Umweltaktion des Scheurener Bürgervereins zu St. Martin
Bürgerverein beseitigte Zeugnisse vergangener Umweltsünden
Unkel-Scheuren. Die Tradition der Martinsfeuer ist bis heute ein spektakulärer Höhepunkt der St. Martinsumzüge in fast allen Gemeinden des unteren Mittelrheintals, so auch in der Verbandsgemeinde Unkel. Ort, Ausmaß und Absicherung dieser Feuer haben sich allerdings in den letzten Jahrzehnten wesentlich verändert, wie Gregor Dung (66) und Michael Louwen (69), beide Mitglieder des Scheurener Bürgervereins, sich noch lebhaft erinnern können - insbesondere hinsichtlich der Vorbereitungen, die so oder ähnlich in allen umliegenden Nachbargemeinden getroffen wurden.
„Schleifen“ hieß die Arbeit, die gut vier Wochen zuvor von den Zwölf- bis 18-Jährigen geleistet wurde. Und im wahrsten Sinne des Wortes hochgeschleift auf die ehemaligen Weinbergsterrassen auf der Anhöhe des Leidenbergs wurde alles, was brennbaren Wert hatte: Bretter, Balken, Weinbergspfähle, behandelte und unbehandelte, Jägerzäune, Holzpaletten etc.
Doch wurde man auch fündig in der unmittelbaren Umgebung des Waldes, der genug trockenes Geäst und Strauchwerk bereitstellte. „Kitchen“ hieß diese Aktion, d.h. mit großen und kleine Äxten und Sägen bewaffnet wurde Hand ans Holz gelegt, auch schon mal gegen die Anweisungen des Revierförsters. Da Holz dieser Sorte nicht schnell genug entflammbar war, wurden natürlich auch entsprechende Brandhilfen auf der Basis von Kautschuk hochgeschleppt, sprich alte Motorrad- Auto- und LKW-Reifen, die später auch für die längere Brenndauer sorgen sollten.
Im gleichen Zeitraum zogen die Scheurener Jugendlichen zum sogenannten „Dotzen“ von Tür zu Tür, um mit allen Strophen des „De hillije Zante Mätes…“ letztendlich ein paar Groschen zur finanziellen Unterstützung des Martinsfeuers zu erhalten, die insbesondere für die flüssigen Brandbeschleuniger wie Benzin und Öl ausgegeben wurden. Die „Sicherheit“ wurde am Tag X durch einen Feuerwehrmann der Freiwilligen Feuerwehr Unkel gewährleistet, der darauf achtete, dass ein Mindestabstand zum Feuer eingehalten wurde.
Seit Mitte der 1980er Jahre ist diese Art von Martinsfeuer an diesen Standorten untersagt. Zu Recht, wie Gregor Dung und Michael Louwen meinen. In den 1960er und 1970er Jahren war die Sensibilität der Bevölkerung für Umwelt- und Naturschutz nicht sonderlich ausgeprägt. Das Verbrennen und Lagern schadstoffbelasteter Materialien würde aktuell einen Straftatbestand darstellen, da die freigesetzten Schadstoffe nicht nur die Umwelt belasten, sondern auch die Gesundheit der MartinszugteilnehmerInnen gefährden würden. Heutige Martinsfeuer finden daher an sicheren Standorten statt, ohne Flora und Fauna zu schädigen, denn das über Wochen aufgestapelte Material bot seinerzeit sicherlich auch den Anreiz für Tiere, wie Reptilien, Amphibien, Igel und Mäuse, sich dort ihren Platz zur Winterruhe zu suchen.
Die Frage stand im Raum, ob man den Standort des damaligen Martinsfeuers heute wiederfinden würde? Oder hat sich die Natur nicht alles wieder zurückgeholt? Schließlich könnte es ja noch Reste nicht verrottbarer Materialien geben. Und tatsächlich, beide wurden fündig. Im Frühjahr dieses Jahres entdeckten sie unter dem Wildwuchs von Weißdorn und Schlehenhecken, unter verkrüppelten Robinien und Eschen, umrankt von Efeu, Brombeerstäuchern, Moosen und Farnen, alte spröde Reifen, verrostete Kanister, die ihren ehemaligen Inhalt erahnen lassen. Sogar alte Colaflaschen bergen noch ihren ehemaligen Inhalt: ausgedrückte Zigarettenkippen.
Der Gedanke lag nahe, daraus eine konzertierte Aktion des Scheurener Bürgervereins zu machen, nach dem Vorbild des Rhine Clean-Up, eine Art Scheurener „Wood“ - oder besser „Jungle“ - Clean Up. Der Gedanke stieß auf Resonanz.
Am 11.11. trafen sich acht aktive Mitglieder des Scheurener Bürgervereins, um mit vereinten Kräften die Zeugen die damaligen Umweltsünden aus dem heute dichten, dornenreichen Gestrüpp der ehemals mit Obstbäumen bestandenen Weinbergsterrassen zu bergen. Am Ende waren es 15 alte Reifen, 20 verrostete und verrottete Öl-und Benzinfässer, neben Flaschen, Styropor etc., die mithilfe eines Hängers dem Bauhof Unkel zur nachhaltigen Entsorgung zugeführt wurden.
Am frühen Nachmittag endete die Aktion der Umweltaktivisten auf dem Dorfplatz um die Kapelle Scheuren in geselliger Runde und im Bewusstsein, gemeinsam einen Akzent für Nachhaltigkeit gesetzt zu haben.