Kolpingsfamilie St. Martin
Besinnliche Wanderung
Lahnstein. Aus Treibholz des Rheins wurde vor einigen Jahren das Holzkreuz gezimmert, das Mitglieder und andere Interessierte bei der Karfreitagsbesinnung der Kolpingsfamilie St. Martin durch den Stadtteil Niederlahnstein tragen. Der Zebrastreifen in der viel befahrenen Bahnhofstraße wird für die 22-köpfige Gruppe zum Teil der örtlichen „Via Dolorosa“. Seit über 40 Jahren machen die Kolpingschwestern und -brüder diese besinnliche Wanderung auch der Gegensätze, denn dem eigentlich traurigen und „dunklen“, stillen Feiertag steht die aufblühende Natur gegenüber. An sechs Stationen wird Halt gemacht und es werden Texte zum Thema „Würde“ vorgelesen. Natürlich geht es um die Würde des Menschen, die nach dem „Ewigkeitsartikel“ 1 des Grundgesetzes unantastbar ist. Jemand hat sich in Aphorismen schlau gemacht. So heißt es unter anderem, die Würde des Menschen sei unantastbar oder die Würde des Menschen sei abschiebbar. Die Redner erinnern an das Leid der aus der Ukraine verschleppten Kinder, die in Russland zwangsadoptiert und zu russischen Staatsbürgern umerzogen werden: ein Kriegsverbrechen. Sie machen auch deutlich, dass die Menschenwürde vom Embryo bis zum Sterbenden gelten muss. Vor allem die Würde alter und einsamer Menschen wird in den Blick genommen. Die Leidensgeschichte Jesu wird in das Jahr 2024 verlegt, denn auch heute wird die Würde in vielen Ländern der Erde mit Füßen getreten. Der Song „Dear Mister President“ von Pink wird eindrucksvoll ins Deutsche übersetzt. Die Besinnungswanderung regt zum Nachdenken an, während man unterwegs vielleicht schon ein wenig den Emmausgang am Ostermontag vorwegnimmt, denn viele der Teilnehmenden kennen sich, haben sich aber lange nicht gesehen, so dass es immer wieder Neues zu erzählen gibt. Der Besinnungsweg ist kein Schweigemarsch. Eine selbst gestaltete orangefarbene Gebetskarte und Segensbänder werden verteilt. Freiwillig wechseln sich die Wanderer auf dem Rundweg mit dem Tragen des Kreuzes ab. Spaziergänger, die der Kolpinggruppe begegnen, schauen zunächst etwas überrascht, erinnern sich dann aber wegen des mitgeführten Kreuzes an den Feiertag Karfreitag, den die inzwischen zur Minderheit gewordenen Christen in Deutschland gerade begehen. Der Weg beginnt und endet in der Johanniskirche, der denkmalgeschützten spätromanischen Basilika an der Lahnmündung. Bevor es losgeht, können die Teilnehmer den Gekreuzigten als Auferstandenen im großen Kreuz erkennen, das über dem Altarraum hängt und 2005 von dem zeitgenössischen Münchner Künstler Hubert Elsässer (1934-2009) geschaffen wurde. Eine Osterbotschaft gleich zu Beginn. Zum Abschluss wird ein Gebetskreis gebildet und gemeinsam das Vaterunser gebetet.
BA