Konzert von „Kärbholz“ in Bad Breisig
Der Mythos Jahnhalle lebt
Bad Breisig. In den 70er und 80er Jahren war die Bad Breisiger Jahnhalle das Rock-Mekka zwischen Köln und Frankfurt, als sehr bekannte Gruppen wie „Supermax“, „Grobschnitt“, „Gary Moore“, „Barclay James Harvest“, „Klaus Doldinger“, „BAP“ und „Dr. Feelgood“ hier auftraten und Bad Breisig in der Rockwelt ein Gütesiegel war. Damals wie heute waren und sind die maßgeblichen Organisatoren und Antreiber die alten Haudegen Rüdiger Kowalsky und Rolf Hensgen, die mit anderen Gleichgesinnten vor knapp drei Jahren den Kulturverein „Breisig.Live“ gegründet haben mit dem Ziel, Bad Breisig kulturell zu bereichern und die etwas brach liegende Jahnhalle wieder zum Leben zu erwecken. Dieses Ziel ist in kürzester Zeit erreicht worden, wie das Konzert von „Kärbholz“ letzten Samstag im völlig ausverkauften Kulturschuppen bewies. 800 enthusiastische Zuschauer, teilweise weit angereist, bevölkerten die Jahnhalle und bescherten auch der örtlichen Hotellerie ein kräftiges Umsatzplus.
„Kärbholz“ gehört zu den angesagtesten Rockgruppen im Lande und trat bereits mehrfach auf dem Wacken-Festival auf. Die „Vollgas-Rock’nRoller“ aus Ruppichteroth waren Headliner beim großen „weAHRfamily“-Festival letztes Jahr im Bad Breisiger Kurpark und begeisterten damals neben ihrem Highspeed-Deutschrock mit der Überreichung eines großzügigen Spendenschecks für das zerstörte Ahrtal. Seitdem fühlt sich die Band der Region verbunden und hat hier eine stets wachsende Fangemeinde.
„Kärbholz“ war zum diesjährigen Konzert nicht alleine gekommen, sondern hatte zum Abschluss einer gemeinsamen Tournee die Folkpunk-Band „Doppelbock“ aus Gründau mitgebracht, die auch den Abend eröffnete. Die hessische Gruppe, deren Markenzeichen ein Rock-Akkordeon ist, sorgte schnell für Stimmung und brachte die Fans zum Schunkeln. Neben eigenen Titeln spielte die Band auch punkige Versionen bekannter Stücke wie „Du hast den Farbfilm vergessen“ oder „Wir lagen vor Madagaskar“, und die BesucherInnen sangen fleißig mit. Ein eigens mitgebrachter Mundschenk versorgte dabei die erste Zuhörerreihe mit Spirituosen.
Nach einer kurzen Umbaupause ging das Licht aus, bis gegen 21 Uhr die Spannung mit den ersten Riffs von „Kärbholz“ kulminierte. Den Bandmitgliedern war ihr Spaß anzumerken, und sie betonten mehrfach, wie wohl sie sich in Bad Breisig fühlen. Ohne Pause verausgabten sich die Musiker bis 23 Uhr, und das Publikum sang jedes Stück lauthals mit. Frontmann Torben Höffgen strapazierte sein Gesangsorgan bis zum Äußersten, während Gitarrist Adrian Kühn und Bassist Stefan Wirths ihre extrem schnellen Riffs durch die Halle peitschten, dabei kongenial unterstützt durch den präzisen Schlagzeuger Henning Münch. Die altehrwürdige Jahnhalle, in den letzten 30 Jahren eher an Karnevalsmusik gewöhnt, erbebte in ihren Grundfesten.
In der ersten Hälfte ihres Konzertes stellte „Kärbholz“ das neues Album „Wilde Augen“ vor, und auch hierbei erwies sich das Publikum als äußerst textsicher. Und zu den alten Hits in der zweiten Konzerthälfte ging das Publikum dann richtig ab. Hymnen wie „Unbeugsam“, „Niemals fallen“ und „Tiefflieger“ wurden richtig gefeiert, bejubelt und betanzt, und Bierfontänen spritzten durch die Luft. Die Musik erinnerte manchmal an ekstatische Songs der „Toten Hosen“, dann wieder in ihrer Brachialität an „Rammstein“. Und trotz der Ausgelassenheit blieb die Stimmung in der vollen und aufgeheitzten Halle bis zum Ende sehr friedlich. Dafür sorgte auch die äußerst aufmerksame Security, die mögliche Gefahrenherde schnell auflöste, und anwesende Kinder über das vordere Absperrgitter hob und somit schützte. An andere Kinder wurde Gehörschutz verteilt, und auch der Veranstalter zeigte sich sehr fürsorglich und verteilte mehrmals Becher und Wasser an die ersten Zuschauerreihen, um Dehydrierung vorzubeugen.
Kurz vor Mitternacht verließen die letzten Fans nassgeschwitzt, aber glücklich die Jahnhalle. Sie äußerten sich begeistert über das Ambiente und das neue Angebot im alten und neuen „Rockmekka“ Bad Breisig. In einem Gespräch nach dem Konzert zeigte sich Rüdiger Kowalsky als Vorsitzender von „Breisig.Live“ sehr zufrieden und glücklich. Er betonte, dass nach der ersten Skepsis über die Arbeit des Kulturvereins nun Neugierde entstanden sei, und Bad Breisig auf der musikalischen Landkarte wieder wahrgenommen werde. So hätte er für das Konzert von „Kärbholz“ 4000 Karten verkaufen können, und selbst Hochkaräter wie „Silbermond“, die sonst in großen Hallen auftreten, könnten sich ein Konzert in der Jahnhalle vorstellen.
Für 2024 sind Auftritte von „Grobschnitt“, „Helge Schneider“, „Tom Gerhardt“ und den „Dirty Deeds“ in Planung, und weitere musikalische Schmankerl werden sicherlich folgen! Und nach 40 Jahren kann konstatiert werden: der Mythos Jahnhalle lebt!