Leserbrief zu „Kein kollektives schlechtes Gewissen einreden“ in BLICK aktuell 41/23
Mit demokratischen Werten nicht vereinbar
Den Aussagen des Herrn Chriske in Ausgabe 41/23 muss entschieden widersprochen werden. Sie sind falsch und mit unseren demokratischen Werten nicht zu vereinbaren.
Man dürfe den jungen Menschen nicht „den Holocaust um die Ohren schlagen“, denn das sei so, wie „ihnen einen Mühlstein um den Hals zu hängen“. Man beachte die unsinnige Wortwahl: Durch den Besuch eines KZ schlägt man ja niemandem den Holocaust um die Ohren. Und ebenso wenig Sinn ergibt der Vergleich mit einem um den Hals hängenden Mühlstein.
Ich war selbst mit Schulklassen nach entsprechender Vorbereitung in den KZ-Gedenkstätten Buchenwald oder auch Natzweiler Struthof. Allein in Buchenwald sind etwa 266 000 Menschen von deutschen SS-Soldaten ermordet worden. Ich weiß, wie wichtig und fruchtbar die Auseinandersetzung mit der Schande des Holocaust für ältere Schülerinnen und Schüler sein kann.
Es ebnet den Weg zur Erkenntnis für die Bedeutung und auch zugleich Bedrohung der Demokratie heute: Würde des Menschen, Menschenrechte, Gewaltenteilung, Freiheit gegen Diktatur, freie Wahlen, usw.
Der Schreiber relativiert den Holocaust, indem er ihn mit Kriegen vergleicht, mit dem Vietnam-Krieg oder den Opium-Kriegen in China etwa. Das ist ein zutiefst falscher Vergleich. Sein Antiamerikanismus bringt ihn dann dazu, von den Millionen Toten durch die „amerikanischen Freunde“ (ja, in Anführungszeichen) zu sprechen, die er für ähnlich schlimm hält wie den Nationalsozialismus. Kann man Tote durch Genozid mit Kriegstoten verrechnen? Und haben uns die Amerikaner nicht letztlich vom Nationalsozialismus befreit?
Auch sollten nach ihm die Schüler nicht mit der Geschichte der Kolonialkriege der Europäer bekannt gemacht werden, weil er das für „sinnentleert“ hält, ohne Gründe zu nennen. Eine kuriose Geschichtsauffassung, das ist doch ein Teil unseres historischen Erbes.
Er erwähnt nicht, dass mit Holocaust der von der deutschen nationalsozialistischen Führung fabrikmäßig geplante und durchgeführte Völkermord an ca. sechs Millionen europäischer Juden gemeint ist; abgesehen davon, dass dieselben Verbrecher den 2. Weltkrieg begannen haben, wobei mehr als 50 Millionen Menschen den Tod fanden.
Gut ist, dass das an deutschen Schulen gelehrt wird, so können politisch und historisch gebildete Bürgerinnen und Bürger heranwachsen, die die zarte Pflanze Demokratie schützen wollen und sie nicht für selbstverständlich halten.
Manfred Schunk,
Löf