Standing Ovations für einen großen Liberalen

Hans-Dietrich Genscher Stargast beim FDP-Treffen im Ahrtal

11.06.2013 - 09:31

Kreis Ahrweiler. Viel Prominenz konnten der FDP-Kreisvorsitzende Ulrich van Bebber und seine Stellvertreterin Christina Steinheuer am Samstag im Hotel Lochmühle zwischen Mayschoß und Ortsteil Laach begrüßen. Neben dem ehemaligen Außenminister Hans-Dietrich Genscher waren der Bundesentwicklungsminister Dirk Niebel, der stellvertretende Vorsitzende der FDP im Europaparlament Michael Theurer und der geschäftsführende Vorstand der Friedrich-Naumann-Stiftung Rolf Berndt sowie rund 220 Liberale aus Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg und Bayern ins Ahrtal gekommen. Die Idee der vom FDP-Kreisverband gemeinsam mit Theurer gestarteten und von Niebel unterstützten Initiative war es, die Liberalen Regionen übergreifend in lockerer und ungezwungener Atmosphäre zum Gespräch und zum gemeinsamen Austausch zusammenzubringen.

„Alle Teilnehmer waren von der Veranstaltung begeistert. Wir werden ein solches liberales Treffen in jedem Fall wiederholen“, so das zufriedene Resümee des FDP-Kreisvorsitzenden van Bebber. Und seine Stellvertreterin ergänzte: „Es ist viel zu schade, sich nur bei Parteitagen zu treffen. Der Gedankenaustausch in einem solch schönen Rahmen wie dem Ahrtal schafft Gemeinsamkeit und motiviert für die Bundestagswahl“, sagte Christina Steinheuer.

Der Tag im Ahrtal und das Programm spannten für die Gäste den Bogen von der Bonner Republik und der damit verbundenen deutschen Geschichte bis hin zur Kultur des Weinbaus. Am Vormittag hatten die Liberalen zusammen mit dem Vorsitzenden der FDP im Europäischen Parlament, Alexander Graf Lambsdorff und dem Präsidenten der europäischen Investitionsbank in Luxemburg, Staatsminister a.D. Dr. Werner Hoyer, das alte Bundeskanzleramt mit dem historischen Kabinettssaal und dem Kanzlerbungalow besucht.

Am Nachmittag stand die Besichtigung des ehemaligen Regierungsbunkers im Ahrtal auf dem Programm. „Ich war unglaublich beeindruckt von der Anlage“, berichtete Dr. Wolfgang Allehoff, stellvertretender Vorsitzender des Stuttgarter FDP-Kreisverbands. „Es ist heute verrückt, wenn man bedenkt, dass die Regierungsmitglieder ohne Familien hier 30 Jahre verbringen sollten, um dann wieder an die Oberfläche einer zerstörten Welt zu treten.“


Weinfest mit Genscher


Das Weinfest am Abend bildete den zünftigen Abschluss des ereignisreichen Tags - ebenfalls an einem historischen Orte der Bonner Republik, dem Hotel Lochmühle. Hier trafen sich und tagten, als Bonn noch Bundeshauptstadt war, viele bekannte Politiker wie Konrad Adenauer, Charles de Gaulle, Willy Brandt und viele mehr. Allen voran natürlich der langjährige Außenminister Hans-Dietrich Genscher. Der in Halle an der Saale geborene heute 86-jährige ist der Bonner Region treu geblieben und hatte mit Frau Barbara nur eine kurze Anreise von Wachtberg-Pech aus.

Der Heimat seiner Jugend galten an diesem Abend seine ersten Worte: „Meine Gedanken gehen an Elbe, Saale und Mulde“, sagte er angesichts der Flutkatastrophe dieser Tage im Süden und Osten Deutschlands. „Hoffen wir, dass es hier noch glimpflich abgeht.“ Bei allem Unheil zeige die Flut aber auch „große Beispiele menschlichen Zusammenstehens, Solidarität und Hilfsbereitschaft“ in Zeiten von oft „bösem Egoismus“.

Von der Flutkatastrophe spannte Genscher den Bogen zu einem weiteren aktuellen Problemfeld: Europa. Er appellierte wie eh und je mit eindrücklichen, emotionalen und klugen Worten an die Anwesenden: „Es wird uns Deutschen auf Dauer nicht gut gehen, wenn es den anderen Europäern schlecht geht. In der globalisierten Weltnachbarschaftsordnung müssen wir unsere Verantwortung als Deutsche erkennen.“ Und er ergänzte: „Europa ist unsere Zukunft, wir haben keine andere. Darauf müssen wir darauf drängen, seine Schwächen zu überwinden, vor allem die Wettbewerbsschwäche.“

Der ehemalige Innen- wie Außenminister, von 1969 bis 1992 fast ununterbrochen in der Regierung, lobte die Rolle Deutschlands nach dem Zweiten Weltkrieg, als das Land mit großer Bescheidenheit aufgetreten sei. Auch dadurch habe es sich ein großes Gewicht in der Welt erworben, das mit einer hohen Verantwortung verbunden sei. Daher sei es auch zu verurteilen, dass „Deutschland und Frankreich als erste die Schuldengrenzen durchbrochen“ hätten. „Man muss sich nicht wundern, dass dies heute auch andere tun.“

Mit feurigen Worten endete seine Rede: „Priorität hat für uns heute: Bildung, Bildung und noch mal Bildung. Das ist alles, was wir haben. Wir besitzen kein Erdöl, keine Bodenschätze, kein Gold, wir haben nur die Fähigkeit unserer Kinder“, rief er den Anwesenden zu. Seine Worte waren kaum verklungen, da erhob sich der gesamte Saal zu Ehren des FDP-Ehrenvorsitzenden - ein bewegender Moment für alle Anwesenden.


