Mit Angie Müller-Puch aus Weimar gewinnt eine gebürtige Bad Neuenahrerin den Architektenwettbewerb für die Grundschule Bad Neuenahr
„Habe 40 Jahre auf eine solche Architektur in dieser Stadt gewartet“
Bad Neuenahr. Der Architekturwettbewerb für den Neubau der Grundschule Bad Neuenahr ist abgeschlossen. Ziel des Wettbewerbs waren die Auswahl eines Architekten für die Objektplanung des Gebäudes und eines Landschaftsarchitekten für die Außen- und Schulhofgestaltung. Die Aufgabe umfasste die Planung eines fünfzügigen Grundschulneubaus auf dem Gelände der bisherigen Grundschule sowie die Neugestaltung der umliegenden Freiflächen. Zusätzlich wurden im Ideenteil Konzepte zur Weiternutzung des Bestandsgebäudes untersucht. Mehr als 200 nationale und internationale Architekturbüros haben ihr Interesse bekundet, von denen es schließlich 19 Büros in die entscheidende Runde geschafft haben. Aus diesen hat dann eine neunköpfige Experten-Jury den Wettbewerbssieger ermittelt.
Zur Präsentation hatte die Aufbau- und Entwicklungsgesellschaft eingeladen. Dabei wurden die ersten drei Plätze sowie drei Anerkennungen vorgestellt. Der mit 44000 Euro dotierte erste Preis ging schließlich an die Diplom Ingenieurin und Architektin Angie Müller-Puch vom Büro Behnisch Architekten Weimar. Dies unter großem Beifall, denn zahlreiche Interessierte - Politik, Lehrer, Eltern, Architekten - waren der Einladung der Aufbaugesellschaft um Hermann-Josef Pelgrim gefolgt. Die Siegerurkunde überreichte Herbert Wiemer aus dem Rathaus.
Mit Herzblut geplant
Schulbau hat bei Behnisch schon seit den 1950-er Jahren Tradition, sagte die Gründerin des Weimarer Büros bei der Preisverleihung im Gespräch mit Blick aktuell. In das Projekt Grundschule Bad Neuenahr habe sie nicht nur wegen der Flut und ihren Folgen „eine Extraschippe Herzblut“, hineingesteckt. Denn die überraschte die Gäste mit ihrer Vita. Angie Müller-Puch wurde in Bad Neuenahr-Ahrweiler geboren und ist in Kempenich aufgewachsen. Hier ein Blick in ihre Erläuterungen zu den Plänen für den Schulneubau, über den der Stadtrat im August entscheiden will. Der Neubau wird laut Wiemer aus Fluthilfemitteln und der Schulbauförderung finanziert.
„Eine gemeinsame Erschließung verbindet zwei Pavillons über alle Ebenen. Im Erdgeschoss mündet sie in der zentralen Pausenhalle, welche sich in den Sommermonaten großzügig zum Schulhof öffnen lässt. Im Schulalltag verknüpft diese die gemeinschaftlichen Funktionen im Erdgeschoss und dient als Bewegungsraum während Schlechtwetterperioden. Zu besonderen Anlässen könnte dieser zentrale Ort im Zusammenspiel mit dem Mehrzweckraum und der Mensa zu einem großzügigen Veranstaltungsraum umgewandelt werden. Auch in den Obergeschossen spielt dieses verbindende Element eine wichtige Rolle für die flexible und zukunftsfähige Nutzung des Schulgebäudes. So kann je ein großer Klassenraum zusätzlich von dieser Mitte aus erschlossen werden, was bei Bedarf eine übergeordnete Nutzung als Werk-, Kunst-, oder Musikraum ermöglichen würde. Darüber hinaus ermöglicht diese gemeinsame Mitte eine visuelle Verbindung in die umgebende, charakteristische Landschaft entlang der Ahr“, so Müller-Puch, die im Parterre auf Massivbauweise und in den Obergeschossen auf Holzbauweise in den blütenartig angeordneten Pavillons setzt. Für die Freiraumplanung mit dem Erhalt des Baumbestandes und viel Grün hat sie das Büro Daniel Lichtenstein Landschaftsarchitektur und Stadtplanung aus Hamburg gewonnen.
Die vorgesehene Anordnung der Baukörper erlaube eine schrittweise Realisierung ohne weitere Interimsbauten. Wenn die Gemeinschaftsbereiche und der westliche, darüber angeordnete Clusterpavillon realisiert wurden, können die neuen Schulbereiche bezogen und der Nord-Süd verlaufende Teil der Schule abgebrochen werden. Nach der Realisierung der Mensa und des zweiten Clusterpavillon können dann alle Provisorien und der Ost-West verlaufende Teil der alten Schule rückgebaut respektive zu Wohnungen umgenutzt werden.
Reaktionen des Publikums
Die Reaktionen im Publikum auf die Pläne von Müller-Puch sprachen für sich. So ließ Hans-Peter Schmidt, selbst Architekt und ehedem auch Stadtratsmitglied, seiner Begeisterung freien Lauf: „So etwas habe ich noch nicht gesehen. Da steckt Qualität drin. 40 Jahre habe ich auf eine solche Architektur in dieser Stadt gewartet.“ Und auch Hubert Rieck, ehemaliger Leiter der Grundschule Bad Neuenahr war aus dem Häuschen: „Das passt zum Ganztagsformat und zum pädagogischen Konzept der Bad Neuenahrer Schule.“ Ortsvorsteher Richard Lindner und sein Vize David Bongard strahlten zufrieden: „Einfach toll.“
Die Preisträgerin
Angie Müller-Puch (40) hat an der RWTH Aachen und der Schweizer École Polytechnique Fédérale de Lausanne Architektur studiert. Sie ist Gründungspartnerin bei Behnisch Architekten Weimar und hat zahlreiche Wettbewerbe wie das Smart Living Lab in Fribourg (Schweiz) gewonnen oder Projekte wie die deutsch-französische Schule in Buc verantwortet. Zuvor arbeitete sie für kadawittfeldarchitektur, Aachen sowie Bez+Kock, Stuttgart. Angie Müller-Puch ist Mitglied der Strategiegruppe Klima l Energie l Nachhaltigkeit der Architektenkammer Baden-Württemberg. Seit 2012 hatte sie unter anderem Lehraufträge an der RWTH Aachen und der Universität Stuttgart inne. GS