Bauern- und Winzerverband: Agrarministerin Daniela Schmitt spricht bei Jubiläum des Kreisverbandes Ahrweiler
Landwirtschaft und Weinbau brauchen starke berufsständische Vertretung
Ahrweiler. Anlässlich des Festaktes zum 75-jährigen Bestehen des Kreisbauern- und Winzerverbandes Ahrweiler am 23. Juni 2023 in Maria Laach zählte auch die Ministerin für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau des Landes Rheinland-Pfalz Daniela Schmitt zu den Gratulanten. Die Agrarministerin hob in ihrem Grußwort hervor, dass es ihr ein persönliches Herzensanliegen gewesen sei, dem Kreisverband Ahrweiler bei seiner Feier vor Ort zu gratulieren. Um den aktuell großen Herausforderungen zu begegnen, bräuchten Landwirtschaft und Weinbau eine starke berufsständische Vertretung, so Schmitt gleich zu Beginn ihrer Rede. Sie dankte den Verantwortlichen im Kreisverband für ihr Engagement und bezeichnete als momentan besonders kritische Themen für den Berufsstand die Folgen des fortwährenden Ukraine-Krieges – beispielhaft anhand teilweise gestörter Lieferketten und der allgemein gestiegenen Produktpreise und damit Vorkosten – sowie vor allem den Entwurf der von der Europäische Kommission vorgelegten EU-Pflanzenschutzmittelverordnung. Die im Rahmen des sogenannten „Green Deal“ formulierten Reduktionsziele bis zum Jahr 20230 und das Einsatzverbot aller Pflanzenschutzmittel in empfindlichen Gebieten bewertete die Landesministerin als problematisch. „Der Entwurf ist in dieser Form nicht akzeptabel. Hier muss nachgearbeitet werden“, fasste Daniela Schmitt zusammen und kritisierte, dass unter solchen Voraussetzungen zukünftig auf fast zwei Dritteln der Nutzflächen in Rheinland-Pfalz eine Bewirtschaftung nahezu nicht mehr mögliche wäre, insbesondere auch nicht in den Steillagen des heimischen Weinbaus. In diesem Zusammenhang betonte die Ministerin, dass aus ihrer persönlichen Sicht die städtische Perspektive in der Agrarpolitik zu dominant geworden sei. Der beschriebene eingeschlagene Weg sorge für Verängstigung und Verunsicherung auf den landwirtschaftlichen und weinbaulichen Betrieben, insbesondere bei der jungen, gut ausgebildeten Generation. Zum Ende ihrer Ausführungen wollte die Agrarpolitikerin dennoch positiv in die Zukunft schauen und stellte angesichts des Verbandsjubiläums fest: „Heute ist der Tag, „Danke“ zu sagen. Wir müssen zusammenstehen und Lösungen gemeinsam in den Blick nehmen. Meine Hand ist ausgestreckt.“ Der BWV-Vizepräsident und Präsident des Weinbauverbandes Mosel Walter Clüsserath sprach dem Ahrweiler Kreisverband in seinem Grußwort die Glückwünsche des Hauptverbandes Rheinland-Nassau aus und griff die von Ministerin Schmitt skizzierte Problematik des Verordnungsentwurfs zur Pflanzenschutzmittelreduktion auf. Er stellte dessen Ziele infrage und betonte: „Wenn einer nachhaltig ist, dann die Bauern und Winzer. Denn es ist für sie unverzichtbar, den Boden gesund und als Lebensgrundlage für die nachfolgenden Generationen zu erhalten.“ Landwirtschaft und Weinbau machten die Menschen satt und sorgten für den Erhalt der Kulturlandschaft. Exemplarisch am Beispiel des Weinbaus machte der Moselweinbaupräsident die drastischen Folgen des von der EU- Kommission formulierten Ziels deutlich. „Ohne Weinbau kommt kein Gast an Mosel und Ahr“, sieht Clüsserath den Tourismus in akuter Gefahr. Nach seiner Einschätzung beginne jedoch gegenwärtig die Grundhaltung zu den Reduktionszielen auf parlamentarischer Ebene in Brüssel zu kippen. Er sah als wesentliche Ursache dafür das permanente Insistieren von Seiten der berufsständischen Interessensvertretung: „Wenn wir den vorliegenden Entwurf wegbekommen, dann ist dies die Arbeit der Verbände.“ Gleichzeitig mahnte der BWV-Vizepräsident in Richtung Landwirtschaft und Weinbau an, auch künftig als geschlossener Berufsstand aufzutreten und warnte vor Aufspaltungen, die die Verhandlungspositionen gegenüber anderen Interessenvertretern und der Politik nur schwächten. Zuvor waren die beiden Gastgeber des Kreisverbandes Ahrweiler und Weinbauverbandes Ahr, Kreisvorsitzender Franz-Josef Schäfer und Weinbaupräsident Hubert Pauly bei ihrer Begrüßung der Mitglieder und Gäste auch auf die Folgen der Flutkatastrophe vom 14./15. Juli 2021 im Ahrtal eingegangen. Nach wie vor wäre die Arbeit des Kreisbauern- und Winzerverbandes Ahrweiler von diesem Ereignis geprägt, stellten die beiden Ehrenamtlichen fest. Sie listeten auf, was sich nach dem einschneidenden Ereignis vor zwei Jahren inzwischen getan habe, beziehungsweise, welche Widrigkeiten für die Betroffenen noch zu beseitigen seien. Die berufsständisch generierten Spendengelder in Millionenhöhe hätten vielen Betrieben in der Anfangszeit nach der Katastrophe entscheidend geholfen, wenngleich auch die Verteilung nach den Worten des Kreisvorsitzenden ein Kraftakt war. „Wir durften feststellen: Geld sammeln ist leicht, es zu verteilen dagegen schwer“, machte Franz-Josef Schäfer deutlich. Aus Sicht der von der Flut stark betroffenen Ahrwinzer sei ein zügig fortschreitender Wiederaufbau insbesondere auch bei der in Teilen noch immer zerstörten Infrastruktur dringend notwendig, um den Tourismus im Ahrtal langfristig zu behalten beziehungsweise neu zu beleben, mahnte Weinbaupräsident Hubert Pauly ergänzend an.