Politik und Bürger bemängeln Informationspolitik von Süwag und SGD zur Stauanlage Altwied
In Altwied droht eine ökologische Katastrophe
Neuwied-Altwied. Wegen der von der Struktur- und Genehmigungsdirektion (SGD) Nord verfügten Untersuchung der Staumauer und der begonnenen Trockenlegung der Stauanlage in Altwied hatte das politische Bündnis für Neuwied Donnerstagabend zu einer Informationsveranstaltung eingeladen. Die Hoffnung der Bürger/innen, Antworten auf brennende Fragen zu erhalten, mussten CDU-Chef Martin Hahn und Oberbürgermeister Jan Einig gleich zu Beginn enttäuschen. Weder Vertreter des Wasserkraftwerk-Betreibers Süwag noch der SGD waren der Einladung ins Altwieder Bürgerhaus gefolgt. Martin Hahn versprach, umgehend mit SGD-Präsident Wolfgang Treis Kontakt aufzunehmen, denn nach Ansicht von Umweltschützern droht eine ökologische Katastrophe.
„Seit Montag werden zwei Zentimeter Wasser pro Stunde abgelassen. Das ist viel zu schnell“, kritisierte Frank Sterz. Der Vorsitzende der Angelsportfreunde Altwied e.V. berichtete, dass zwar Fische kurzfristig anderweitig untergebracht werden können. Dies jedoch nur in sehr geringer Anzahl. Er sprach von tonnenweise Biomasse, die zugrunde geht. Darunter Organismen und Lebewesen, die im tiefen Wasser und in den Sedimenten leben. Unter anderem Aale, Krebse und geschützte Muscheln. Andere Besucher berichteten von seltenen Vögeln und Amphibien, die praktisch über Nacht ihres Lebensraums beraubt werden und elendig verenden. Ein in der Vogelkunde bewanderter Altwieder stellte in Frage, ob die kanadischen Fluggänse demnächst auf dem Trockenen eine Bruchlandung erleiden.
Entwicklung begann schon vor acht Jahren
Doch wie kam es zu all dem? Martin Hahn berichtete, dass die Süwag alle zwanzig Jahre zu einer vertieften Überprüfung verpflichtet sind. Die 2016 begonnene Überprüfung verlief buchstäblich im Sande. Weil sich rund 2.500 Kubikmeter Schlamm an der Staumauer aufgetürmt haben, ist diese schlichtweg nicht auf Risse oder etwaige andere Schäden zu untersuchen.
Erst 2023 kam Bewegung in die Sache. Ortvorsteherin Christine Seelbach-Neuer erinnerte an die große Verunsicherung der Altwieder bzgl. der Sicherheit der Wehranlage, in Kombination mit verstärkt auftretenden Starkregenereignisse. Ortsvorsteherin Liane Herbst und allen voran Günter Pittig bauten seinerzeit mittels einer Petition Druck auf. Über den Oberbürgermeister wurde der Kreisbeigeordnete Michael Mahlert alarmiert. Der Landkreis ist zuständig für die Wied, ein Gewässer zweiter Ordnung. Die Kreisverwaltung kontaktierte die SGD. Nachdem die Stadt Neuwied ebenfalls Druck machte, verfügte SGD-Präsident Wolfgang Treis Anfang Juli, wegen Gefahr im Verzug, die Absenkung des Wassers.
Anfang dieser Woche war es dann so weit. Mit Hinblick auf die Natur ging das vielen Altwiedern dann doch viel zu schnell: „Erst geschieht jahrelang nichts und dann muss die Entleerung innerhalb weniger Tage geschehen“, echauffierte sich eine Anwohnerin. Andere Bürger monierten, dass der Betreiber gut mit Wasserkraftwerk verdient, aber jahrelang nichts in die Sicherheit des über einhundert Jahre alten Bauwerk investierte.
Zwar hat die SGD in ihrer Verfügung festgeschrieben, dass eine ökologische Baubegleitung erforderlich ist. „Die Experten kannten nicht mal die Wied“, berichtet Frank Sterz vom Erstkontakt. Denn das beauftragte Ingenieurbüro Dr. Kübler sei erst kurzfristig hinzugezogen worden. Einzig die avisierte Entschädigung der Süwag hob der Vorsitzende des Angelvereins positiv hervor. Wenngleich bei ihm und den Mitgliedern die Sorge um die zukünftige Ausübung des Hobbys im Vordergrund stünde. Zumal der Fürst auch noch die Pacht für das Angeln in der Wied ab kommendem Jahr erhöht.
Ruder-Kids auf dem Trockenen
Immer wieder stand die mangelnde Kommunikationspolitik der Süwag und der SGD an diesem Abend in der Kritik der Bürger/innen. Eine Ausnahme stellte der GTRVN da. Jahrelang hätte der Nachwuchs in guter Kooperation mit den Anwohnern und Anglern auf der Wied trainieren können. Damit sei es nun vorbei. Ulrich Groß berichtete, dass die Süwag den Ruderverein bereits zeitig am vorvergangenen Montag über die Situation informiert hätte. Das Unternehmen habe den Schwimmkörper des Stegs in Richtung Laubachsmühle gebracht. In Ermangelung des Trainingsgewässers appellierte der Vorstand an Jan Einig, bei der Suche nach einem Ausweichgewässer zu helfen. Zwar zeigte sich der Oberbürgermeister diesbezüglich wenig optimistisch, versprach aber, bei den zuständigen Behörden nach einer Ausnahme auf potenziellen aber umwelt- und wasserrechtlich geschützten Seen, zu fragen.
In der abschließenden Fragerunde berichtet Bernhard Reuter, dass die Wehranlage 1912 von der Firma Boesner zur Stromerzeugung errichtet worden war und später an die Süwag verkauft wurde. Der anwesenden Politik und SWN-Aufsichtsräten schlug der Heddesdorfer vor, die städtische Tochter möge das Wasserkraftwerk kaufen. Mit diesem neuen Geschäftszweig könnten die SWN nachhaltig Energie produzieren und die Neuwieder hätten, im Gegensatz zur Süwag, die Verantwortlichen gleich vor Ort. FF