Bürgerinitiative Energiewende Neuwied
„Flächen hätten nie an die SWN übertragen werden dürfen“
Neuwied. Am 4. September entschied der Stadtrat der Stadt Neuwied mehrheitlich positiv über die Beschlussvorlage VO_0088_24. Mittels der Einlage von insgesamt 70 Hektar städtischer Waldflächen in das Gesellschaftsvermögen der SWN soll die Realisierung von Windenergieanlagen durch das Unternehmen möglich gemacht werden. Dazu wurde beschlossen, zehn Teilflächen von je sieben Hektar Größe an die SWN zu übertragen. Jede dieser Teilflächen ist als Potentialfläche zur Erzeugung von Windenergie ausgewiesen. Mit diesen Flächen soll das Kapital der SWN erhöht werden.
Doch liegen fünf der zu überschreibenden Flächen in der „Pufferzone“ der UNESCO-Welterbestätte „Grenzen des Römischen Reiches“. Noch im Juli berichteten Zeitungen und SWN ausführlich darüber, wie gut Windenergieerzeugung und Denkmalschutz miteinander vereinbar seien. Der Stadtrat hat am 4. September also der zweckgebundenen Übertragung von Flächen zugestimmt, obwohl von vornherein klar ist, dass es sich bei der Hälfte der zu übertragenden Flächen gar nicht um Potentialflächen handelt, da diese aus Gründen des Denkmalschutzes für die Windenergiegewinnung nicht infrage kommen. Wie und warum über eine Beschlussvorlage entschieden werden konnte, die auf falschen bzw. veralteten Tatsachen gründet, ist zu klären. Denn ein Beschluss, dessen Beschlussgrundlage nicht korrekt ist, ist ohne rechtlich bindende Relevanz.
Vorgeschichte des Ratsbeschlusses
Der Beschlussvorlage VO_0088_24, über die der Stadtrat am 4. September positiv entscheid, war Ende April eine Absichtserklärung (Beschlussvorlage VO_1685_24) vorausgegangen. Ziel dieses Beschlusses war es, die Übertragung städtischer Waldflächen zur Kapitalerhöhung an die SWN vorzubereiten, zum Zweck der Windenergieerzeugung auf diesen Flächen. Beschlussvorlage VO_1685_24 vom 8. April wies acht mögliche Standorte für Windenergieanlagen (WEA) im „Heimbacher Wald“ (Gemarkungen Gladbach, Heimbach und Weis) aus, deren Prüfung jedoch noch ausstand. Alle acht potentiellen Standorte lagen auf städtischen Grundstücken, die zu einem späteren Zeitpunkt den SWN übertragen werden sollten. Die insgesamt ins Auge gefasste Fläche betrug 40 bis 50 Hektar („inkl. Sicherungszuschlag bei Verschiebung der WEA“).
Zum Zeitpunkt der Beschlussvorlage VO_1685_24 lag noch keine abschließende Detailplanung für die Standorte vor. Im Juli trafen sich dann Vertreter der SWN, der Windkraftplaner Caeli und der Generaldirektion Kulturelles Erbe (GDKE) Rheinland-Pfalz vor Ort. Nach Abgleich der bis dahin geplanten Flächen mit den Schutzzonen des Limes musste die Zahl der potentiellen Standorte für WEA nach unten korrigiert werden. Hierzu existiert eine umfassende Berichterstattung in der lokalen Presse und – besonders ausführlich – in einem Blog der SWN (Eintrag 15. Juli). Den SWN und Caeli sind also die Einschränkungen hinreichend bekannt, der breiten Öffentlichkeit auch. Auch werden diese Fakten dem Aufsichtsrat der SWN bekannt sein sowie der Verwaltung der Stadt.
In dem erwähnten Blog-Eintrag berichten die SWN mit einigem Stolz darüber, wie einvernehmlich sich Windenergieerzeugung und Denkmalpflege vereinbaren ließen, obgleich der Wegfall einiger Anlagen es den SWN „schwieriger“ mache, „den künftig benötigten Strom selbst zu erzeugen.“ Vier der (bis dahin ins Auge gefassten acht?) Anlagen lagen in der geschützten „Pufferzone“ der Welterbestätte, so die Meldungen. Die Standorte zweier möglicher Anlagen ließen sich verschieben, lagen dann aber auf Privatgrund, während zwei weitere Standorte gänzlich wegfielen. Wenn man noch von dem ursprünglichen Planungsstand in Beschlussvorlage VO_1685_24 ausgeht, sollte sich die Zahl der möglichen WEA folglich von acht auf sechs reduziert haben, von denen vier auf städtischen Grundstücken lägen. Vielleicht aber war kurz vor dem Ortstermin noch eine weitere, also eine neunte, Potentialfläche identifiziert worden, denn eine Karte in dem genannten Blog-Eintrag der SWN weist hier – in Rot umfahren – fünf Anlagen auf städtischen Grundstücken im Heimbacher Wald aus. Angesichts dieser Entwicklung wundert es also, wieso die am 4. September beschlossene Flächenübertragung gemäß Vorlage VO_0088_24 zehn Potentialflächen ausweist, und die Übertragung eine deutlich größere Fläche (insgesamt 70 Hektar: sieben Hektar je WEA) umfasst, als noch im April geplant. Angesichts des vorausgegangenen Wegfalls von möglichen Standorten bedarf dies einer Erklärung!
Aufhebung des Ratbeschlusses gefordert
Vergleicht man alle öffentlich zugänglichen Karten aus den unterschiedlichen Planungsstadien, zeigt sich, dass fünf der zehn ausgewiesenen Standorte im Bereich der „Pufferzone“ der Welterbestätte liegen. Es sind dies die Nummern 1, 5, 6, 9 und 10 der Karte auf Seite 3 der VO_0088_24. Mit anderen Worten ausgedrückt bedeutet dies: Bei fünf der zehn ausgewiesenen Flächen war bereits zum Tag der Abstimmung im Stadtrat klar, dass hier keine WEA errichtet werden können. Es handelt sich also eindeutig nicht um Potentialflächen. Das bedeutet auch, dass diese Flächen mit dem ausdrücklichen Ziel der Errichtung von WEA nie an die SWN hätten übertragen werden dürfen, zumal diese Übertragung dem Zweck der Prüfung für eine spätere Errichtung von WEA dient.
An dieser Stelle bedarf es nicht nur einer Klarstellung, sondern wahrscheinlich auch der Aufhebung des Stadtratsbeschlusses vom 4. September. Erst nach Vorlage einer korrekten Unterlage dürfte erneut über den Fortgang des Vorhabens zu entschieden sein.
Pressemitteilung
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