„Sollte ein KZ-Besuch verpflichtend sein?“ in BLICK aktuell 39/23
„Treffen mit Überlebenden erfolgreicher“
Ich stimme dem Beitrag Contra zu: nur eine von mehreren Optionen.
Schon vor Jahren hat ein Vorsitzender des Zentralrates der Juden in Deutschland einen verpflichtenden KZ-Besuch gefordert. Ihm habe ich damals ähnlich geschrieben. Ich bin nicht mit dem vollen Inhalt des Contra-Beitrages einverstanden, aber ich bin gegen Zwang.
Seit über 20 Jahren gehe ich mit Holocaustüberlebenden in Schulen, soweit überhaupt noch Zeitzeugen auf Grund Ihres Alters und gesundheitlichen Zustandes in der Lage sind, diese Belastung auf sich zu nehmen. Mir erscheint diese persönliche Erfahrung mit einem Holocaustüberlebenden erfolgreicher als ein Besuch in einer Gedenkstätte.
Wir sollten auch nicht von einem KZ-Besuch sprechen, sondern von einer Gedenkstätte. Ich bin nicht gegen einen Besuch, er kann aber nur eine weitere Möglichkeit sein, sich mit diesem Thema hautnah auseinanderzusetzen.
Dafür ist aber eine gründliche Vorbereitung Voraussetzung. Auch bei den Schulbesuchen mit Zeitzeugen muss eine intensive Beschäftigung mit dem Holocaust vorausgehen. Allerdings scheint das Interesse in den Schulen nicht immer groß zu sein. Bei einigen warte ich noch immer auf Rückmeldungen.
In dem Contra-Beitrag wird auch auf Filme hingewiesen. Eine Zeitzeugin aus Israel, mit der ich in vielen Schulen war, hat über ihr Leben einen Video-Film „Holocaust light - gibt es nicht!“ erstellt mit den darin festgehaltenen Aussagen „Auschwitz? Kenne ich nicht“ und „Es muss jetzt auch mal gut sein!“ und „Wie lange sollen wir denn noch die Bösen sein?“, den ich auch schon in Schulklassen gezeigt und anschließend darüber mit den Schülern diskutiert habe.
Ebenso hat eine von mir betreute Holocaustüberlebende ein Buch geschrieben „Willst du meine Mutter sein? Eine Kindheit im Schatten der Schoah“, das auch im Unterricht eingesetzt werden kann.
Zwei Gedenkstätten in Rheinland-Pfalz sind Hinzert und Osthofen. Hinzert ist pädagogisch sehr gut aufgemacht. Osthofen kenne ich nur mittels eines guten Vortrages. Die von mir besuchte Euthanasie-Gedenkstätte Hadamar in Hessen wird von einigen Schulen besucht. So weit mir bekannt ist, werden Besuche dorthin finanziell unterstützt.
Udo J. Winkler,
Neuwied