Veranstaltung der EuropaUnion Mayen-Koblenz mit Prof. Dr. Wolfgang Schroeder
Europa-Wahl: Rechtsruck in Europa?
Kreis Mayen-Koblenz. Nach drei Kandidaten für das Europaparlament, das am 9. Juni gewählt wird, konnte die EuropaUnion Mayen-Koblenz einen renommierten Wissenschaftler zum vierten „Burggespräch“ in diesem Jahr begrüßen: Professor Dr. Wolfgang Schroeder, Lehrstuhlinhaber für Politologie an der Uni Kassel und gebürtiger Mayener, lieferte den zahlreichen Zuhörern in seinem Vortrag einen tiefen Einblick in Charakter und Strategien rechter und rechtsextremer Parteien, die, so ist zu befürchten, im Begriff sind, ihre Stimmenanteile bei der Europawahl deutlich zu vergrößern.
Insbesondere den Strukturen und politischen Zielen der AfD galt Professor Schroeders messerscharfe Analyse: sie lasse sich nach einem stetigen Radikalisierungsprozess in die Reihe rechtsextremistischer europäischer Parteien einordnen, die eine Abschaffung der Europäischen Union zugunsten eines losen „Bundes europäischer Nationen“, zu-gleich aber die Schaffung einer „Festung Europa“ zum Schutz der europäischen Nationen und Kulturen vor Masseneinwanderungen fordern. Die AfD nutze wie keine andere Partei in Deutschland die Verunsicherung der Wähler durch anhaltende Krisensituationen („Poly-Krise“: Migration, Klimakrise, Corona-Krise, Kriegsszenarien in der Ukraine und im Nahen Osten, Wirtschaftskrise und fortwährende Koalitionsstreitigkeiten) - es werde das Bild eines „Kulturkampfes“ beschworen, wonach der Untergang des Landes durch Überfremdung und Super-Liberalismus drohe. Diese Partei biete einfache Antworten auf komplexe Problemstellungen, setze auf Angst, auf Untergangsszenarien, auf Nostalgie und Pessimismus.
Die Abkehr vom grundgesetzlichen Gleichheitsgrundsatz, wie dies in den Vorstellungen von ethnisch homogenen („völkischen“) Nationalstaaten und der Ungleichwertigkeit nicht-einheimischer Menschen zum Ausdruck komme, belege eine grundlegende Verfassungsfeindschaft weiter Teile der Partei, eine Bewertung, die mit der jüngsten Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Münster zur Einstufung der AfD als „rechts-extremistischer Verdachtsfall“ übereinstimmt.
Die Auswirkungen der politischen Forderungen der AfD auf die Lebenswirklichkeit der Bürger – übrigens ja auch ihrer eigenen Wähler - beleuchtete der Referent u.a. am Beispiel der Pflege: wer werde die Senioren pflegen, wenn es keine Menschen mit Migrationshintergrund mehr in Deutschland geben sollte?
Auch auf die Fragen nach dem Profil der AfD-Wählerschaft sowie nach den Ressourcen der AfD ging Professor Schroeder ein, für den Umgang mit der Partei verwies Schroeder auf das in der Verfassung angelegte Prinzip der „wehrhaften Demokratie“, das letztlich auch ein Parteienverbot ermögliche – hier zeigte sich der Wissenschaftler jedoch eher zurückhaltend, da ein Scheitern des langwierigen Verbotsverfahrens eher zu einer Stärkung der Partei führen könne: es gelte vielmehr, die AfD inhaltlich zu stellen und sich nicht von „rechtsaußen“ treiben zu lassen.
Anhaltender Beifall dankte dem Referenten für die glasklare Analyse und die Ermutigung, im öffentlichen Raum wie im privaten Bereich Haltung zu zeigen gegenüber menschen-verachtenden und verfassungsfeindlichen Aussagen und Handlungen.
Pressemitteilung
EuropaUnion Mayen-Koblenz