100 Jahre Separatistenmorde in Brohl
Gedenken an Gabriel Hommen sen., Gabriel Hommen jr. und Josef Patron
Brohl. Die Zeit nach Ende des Ersten Weltkrieges 1918 war durch erhebliche Unruhen gekennzeichnet. Nachdem die Pläne Frankreichs, das Rheinland vom Deutschen Reich loszulösen gescheitert waren, hatten französische Truppen 1919 das Rheinland und das Ruhrgebiet besetzt. Eine Inflation aufgrund hoher Reparationszahlungen des Kriegsverlierers Deutschland verschärfte sich immer mehr und vernichtete das Sparguthaben der „kleinen Leute“ und viele Existenzen. Anfang Oktober 1923 kostete ein Laib Brot 14 Millionen Mark, vier Wochen später 5,6 Milliarden Mark.
In diesen dramatischen Zeiten entstand eine Separatistenbewegung, die ein von Deutschland unabhängiges Rheinland anstrebte. Ausgehend von Aachen, wo am 21.10.1923 die „Rheinische Republik“ proklamiert wurde, griff die Bewegung auf das Mittelrheingebiet über und rief auch in Koblenz nach Einnahme des Schlosses einen unabhängigen Staat aus: Die Rheinische Republik, mit einer eigenen Regierung und einem Ministerpräsidenten an der Spitze. Auch in Remagen wurde damals unter dem Schutz französischer Truppen die grünweißrote Flagge der Rheinischen Republik gehisst. Da die Separatisten die wirtschaftliche Not nicht mindern konnten, sondern mangels Geld immer häufiger zu Plünderungen und Raubzügen übergingen, kam es zu einem Sympathieverlust insbesondere bei Bauern und Arbeitern, und Schutzmaßnahmen gegen plündernde Separatisten wurden getroffen. In Brohl organisierten der damalige Ortsvorsteher Anton Bröhl und der Hotelbesitzer Hans Felinger nach einer Bürgerversammlung einen Wachdienst.
Dies kam Separatisten in Andernach zu Ohren, und sie entsandten 40 Mann als Strafexpedition, um das „widerspenstige Brohl“ zu sanktionieren und die beiden Brohler Wortführer Felinger und Bröhl auszuschalten.
Die bewaffneten Separatisten durchkämmten die Brohler Strassen und verletzten dabei mehrere Menschen durch Schüsse. Der Bürger Josef Patron, der durch den Lärm aufgeschreckt war und nach dem Rechten schauen wollte, wurde durch einen Schuss in den Hinterkopf getötet. Der Ortsvorsteher Anton Bröhl konnte sich und seine Familie gerade noch in Sicherheit bringen.
Auf der Suche nach dem zweiten Brohler Wortführer Hans Felinger kam es zu einer folgenschweren Verwechslung: statt im Rheinhotel Felinger brachen die Separatisten in das benachbarte Gasthaus „Zum Anker“ ein und erschossen dort den 41-jährigen Gastwirt und Metzger Gabriel Hommen und dessen Vater, den 71-jährigen Gabriel Hommen sen.
Zehn Jahre nach diesen Morden errichtete die Gemeinde Brohl in den Rheinanlagen ein Mahnmal, das bis heute Bestand hat. Vor einigen Wochen wurde dieses Mahnmal mit dem originalen Grabstein der Familie Hommen ergänzt.
Am hundertjährigen Jahrestag der Ereignisse versammelten sich nun ca. 25 Brohler Bürger, um der Toten zu gedenken. Helmut Rosenbaum vom Kulturverein Brohl begrüsste die Anwesenden und appellierte: „Gerade heute, in unruhigen Zeiten, müssen wir unsere Demokratie verteidigen.“
Dr. Frank Gondert, Ortsbürgermeister von Brohl-Lützing, rollte die Geschichte der Brohler Separatistenmorde auf und betonte mit Verweis auf die vielen separatistischen Bestrebungen in Europa, wie wichtig es sei, das Gemeinsame in den Mittelpunkt zu rücken statt das Trennende.
Josefine Bonn, Gemeindereferentin der katholischen Pfarreiengemeinschaft Breisiger Land gedachte mit einem Gebet den ermordeten Brohler Bürgern.
Die ganze Zeremonie wurde musikalisch begleitet von Erich Melcher auf dem Tenorhorn. Als er zum Ende das Brohltallied anstimmte, sangen alle Anwesenden mit.
„Ein Mensch ist erst vergessen, wenn sein Name vergessen ist“ sagte der Landesvorsitzende der jüdischen Gemeinden Rheinland-Pfalz vor Wochenfrist. Der Kulturverein Brohl sorgte mit der Gedenkveranstaltung dafür, dass die unschuldig getöteten Brohler Bürger auch hundert Jahre nach den Ereignissen nicht vergessen sind.