Andreas Lambeck im Interview mit BLICK aktuell

Ahrtal: Der Wow-Effekt des Wiederaufbaus

27.06.2024 - 10:23

Bad Neuenahr-Ahrweiler. In wenigen Wochen liegt die Flutkatastrophe im Ahrtal drei Jahre zurück. Seither ist in Bad Neuenahr-Ahrweiler und dem Ahrtal viel geschehen und der Wiederaufbau geht stetig voran. Andreas Lambeck ist seit April diesen Jahres einer der drei Geschäftsführer der Ahrtal und Bad Neuenahr-Ahrweiler Marketing GmbH. Im Gespräch mit BLICK aktuell schildert Lambeck seinen ganz persönlichen Ansatz zum Wiederaufbau. Für ihn steht fest: Aus dem derzeitig teilweise vorhandenen Frust kann Stolz werden. Und der Wiederaufbau ist eine riesige Chance, die vernünftig vermarktet werden will.

BLICK aktuell: Herr Lambeck, bald jährt sich die Flutkatastrophe zum dritten Mal. Wie schätzen Sie die aktuelle Situation im Ahrtal und in Bad Neuenahr-Ahrweiler ein?

Andreas Lambeck: Die Stimmungslage bei den Bewohnern im Ahrtal ist gemischt. Von Aufbruchstimmung bis zur depressiven Stimmungslage ist die gesamte Bandbreite vertreten. Der Wiederaufbau im Ahrtal schreitet in unterschiedlichem Tempo voran. Je nach Ort und den individuellen Umständen ist die reale und gefühlte Entwicklung sehr unterschiedlich.Die Stadt Bad Neuenahr-Ahrweiler möchte die Bevölkerung der Stadt mit der mehrjährigen Kampagne #wiederbunt positiv abholen, aufklären, motivieren und Akzente für die Zukunft setzen. Zielgruppe ist hier die eigene, städtische Bevölkerung und weniger die lebensnotwendigen Touristen und Besucher.

BLICK aktuell: Wie wollen Sie das Ahrtal in den kommenden Jahren „verkaufen“?

Lambeck: Ziel muss sein, aus der aktuellen Situation eine positive, bundesweite Kommunikation des Wiederaufbaus des Ahrtals zu entwickeln. Aber nicht nur eine Kommunikation! Schlichtweg muss aus der „Not eine Tugend“ gemacht werden und den Wiederaufbau dazu nutzen einzigartige und spannende Geschichten zu erzählen und auch haptisch vor Ort erlebbar zu machen. Mit solch einem Wow-Effekt sorgen wir für erstaunte und überraschte Gesichter bei den Besuchern. Wir lassen die Gäste am Prozess des Wiederaufbaus teilhaben und sorgen so für noch größere emotionale Verbundenheit zur Region.

BLICK aktuell: Wie könnte ein inhaltlicher Ansatz für dieses Vorhaben aussehen?

Lambeck: Der inhaltliche Ansatz ist bereits gegeben. Der Wiederaufbau im Ahrtal ist eine der größten und umfassendsten Bauregionen in Deutschland – mit einem Volumen von mehr als 15 Milliarden Euro. Eine ganze Region wird von der Bahn bis zur Therme neu entstehen. Von Hotels bis zu Ortskernen - alles wird komplett neu aufgebaut. Hier entsteht auf alle Ebenen, in allen Segmenten und Bereichen etwas Neues und genau dieser Prozess fasziniert und erstaunt die Menschen. Das gilt für private und gewerbliche Infrastruktur bis hin zum Weinwirtschaft mit seiner Kulturlandschaft.

BLICK aktuell: Wie beurteilen Ihrer Meinung die Einheimischen die Situation?

Lambeck: Viele Einheimische stellen sich die Frage „Wer soll uns jetzt besuchen kommen?“ und erkennen dabei nicht, was alles schon wieder vorhanden ist, sehen nicht die rund 1.200 Veranstaltungen im Ahrtal pro Jahr und spüren teilweise nicht, dass der Wiederaufbau einer ganzen Region mit tausenden von Baustellen und Projekte eine einzigartige Gesamtstory für Gäste und Besucher darstellt. Und diese Story ist nicht nur spannend, sondern auch eine Geschichte, die man einzigartig präsentieren und überregional wie auch vor Ort erzählen kann. Es geht in den nächsten zehn Jahren nicht darum, die Flutkatastrophe und damit verbundenen Schicksale emotional „zu vermarkten“. Es geht auch nicht darum Mitleid zu erhalten, sondern die Faszination „Aufbruchstimmung, Wiederaufbau und Zukunft“ aktiv erlebbar zu machen und spannende Geschichten vor Ort zu erzählen. Es ist im Grunde der nahtlose Anschluss an die „we Ahr Open“-Kampagne, nicht nur konsequent weiterentwickelt, sondern insbesondere den Wiederaufbau auch vor Ort für Gäste erlebbar zu machen. Dieser konzeptionelle Ansatz hat die einzigartige Chance eine Aufbruchstimmung auch innerhalb der Bevölkerung im Ahrtal zu erreichen. Ziel muss sein, dass der „Ahrtaler“ stolz auf den Wiederaufbau ist und stolz darauf ist, was jeder einzelne leistet. Stolz darauf ist, was hier für die Zukunft entsteht. Zukünftig gibt es zahlreiche Touren zu Fuß, per Bahn, per Bus und Fahrrad, die den Wiederaufbau vor Ort erlebbar machen. Natürlich kann auch hier ein Stück „Erinnerungskultur“ mit eingebunden werden, um die Narben der Vergangenheit nicht zu vergessen. Das gilt auch für Vorträge von verschiedenen örtlichen Institutionen, die komplett mit eingebunden werden und jeweils mit inhaltlich spannenden Veranstaltungen beitragen.

