Der Gequälten und Toten gedacht
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Der 79. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz-Birkenau war für die Neuwieder Gruppe der Menschenrechtsorganisation Amnesty International am Holocaust-Gedenktag Anlass, der Gequälten und Toten der Nazi-Tyrannei am Mahnmal für die Opfer des Faschismus zu gedenken. Foto: Amnesty International Gruppe Neuwied
Neuwied. Der 79. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz-Birkenau war für die Neuwieder Gruppe der Menschenrechtsorganisation Amnesty International (AI) am Holocaust-Gedenktag Anlass, der Gequälten und Toten der Nazi-Tyrannei am Mahnmal für die Opfer des Faschismus zu gedenken.
AI-Mitglied Inge Rockenfeller eröffnete die Gedenkstunde und erklärte: „Wir dürfen nie vergessen, dass unter Hitler ein Völkermord an den Juden begangen wurde, bei dem sechs Millionen Menschen ermordet wurde.“ Das dürfe nie wieder geschehen!
Amnesty-Mitglied Manfred Kirsch erklärte in seiner Ansprache, dass die Demokratie hierzulande noch nie so gefährdet gewesen sei wie heute. Es komme gerade jetzt darauf an, dass die Kirchen, Gewerkschaften und demokratischen Parteien sowie alle mündigen Frauen und Männer verstärkt Widerstand organisieren und sich gegen die Rechten im Land zur Wehr setzen. Denn den Kräften von Rechts sei der Rechtsstaat ein Dorn im Auge, was die Zahl der Zunahme antisemitischer und rassistischer Übergriffe leider wieder belegten. Die vielen Demonstrationen der letzten Tage machten jedoch Hoffnung, dass die Menschen in unserem Staat wieder wach werden.
Bürgermeister Peter Jung machte deutlich, dass alle Menschen vor dem Gesetz gleich seien. Deshalb hätten die Berichte über Planungen zur Destruktion der Demokratie und der pluralen Gesellschaft einen Aufschrei ausgelöst! Er erklärte: „Wir sind nun alle gefordert, Farbe zu bekennen - in Neuwied ist kein Platz für Demokratiefeinde und Extremisten!“ Die Frage dürfe nicht sein, wer ein Recht auf Heimat habe, denn „die Würde des Menschen ist unantastbar“. Nie wieder dürfe Menschen ein Unrecht angetan werden. „Nie wieder ist jetzt“, das hallt dieser Tage durch die Straßen. „Das gibt mir Hoffnung“, so Jung, „dass die Menschen aufstehen und für ein Miteinander, ohne Ausgrenzung, eintreten.“
In seiner Rede sprach Pfarrer Wilfried Neusel von der Güte und Versöhnungsbereitschaft der Überlebenden des Holocaust. Es sei eine beschämende und zugleich ermutigende Erfahrung. „Wir leben von den Überlebenden, aus der Perspektive der Opfer zu sehen und zu urteilen, damit wir vor Überheblichkeit und Ignoranz bewahrt werden bzw. bleiben“, so Neusel. „Wir lernen, wie tief Vorurteile und Machtstrukturen in unserem Denken und im gesellschaftlichen und politischen Leben verwurzelt sind. Das gilt für die Wahrnehmung unserer Geistesgeschichte, für die Geschichte der Kirchen wie auch der politischen Ideologien. Und es gilt für die kapitalistische Ökonomie. Wenn Mensch und Natur von den politischen, wirtschaftlichen und geistigen Eliten nur als Objekte wahrgenommen und wie Material benutzt werden, ist eine neue weltweite Katastrophe unvermeidlich. Nur Handeln im Geist und nach den Buchstaben des Grundgesetzes ist zukunftsträchtig.
AI-Mitglied Tsiko Amesse stellte die Frage, ob wir für den universellen Frieden in der Welt, der der lebenswichtige Sauerstoff der Menschen sei, bereit seien, bei politischen Wahlen nicht mehr für moderne Faschisten zu stimmen? Wenn ja, dann würde dieser Satz nie wieder universelle Werte haben! Amesse fragte: „Wollen wir uns in Pioniere des Friedens in der Zukunft verwandeln?“ Er mahnte gleichzeitig: „Lasst uns heute wachsam sein und eine lebendige Barriere gegen Rassismus, Faschismus und Ausgrenzung aufbauen! Wer in der Demokratie schläft, kann in der Diktatur aufwachen.“
AI-Sprecherin Susanne Kudies erinnerte in ihrem Schlusswort an das Schicksal von Dietrich Bonhoeffer, dem Pfarrer der lutherischen, später bekennenden Kirche, der sich gegen die Vereinnahmung der Kirche durch das NS-Regime bis zuletzt wehrte. Zurück aus dem sicheren US-Asyl, schloss er sich der Widerstandsbewegung an und ging für seine Überzeugung in den Tod. Sein Vermächtnis an uns heute sei: „Lernt die Zeichen der Zeit richtig zu deuten, übt Nächstenliebe und setzt Euch für alle Menschen ein, die unter rassistischen Parolen leiden, seid mutig und zeigt Zivilcourage – für die Demokratie und für die Zukunft!“
Pressemitteilung
Amnesty International
Gruppe Neuwied