aber aus der damaligen Situation heraus nachvollziehbar ist.
Auf den Fahrten durch die Eifel, die mit dem Reisebus oft längere Umwege bedeuteten, nutzte Sonja Klotz die Gelegenheit, um den in der kommunalen und staatlichen Forstverwaltung tätigen Teilnehmern, die deutsche Forstverwaltung, eingesetzte Forsttechnik sowie Fakten über den deutschen Wald samt Holzindustrie und Entwicklungen näher zu bringen. Auch Klimadaten der letzten 5 Jahre, die Auswirkungen auf den Wald in Deutschland und die Flut am 14./15. Juli 2021 wurden besonders beleuchtet. In der Region Buskerud hatten 3 Wochen vor der Tour vergleichbare Niederschläge ebenfalls für große Überflutungen, Erdrutsche und enorme Schäden gesorgt, weshalb es umso aktueller war gemeinsam über Maßnahmen zur Wasserrückhaltung zu sprechen.
Ein weiterer Exkursionspunkt ging auf die Hohe Acht zu Revierleiterin Bärbel Hohl und ihrem Deutsch Drahthaar Ole. Sie hatte gleich die Sympathie aller auf ihrer Seite, als die Gruppe von ihr auf Norwegisch begrüßt wurde. Beim nachfolgenden fachlichen Austausch half Sonja Klotz bei der Übersetzung vom Deutschen ins Norwegische. Vom Wanderparkplatz hinauf zum Kaiser-Wilhelm-Turm wurde bei den Stationen des Kommunikationsparcours gehalten und der Waldumbau anhand der verschiedenen Waldbilder erläutert. Zudem konnte Bärbel Hohl alle Fragen zu dem Betrieb des Staatswaldreviers und ihren vielfältigen Arbeitsaufgaben beantworten. Fast alle Programmpunkte wurden von verschiedenen Jagdhunderassen begleitet, welche die Aufmerksamkeit der Teilnehmer gerne auf sich zogen und es konnte gleich die Jagd und Hundeeinsatz hierzulande erläutert werden.
Einkehr in der Altstadt
So auch nach einer kurzen Einkehr in der Altstadt von Ahrweiler. Der Winzer und Jäger Matthias Baltes von „Wilde Ahr“ hieß alle am Mayschosser Bahnhof willkommen und führte durch sein „Revier“ die Weinberge hoch zur Saffenburg. Auf exzellentem Englisch vermittelte er den norwegischen Förstern wie man im Ahrtal exzellente Weine anbauen und ernten kann. Er und seine Frau Julia hatten bei der Burgruine wunderbahr ansprechende Tische eingedeckt und bei bestem Wetter und mit bestem Blick über das Tal war die Stimmung der Gruppe auf dem Höhepunkt. Viel interessantes zu Wein, Wild, Jagd, Tourismus und Flut entlang der Ahr gab es von Matthias Baltes zu hören, bevor der Weg durch den Wald nach Rech mit dortiger Einkehr angetreten wurde.
Am Abreisetag wurde das Programm deutlich „urbaner“ mit einem Besuch in einem Privatwald im Forstbetriebsbezirk Frechen. Revierförster Martin Wiegelmann erläuterte mit zwei Waldbesitzern in einem nach Tagebauende rekultivierten Wald Forstwirtschaft zwischen Autobahn 1 und Gewerbegebieten am Rande einer deutschen Großstadt. Hier erfuhren die Norweger auch einiges über forstliche Zusammenschlüsse wie die FBG Ville. Wiegelmanns Revier gehört wohl zu denen in Deutschland, wo am meisten Einwohner auf einen Hektar Wald kommen (250/ha!). Vom alltäglichen Verkehrsaufkommen bekamen die Norweger schließlich bei der Fahrt in die Kölner Innenstadt einen Eindruck. Zum Abschluss wurde die Gruppe noch mit reichlich Regen gesegnet und eilte in den Dom. Bevor sich in Düsseldorf am Flughafen verabschiedet wurde, bekam die Reiseleitung öfter Fragen zum geringen Anteil E-Autos und zur Bierglasgröße in und um Köln.
Da in Norwegen oft nur ein Förster in einer der 356 Kommunen tätig ist und die Abstände zu den Forstkollegen meist groß sind, dienen die Exkursionen der Förstervereinigung auch dem Austausch untereinander und dem sozialen Miteinander. Und dass letzteres in der Gruppe vorbildlich ist, konnte Sonja Klotz im Laufe der 4 Tage miterleben und deckt sich mit ihren Erfahrungen aus 7 Jahren Studium und Arbeit in Norwegen. Die gesamte Gruppe war allen, die zu dem gelungenen Programm in Eifel, Ahrtal und Köln beigetragen haben, sehr dankbar und hatte viele Eindrücke und Erkenntnisse mit im Gepäck nach Oslo.
Wie sagte eine Teilnehmerin treffend bezüglich Unterschieden zwischen Menschen oder Ländern: „Wir sind gut in unterschiedlichen Dingen“.