In der Schule am Zehnthof durften Kinder an die Wände malen
Vor dem Abbruch wird die Schule zum Museum
Odendorf. Fast jeder hat es schon einmal heimlich getan, das Kribbeln des Verbotenen im Bauch: Wände, Tische und Klotüren in der alten Schule bekritzelt. In der Schule am Zehnthof ist dies nun offiziell erlaubt. Da die Schule kurz vor dem Abriss steht, entschlossen sich die Lehrerinnen, den Kindern ein besonderes Kunstprojekt anzubieten.
Kommissarische Schulleiterin Isabel Thompson erklärt: „Die Kinder identifizieren sich sehr mit dem Gebäude, daher ist es wichtig, bewusst Abschied zu nehmen. Es ist auch eine einmalige Chance, ein Schulgebäude im Rahmen des Kunstunterrichts in ein Museum umzuwandeln.“
Die kleinen Künstler*innen gestalteten die Wände mit Blumen, Strichmännchen, Herzen, Regenbögen, Europafahnen und vielem mehr. Die etwas älteren Kinder betrachteten die Straßenkunst von Banksy und entwickelten eigene Ideen: Das berühmte „Mädchen mit dem roten Ballon“ lässt hier statt eines Ballons einen Stern oder Teddybär steigen, der Junge mit dem Hammer „zerstört“ den Erste-Hilfe-Kasten oder den Briefkasten der Schule. Ein Fenster wurde mit Ölpastellkreiden zu einem „Richter-Fenster“ umgestaltet, Strichmännchen rennen die Treppe herauf, Steckdosen verwandelten sich dank Permanentstiften in Schweinenasen. Die Schulhunde der kommissarischen Konrektorin Carola Preller bekamen kläffende Artgenossen à la Keith Haring an die Klassentür der Hundeklasse gemalt. „Cool, wir dürfen an die Wände malen!“, freute sich ein Drittklässler aus der Tigerklasse in einer Kunststunde, die er sicher niemals vergessen wird. Zum Abschluss des Schuljahres machten alle Kinder noch einen Handabdruck auf die Außenwand und schrieben ihre Namen dazu – nicht mit dem Kribbeln des Verbotenen im Bauch, aber sicherlich mit einer kribbeligen Freude darüber, der Schule nun ihren ganz eigenen „Stempel“ aufzudrücken.
Nicht nur künstlerisch, auch musikalisch verabschiedeten sich die Kinder vom auslaufenden Schuljahr und vom Schulgebäude. Wie immer schallte am letzten Schultag vor den Sommerferien das Lied „Alte Schule, altes Haus“ durch die Gänge, begleitet von Tränen der Viertklässler*innen. Nun jedoch hat dieses Lied eine breitere Bedeutung: „Alte Schule, altes Haus - du siehst heute anders aus“ (vgl. Rolf Zuckowski). Das Gebäude sieht nun fast wie ein Museum aus! „Und ich geh zum letzten Mal durch deine Tür“ - gilt nun für alle, Kinder und Erwachsene. Sicherlich war auch ein wenig Wehmut dabei - immerhin endet eine mehr als 100-jährige Geschichte des Schulgebäudes der Schule am Zehnthof! Mit den ganzen Kunstwerken ist das in die Jahre gekommene Schulgebäude nun erst recht eigentlich zu schade zum Abriss. Jedoch „Neue Schule, neues Glück“ - alle freuen sich auf den geplanten Neubau an selbiger Stelle. Für die Zeit des Umbaus zieht die Schule in eine neu gebaute Containeranlage um. „Das wird toll- wir ziehen ins Legohaus“ freute sich eine Erstklässlerin aus der Fröscheklasse, als die LKW mit den an riesige Legosteine erinnernden Containern am Schulhof vorbeifuhren. Das Interimsgebäude selbst sieht allerdings nicht wie aus Lego gebaut aus, sondern wie eine ganz normale Schule, in deren „Mauern“ sich die Kinder bald richtig wohl fühlen werden. „Wir sind sehr froh darüber, dass die Gemeinde Swisttal uns eine Containeranlage in hoher Qualität zur Verfügung stellt“, so Isabel Thompson, „und natürlich freuen wir uns alle sehr auf den Neubau, bei dem schon das Gebäude modernen Unterricht unterstützt und Schule noch mehr als gewöhnlich zum Lebensraum werden lässt.“
BA