„Euro verteidigen“


Auch Vorsitzender des Haushaltskontrollausschusses des Europäischen Parlaments, Michael Theurer, widmete sich dem Thema Europa. „Meine Sorge ist: Europa und die europäische Idee werden in Misskredit gebracht.“ Dabei sei gerade der Fall der Grenzen ein großer historischer Erfolg. „Die Eurokrise ist nicht durch den Rückfall in nationale Egoismen zu lösen, sondern durch föderale, dezentrale liberale Strukturen. Lassen Sie uns diesen Euro verteidigen“, forderte der 46-Jährige die Anwesenden auf. „Er ist nicht das Problem, sondern es sind die Strukturschwächen der einzelnen Länder.“ Ein kleines Bonmot hielt er am Ende für die Zuhörer noch bereit: „Von allen Kreisvorsitzenden ist keiner so clever, wie hier in Ahrweiler Ulrich van Bebber“, quittiert von großer Heiterkeit im Saale.

Bundesentwicklungsminister Dirk Niebel erinnerte sich an einen Besuch um die Jahrtausendwende im Kreis Ahrweiler, als er sich zusammen mit van Bebber dem Thema Obstbau widmete. „Denn hier gibt es noch andere landwirtschaftliche Produkte zu vermarkten, nicht nur den Wein.“ Letzterer sei für die Region allerdings schon immer von zentraler Bedeutung gewesen - nicht zuletzt sei der „Genuss von Ahrwein entscheidungsfördernd“ bei manchem Politiktreffen in der Lochmühle gewesen, fügte van Bebber an. Landrat Dr. Jürgen Pföhler zog sogar den Vergleich der hiesigen Rebenerzeugnisse mit der FDP: „Beide zählen zu den Kleinen und mussten sich im Wettbewerb gegen Große durchsetzen.“ Gerade van Bebber sei seit vielen Jahren ein „liberaler Fels im schwarzen Meer“ des unionsgeprägten Kreises Ahrweiler.

Den gemütlichen Teil des Abends mit dem Dinner sowie Liedern des jungen, begabten Tenors Björn Adam und Melodien von Walter Bungard und seiner Mary Castle Jazz Band eröffnete die frischgebackene Ahrweinkönigin. In flotten Worten pries Jennifer Knieps aus Walporzheim die „kulinarische Vielfalt“ an der Ahr und stimmte die Anwesenden mit einem Trinkspruch auf die weiteren Stunden ein.

Zuvor jedoch stand noch einmal der FDP-Ehrenvorsitzende im Mittelpunkt. Christina Steinheuer überreichte Hans-Dietrich Genscher als kleines Dankeschön für sein Kommen ein Werk von Theodor Heuss, der sich in seiner Dissertation 1905 mit dem Thema Weinbau und Weingärtnerstand befasst hatte, mit den Worten: „Das Werk eines großen Liberalen für einen großen Liberalen!“

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K. Schmidt:
Man muss Herr Samed nicht in all seinen Sichtweisen zustimmen, und gerade zum Klima(wandel) hat ja heute eh jeder seine eigene, unverrückbare Meinung, nur: Überliefert und wissenschaftlich untermauert sind eben auch die Hochwasser an der Ahr vom 21. Juli 1804 (63 Tote) und 13.06.1910 (danach wollte...
Amir Samed :
Es ist allein anhand der drei Ereignissen 1804, 1910 und 2021 unübersehbar, dass solche extremen Hochwasserkatastrophen an der Ahr immer wieder vorkamen und wahrscheinlich auch in Zukunft stattfinden. Ganz egal was man den Menschen heute auch zum “Klimaschutz” erzählen mag....
Amir Samed:
Nun ist grundsätzlich nichts dagegen zu sagen, wenn sich Parteien auf einen fairen und respektvollen Umgang miteinander verständigen. Das gab es schon häufiger. Es ist aber interessant, wer in diesen Verhaltenskodex-Klub eingeladen wird und wer nicht. Wer zertifiziert Demokratinnen und Demokraten? Wer...
Maria Anna Hartmann:
Sogar der OB, David Langner, war in Neuendorf zum Gespräch vor Ort. Mir erscheint die SPD auf Augenhöhe mit den Bürgern und Bügerinnen hier zu sprechen und nicht "von oben herab". Viel mehr habe ich den Eindruck, dass die AfD-Vertreter hier Zeit haben und Kontakte nutzen, um Ressentiments gegen Menschen...
Rolf Weber:
Ich bezweifle stark, dass sich die AfD jetzt zur Arbeiter- und Arbeitnehmerpartei entwickelt. Vielmehr vermute ich, dass das Ergebnis in den linksrheinischen Stadtteilen auf die hohe Frustration der Bürger zurückzuführen ist. Die "alten" Parteien haben diese Stadtteile in den letzten Jahren einfach...
Amir Samed :
Mit moralischer Dauererregung lässt sich keine schlechte Regierungsleistung überdecken. ‚Gegen rechts‘ ist keine Politik. Wähler kreuzen nicht AfD an, weil sie sich die Rückkehr des Nationalsozialismus wünschen, sondern eine Politik, die sich wieder der zentralen Probleme im Land annimmt. Klimaangst...
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