BLICK aktuell: Wie könnte eine Zusammenarbeit mit den anderen Wiederaufbau-Gesellschaften aussehen?

Lambeck: Beim „Wiederaufbau Tourismus“ soll es zu einer engen Zusammenarbeit mit den Wiederaufbau-Gesellschaften Zukunft Mittelahr und der Aufbau- und Entwicklungsgesellschaft Bad Neuenahr-Ahrweiler kommen. Die erfolgreiche Arbeit beider Gesellschaften soll im Rahmen des „Wiederaufbau Tourismus“ eingebunden werden. Im Grunde nach sollen auch die Maßnahmen der #wiederbunt-Kampagne als Kommunikation nach innen im Konzept des „Wiederaufbau Tourismus“ für den Gast verlängert werden. Dadurch entsteht eine positive Grundstimmung zwischen Gast und einheimischer Bevölkerung für den Wiederaufbau.

BLICK aktuell: Welche Rolle hat dabei der Tagestourismus?

Lambeck: Der Tagestourismus kann in diesem Konzept eine besondere Rolle spielen. Rund 20 Millionen potenzielle Gäste erreichen das Ahrtal innerhalb von zwei Stunden. Ende 2025 wird wieder die Bahnlinie durch das komplette Tal fahren. Rund elf Millionen Bundesbürger nutzen ein Deutschlandticket. Bedeutet: Millionen von potenziellen Gästen können das Ahrtal ohne zusätzliche Kosten erreichen. Verknüpfe ich diese Optionen mit einzigartigen Storys des Wiederaufbaus mit den rund 1.200 Veranstaltungen im gesamten Ahrtal, so wären wir das Naherholungsgebiet und Event-Region für viele Verbraucher. Diese Gesamtinszenierung als „attraktives Gesamtpaket“ hat großes Potenzial für das gesamte Tal. Wird der Einzelhandel eingebunden, könnte dieser massiv profitieren. Ein Teil des Tagestourismus ist das Thema Shopping - der Einzelhandel würde von diesem Gesamtansatz massiv profitieren.

BLICK aktuell: Der Wiederaufbau wird noch einige Zeit brauchen. Wie kann sich das Ahrtal für die Zukunft positionieren?

Lambeck: Es ist wichtig das Ahrtal in den verschiedenen Kontrasten und Facetten zu platzieren. Zwischen Wiederaufbau-Tourismus, als Eventregion bis hin zur Gesundheitsregion, die schon jetzt wieder mit einem umfassenden Angebot aufweisen kann. Es geht in den nächsten zehn Jahren nicht darum „Mitleid“ bei Gästen zu erzeugen, sondern die spannende Story des Wiederaufbaus zu erzählen. Daraus das „Erlebnis Wiederaufbau“ inhaltlich und kommunikativ zu erzählen und so einen anderen Blick auf das Tal zu erreichen, eine andere, neue Art des Tourismus. Hier kann der Tourismus zeigen, welche Bedeutung er für die Gesamtbevölkerung hat. ROB

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K. Schmidt:
Man muss Herr Samed nicht in all seinen Sichtweisen zustimmen, und gerade zum Klima(wandel) hat ja heute eh jeder seine eigene, unverrückbare Meinung, nur: Überliefert und wissenschaftlich untermauert sind eben auch die Hochwasser an der Ahr vom 21. Juli 1804 (63 Tote) und 13.06.1910 (danach wollte...
Amir Samed :
Es ist allein anhand der drei Ereignissen 1804, 1910 und 2021 unübersehbar, dass solche extremen Hochwasserkatastrophen an der Ahr immer wieder vorkamen und wahrscheinlich auch in Zukunft stattfinden. Ganz egal was man den Menschen heute auch zum “Klimaschutz” erzählen mag....
Amir Samed:
Nun ist grundsätzlich nichts dagegen zu sagen, wenn sich Parteien auf einen fairen und respektvollen Umgang miteinander verständigen. Das gab es schon häufiger. Es ist aber interessant, wer in diesen Verhaltenskodex-Klub eingeladen wird und wer nicht. Wer zertifiziert Demokratinnen und Demokraten? Wer...
Maria Anna Hartmann:
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Rolf Weber:
Ich bezweifle stark, dass sich die AfD jetzt zur Arbeiter- und Arbeitnehmerpartei entwickelt. Vielmehr vermute ich, dass das Ergebnis in den linksrheinischen Stadtteilen auf die hohe Frustration der Bürger zurückzuführen ist. Die "alten" Parteien haben diese Stadtteile in den letzten Jahren einfach...
Amir Samed :
Mit moralischer Dauererregung lässt sich keine schlechte Regierungsleistung überdecken. ‚Gegen rechts‘ ist keine Politik. Wähler kreuzen nicht AfD an, weil sie sich die Rückkehr des Nationalsozialismus wünschen, sondern eine Politik, die sich wieder der zentralen Probleme im Land annimmt. Klimaangst...
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