Vortrag des Stadtmuseums beleuchtete das verborgene Andernach
Als in Andernach noch Bäche plätscherten und Mühlen klapperten
Andernach. Antel, Deubach, Am Hackenborn, Mohrsmühlenweg, Kennelstraße, Schafbachstraße - einige Andernacher Straßennamen zeugen heute noch davon, dass die alte Stadt am Rhein einst von zahlreichen kleineren Wasserläufen durchflossen wurde. Kürzlich beleuchtete Museumsleiter Dr. Kai Seebert das Thema in einem kurzweiligen Vortrag beim Treffen des evangelischen Frauenkreises.
Zum Teil noch bis weit ins 20. Jahrhundert hinein gehörten der Antelbach, der Schafbach und der Felsterbach zum Stadtbild - heute sind sie in der Kernstadt mit Ausnahme des Deubachs weitgehend vom Erdboden verschwunden.
Wo Wasser ist, dort ist auch Leben - diese alte Weisheit trifft auch auf Andernach zu, wo sich in vorgeschichtlicher Zeit Kelten ganz in der Nähe des Antelbaches niedergelassen hatten. Mitunter wurde angenommen, der Antelbach (auch „die Antel“, abgeleitet vom keltischen Wort für Bach) könne sogar namensgebend für „Antunnacum“/ Andernach gewesen sein. Auch wenn diese Herleitung wenig wahrscheinlich sein dürfte, war der Antelbach für die Siedlungsentwicklung Andernachs dennoch von einiger Bedeutung: Seine Mündung in den Rhein bildete gemeinsam mit der Mündung des Felsterbaches in der Nähe der heutigen Mittelrheinhalle eine natürliche Hafenbucht aus, die sich ideal für das Anlanden und Beladen von Lastkähnen eignete. Vor allem Reib- und Mühlsteine aus Eifler Basaltlava und ab römischer Zeit auch Tuff und Keramik wurden von hier aus weithin verschifft. Die Römer waren es dann auch, die sich die Andernacher Bäche technisch zu Nutze machten, indem sie das frische Quellwasser zur Versorgung mehrerer römischer Bäder (Thermenanlagen) nutzten. Hier spielten, soweit wir es sagen können, der Antel- und der Felsterbach wichtige Rollen. Im mittelalterlichen Andernach kam dem am Hackenborn entspringen Bach, auch Kennelbach/ Kendelbach und im Stadtgebiet Schafbach oder Grabenbach genannt, eine besondere Rolle zu: Spätestens als um 1300 der Stadtgraben vor der Stadtmauer angelegt wurde, wurde der ursprünglich im Bereich eines vorgeschichtlichen Rheinarms nahe dem Niederhof (St. Thomas) versickernde Bach in die Stadt umgeleitet. Kurz bevor der Schafbach über den Marktplatz floss, diente er den Andernacher Ledergerbern und Metzgern in der Schafbachstraße zur Brauchwasserversorgung und -Entsorgung - letzteres oft zum Unmut der Stadtoberen. Neben dem Helmwartsturm wurde der Schafbach in den Stadtgraben geleitet und umfloss dann die Burg der Kölner Erzbischöfe - eine waschechte Wasserburg also. Der Bach mündete neben dem Bollwerk in den Rhein. Das begehrte Wasser des Kennel- oder Schafbachs gab in vergangenen Zeiten oft Anlass zu Streitigkeiten: Vor allem die Müller der am Oberlauf gelegenen Mühlen (bei St. Thomas) waren alles andere als erfreut darüber, als 1576/77 ein Teil des Quellwassers am Hackenborn in die neue Wasserleitung zur Stadt hin abgezweigt wurde. 1880 wurde dann, ebenfalls am Hackenborn, der Grundstein für die moderne Wasserversorgung unserer Stadt gelegt.
Der Kennel- bzw. Schafbach betrieb mehrere Mühlen; die wichtigste war die nach Stephan Weidenbach 1490 erstmals erwähnte Bauchmühle, die sich an der Stelle der heutigen LVA (Breite Straße) befand. Um 1900 rühmte sich die in den Gebäuden der ehemaligen Bauchmühle eingerichtete Gaststätte „Zur Mühle“ damit, „Grösstes Garten-Etablissement Andernachs“ zu sein. Nach dem Abriss der alten Baumühle wurde hier der städtische Fest- und Kirmesplatz angelegt. Bis 1970 erinnerten auch noch die Straßennamen „Bachstraße“ (heute Ubierstraße) und „Mühlenstraße“ (heute Frankenstraße) an Andernachs größten Stadtbach und seine Funktion. Auch die Andernacher Kennelstraße, durch die der Bach bis Anfang des 20. Jahrhunderts offen in einem gepflasterten Bett („Kennel“) floss, zeugt noch von der Geschichte des Wasserlaufs.
Außer dem ehemaligen Verlauf und der Nutzung der Bäche beleuchtete der Vortrag auch, weshalb die Wasserläufe im Gebiet der Andernacher Kernstadt im Verlauf der Zeit in die Kanalisation verbannt wurden: So konnte sich der eigentlich beschauliche Antelbach, normalerweise kaum mehr als einen halben Meter breit, bei Starkregen zu einem reißenden Strom entwickeln, der sich mit Gewalt und großen Schuttmassen über die Bismarckstraße in die Kirchstraße ergoss.
Für diejenigen, die mehr über die spannende Geschichte des „verborgenen Andernachs“ erfahren möchten, wird das Stadtmuseum demnächst eine kleine Sonderpublikation herausbringen. Pressemitteilung der
Stadtverwaltung Andernach