Maibaumstellen und Junggesellentaufe in Reifferscheid
Maibaum in traditioneller Weise mit „Micken“ aufgestellt
Reifferscheid. Der 1. Mai hat im Jahreslauf der Junggesellen eine besondere Bedeutung. In Reifferscheid herrschte schon am frühen Vormittag rege Betriebsamkeit. In der Auffahrt zur Pfarrkirche St. Michael waren die Junggesellen mit dem Aufstellen des Maibaumes befasst. Der Baum, zu Jahresanfang im Reifferscheider Forst in der Nähe von Leimbach geschlagen und dort gelagert, wurde über Adenau nach Reifferscheid transportiert, insbesondere die Auffahrt in die Blankenheimer Straße in Adenau erfordert fahrerisches Geschick, da muss rangiert werden. Allein der Transport ist schon ein vergnügliches Unterfangen, nach einem traditionell arrangierten Frühstück in Adenau geht es über Honerath in den Heimatort. Das erfordert strikte Verkehrssicherheit, von den Junggesellen aus eigenen Reihen gewährleistet.
Kurz vor Reifferscheid steigen sie auf den auf einem Langholzwagen befestigten Baum, „reiten“ so in Reifferscheid ein, singen typische Mailieder. Nach dem Ablassen des Baumes wird er mit einer Birke geschmückt, in den Reifferscheider Farben blau-weiß, am Ende beträgt die Gesamthöhe damit durchaus 30 m oder mehr.
Der Baum wird traditionell von Hand aufgestellt, darauf legen die Junggesellen großen Wert, Muskelkraft und viel Geschick im Umgang mit den sogenannten „Micken“, das sind Paare von Langhölzern, unterhalb der Spitze durch starke Taue verbunden. In die Seilmulde passt der Baum, das dickere Ende steckt in einem betonierten Loch, so wird der Baum unter großem Hallo langsam emporgewuchtet, kleinere Baumstämme verkeilen ihn sicher in der tiefen Ausschachtung. Das kann recht lange dauern, immer wieder ist dabei die Sicherheit aller Beteiligten im Blick. Ein „Brülles“ gibt die Kommandos, Tobias Bohn verstand es die Junggesellen durch lautstarke Kommandos geschickt zu motivieren, da heißt es „hauruck“ oder ähnlich. Drei Paare Micken kamen zum Einsatz, je nach erreichtem Aufstellungswinkel werden sie sachgerecht versetzt.
Nach den Aufräumarbeiten zischt dann das erste Bier, wohlgefällig betrachten die Junggesellen ihr Werk, Applaus aus den Reihen der zahlreichen Zuschauer.
Diese warten auf die folgende recht spektakuläre „Taufe“ neuer Junggesellen, der sogenannten „Frischen“. Diese haben schon einiges an Arbeit geleistet, jetzt gilt es, einzeln und zeitlich nacheinander auf einem spitzen Holzscheit kniend, zunächst lautstark Fragen zu beantworten. Gleich zwei Dosen Rasierschaum werden über die „Frischen“ verteilt, die „Rasur mit dem Beil“ steht bevor, gleich mehrere Eimer des kalten Wassers aus dem Dorfbrunnen ergießen sich in der Folge über die Frischen, ein Schnapsähnliches Gebräu zum Schluß beendet die Zeremonie, bei der ein Taufpate zur Seite steht.
Nach der Prozedur fröhliches Feiern in munterer Runde, Junggesellen und Bewohner genießen den Start in den Mai. Wie in Reifferscheid fanden an zahlreichen anderen Orten ähnliche Feiern statt, die Taufzeremonien unterscheiden sich teils. In einigen Orten, wie in Reifferscheid sind nach wie vor nur Männer im Verein, in anderen haben auch junge Frauen Zutritt.
Der Junggesellenverein feiert in diesem Jahr sein 111-jähriges Bestehen, die Mitgliederzahl von 32 wurde um sieben Frische erhöht. Präsident ist Pascal Dismon, Vizepräsident Noah Hertel, Schatzmeister ist Lars Kläsgen, Schriftführer Markus Retterath, Zeugwart David Schaefer, es gibt drei Beisitzer: Lukas Retterath, Yann Schaefer, Mathis Rothkegel.
Die Junggesellen führen bei offiziellen Veranstaltungen ihre Vereinsfahne mit,
zum 100. Jubiläum haben sie sich das wertvolle Stück gegönnt.