60 Jahre KAB Reifferscheid/Rodder
Für eine gerechte Arbeitswelt
Reifferscheid. Mit einer heiligen Messe in der Pfarrkirche St. Michael in Reifferscheid begann die Jubiläumsfeier der KAB (Katholische Arbeitnehmerbewegung). Pfarrer i.R. Michael Schaefer hielt die Messe, Gäste des Diözesanverbandes Trier überbrachten Glückwünsche und sagten herzlichen Dank für die so engagierte Arbeit der KAB, so Geschäftsführerin Ruth Mareien de Bueno, die Diözesanseelsorgerin Anne Basten und Geschäftsführer Andreas Luce. Ehemalige Bezirkssekretäre im Bereich Mittelrhein wurden begrüßt, Reiner Altmeyer, José Ibanez und viele Freunde der Bewegung.
Der langjährige Vorsitzende des Ortsverbandes der KAB, Peter Kaiser, berichtete von den Anfängen. Initiator und Gründer des Ortsverbandes Reifferscheid/Rodder war der seinerzeitige Pfarrer Jakob Müsch, der 1962 nach Reifferscheid kam. Er bemerkte rasch die Umbrüche im wirtschaftlichen, kulturellen und sozialen Leben in der Hocheifel. Waren die Dörfer noch von der Landwirtschaft geprägt, wenn vielleicht auch im Nebenberuf, so nahm die Beschäftigung in Handwerksbetrieben, Baufirmen, Schreinereien und Schlossereien rasch und stetig zu. Handwerksbetriebe wurden gegründet, die Baubranche boomte. Immer mehr Menschen fanden Arbeit außerhalb der Landwirtschaft, sie waren mit Arbeitsverträgen und festen Stundenlöhnen beschäftigt. In der Folge rückten Themen wie Arbeits-, Tarif- oder Sozialrecht zunehmen den Vordergrund, es entstand ein Bildungsbedarf zu diesen Themen. Pfarrer Müsch griff dies auf und fand im bereits bestehenden Diözesanverband der KAB in Trier kompetente Ansprechpartner.
54 Menschen nahmen an der Gründungsversammlung teil. Peter Kaiser ging in seinem Rückblick auch auf seine persönlichen Erfahrungen ein. Sein Vater war Gründungsmitglied, nahm oft an Veranstaltungen in Trier teil. Früh weckte die KAB-Zeitung, die damals noch Ketteler-Wacht (nach dem „Arbeiterbischof“ Wilhelm Emmanuel von Ketteler) hieß, sein Interesse. Sie hatte ein rotes Kreuz mit Querbalken als Hammersymbol für die Arbeit, das faszinierte ihn. Die Zeitung berichtete über Themen aus Politik und Arbeitswelt. Die katholische Soziallehre und ihre Auseinandersetzung mit der Arbeitswelt wurde diskutiert, illustre Namen wie Oswald von Nell-Breuning, „Nestor der katholischen Soziallehre“ und seine engagierten Thesen blieben im Gedächtnis.
Nach Pfarrer Jakob Müsch war Nikolaus Ernst der 1. Vorsitzende, so erinnert sich Peter Kaiser. Er selbst wurde im Jahre 1984 Mitglied, gemeinsam mit seiner Ehefrau Rita, die ihn aktiv unterstützte. Die KAB bot ein umfangreiches und interessantes Programm, mit zahlreichen Fahrten und Besichtigungen, dies wurde auch von Nichtmitgliedern rege genutzt.
Im Jahre 1988 übernahm Peter Kaiser den Vorsitz von Josef Jüngling, die Mitgliederzahl lag bei 35 Personen. Peter Kaiser kam zugute, dass er als Mitglied im Personalrat einer Bundesbehörde intensiv mit Fragen des Arbeits- und Tarifrechts befasst war. Themen zahlreicher Veranstaltungen waren Rentenfragen, die Pflegeversicherung, das Erbrecht, die Situation der Flüchtlinge in vielen Ländern, auch die Ursachen für die Gründung der so genannten „Tafeln“. Die Erhaltung der Bereitschaftszentrale am Adenauer Krankenhaus wurde heftig diskutiert, die KAB sammelte tausende Unterschriften. Der gesetzliche Mindestlohn war und ist ein Thema, dem sich die KAB verschrieben hat, der arbeitsfreie Sonntag ebenso.
Auch die Geselligkeit kam nicht zu kurz, mit Gesangsabenden, mit der Ausrichtung von Weihnachtsbasaren. In der Folge der Flutkatastrophe an der Ahr engagierte sich die KAB gemeinsam mit der KAB Bracht im Diözesanverband Aachen zugunsten der betroffenen nachbarlichen Ortsgemeinde Fuchshofen.
Brauchen wir die KAB auch heute noch, so Peter Kaiser in seiner engagierten Schlussbetrachtung. Ja, denn weiterhin besteht Diskussionsbedarf zu vielen Themen der Arbeits- und Sozialwelt. Vieles wurde erkämpft, auch mit Hilfe der Gewerkschaften. Kritische Auseinandersetzung erfordert die politische Bestrebung einer Absenkung des Rentenniveaus, zu viele Menschen kommen bereits jetzt nicht mit ihrer Rente aus, so Peter Kaiser. Nach wie vor sei prekäre Arbeit eine schlimme, nicht hinzunehmende Situation, ereiferte sich der Vorsitzende. Und die Lage der Flüchtenden, das gesamte Thema Migration, der Fremdenhass, könne engagierte Christen nicht kalt lassen. Es bleiben viele Themen, die der Klärung bedürfen, unter christlichen Aspekten. Der Einsatz für eine bessere Welt sei noch lange nicht beendet.
Für langjährige Mitgliedschaft im Ortsverband, für engagierte Mithilfe dankte Peter Kaiser namentlich Gertrud Cläsgens, Elisabeth Jüngling, Maria und Johann Jüngling, Oswald und Alfons Ginster, Edgar Puder, Katharina Obliers und Hans Stemmler. WD