Mendiger Prinzenproklamation hielt lustige Überraschung bereit
Prinz Thorsten I. eroberte die Herzen seines jecken Volkes
Mendig. Bei eher bescheidenem Novemberwetter mit dem ein oder anderen Regenguss begrüßte die Komiteepräsidentin Karin Diensberg am vergangenen Samstag um 15.11 Uhr zahlreiche bestens aufgelegte Närrinnen und Narren auf dem Rathausplatz. Nach vier langen Jahren coronabedingter Wartezeit fand traditionell am 11.11. die Proklamation des neuen karnevalistischen Herrschers der Stadt Mendig statt. Bereits eine Stunde vor Beginn der Verkündung brachten sich die Jecken bei einem – maximal zwei – kühlen Kölsch in Stimmung und machten Party zu den von „De Schloffmöetschen“ performten alten und neuen „Karnevalskrachern“.
Weil „allen gerade ziemlich die Pumpe geht“, wie es die Komiteepräsidentin von der Freitreppe der Ratsstuben aus formulierte, machte sie es kurz und schmerzlos. Mit einem lautstarken, dreifachen Mennesch Ahoi begrüßte Diensberg Mendigs neuen Regenten und seinen Hofstaat, die standesgemäß in einer knallpinken Stretchlimousine angefahren kamen. Einer nach dem anderen pellte sich in schwerer Robe aus dem überlangen Fahrzeug. Doch wo war die Tollität der fröhlichen Truppe geblieben? „Ich hab so das Gefühl, dass ein entscheidendes Detail vergessen wurde. Mag mal kurz jemand den Kopf in das Gefährt stecken und mir verraten, ob da vielleicht irgendwo noch ein Prinz zu finden ist? Feilt der Prinz noch an seiner Frisur, oder wieso hat er die Limousine verpasst?“, fragte sich nicht nur die Komiteepräsidentin. Plötzlich tauchte der neue karnevalistische Herrscher wild hupend in einem schnuckeligen Fiat 500 auf und fuhr über den roten Teppich auf dem Rathausplatz vor. Winkend und euphorisch nahm er gleich das gesamte Narrenvolk in seinen Bann, das ihm mit ohrenbetäubendem Applaus zujubelte.
Dann endlich stellte Diensberg der jubelnden Menge Prinz Thorsten I. von Kamm und flinker Scher´ vor und setzte ihm die Prinzenmütze auf. Trotz der langen Wartezeit habe er einen sehr langen Atem gehabt und viel Geduld bewiesen, dass sein lang gehegter Jugendtraum doch noch Realität werden konnte, führte sie aus. Bevor der Prinz sich seinem Narrenvolk vorstellte, überreichte ihm das bis dato mit der längsten Amtszeit von vier Jahren regierende Prinzenpaar Prinz Simon und Prinzessin Susi die noch fehlenden Insignien in Form von närrischem Zepter und kostbarer Kette. Sodann gaben Prinz Simon und Prinzessin Susi noch einmal eine Kostprobe ihrer Redekunst, die sie auf dem Hinweg im Auto gemeinsam zu Papier gebracht hatten. Beide wünschten ihrem Nachfolger eine erfolgreiche und unvergessliche Session. Sichtlich von Herzen gaben sie ihm samt Hofstaat Diensbergs Tipp mit auf den Weg, den sie selbst von der engagierten Komiteepräsidentin erhalten hatten: „Macht es so, wie es sich für euch richtig anfühlt!“
Bevor VG-Bürgermeister Jörg Lempertz und Stadtbürgermeister Hans Peter Ammel dem neuen närrischen Oberhaupt schweren Herzens den Schlüssel für das Rathaus aushändigten, gaben sie sich unter dem Leitmotiv „Wahlkrampf“ als Vorsitzende für zwei konkurrierende Parteien die Ehre. Ammel brillierte mit langer Gumminase und Narrenkappe als DLP-Vorsitzender (Deutsche Luftschlangenpartei) und Lempertz heizte seinen Anhängern mottogetreu unter „Haare für alle – vive la Vokuhila“ der EUD (Echthaar-Union Deutschland) mit schwarzer Langhaarperücke ein. In einem selbstironisch, sehr fein pointierten, wahnsinnig witzigen Vortrag eines bekannten Obermendiger Karnevalisten legten die beiden Bürgermeister Mut an den Tag, auch einmal über sich selbst zu lachen. Sehr sympathisch nahmen sie ihre politische Funktion, die Skandälchen in Mendig und die aktuelle, von Krisen geprägte, politische Lage aufs Korn. „Wir haben unsere erfolgreichen Maßnahmen noch einmal in drei Punkten zusammengefasst: erstens, zweitens und natürlich auch drittens“, bilanzierte Ammel seine bisherigen Erfolge. „Deswegen versprechen wir in unserem Wahlprogramm auch nichts – und das Versprechen halten wir auch“, entgegnete Lempertz von sich überzeugt. Der fünfminütige Wahlkrampf endete mit einer Pattsituation in Form von gleich vielen Stimmen für die DLP und die EUD. Beide Protagonisten konnten damit unisono verkünden: „Wir sind Bürgermeister!!!“, gingen im Anschluss eine große „Kloation“ ein und überreichten den Stadtschlüssel an Prinz Thorsten.
Nach der humorvollen Zeremonie richtete der Prinz das Wort an sein närrisches Volk. Selbstkritisch gab er zu, dass sein Geheimnis, Prinz zu werden, nur kurz geheim geblieben sei: „Der Grund dafür liegt auf der Hand, sind Friseure doch allgemein dafür bekannt, dass sie die Kunden nicht bloß frisieren, sondern dabei meist auch schwadronieren.“ Außerdem tue er sich mit dem Singen eher schwer, das Tanzen liege ihm weitaus mehr. Und noch ein Manko gäbe es: „Nämlich, dass ich oft schneller red´, als dass man unten es versteht.“ Umso lustiger und liebenswerter war es, als Prinz Thorsten auch weiter aus seinem persönlichen Nähkästchen plauderte: „Für Heiterkeit und Frohsinn bin ich bekannt. Vielleicht hab ich nicht die beste Prinzen-Figur und singe statt D-Moll auch mal A-Dur. Doch bei allem Klönen und auch Scherzen, glaubt mir, das was ich mach, das kommt von Herzen!“
Nach der Auszeichnung mit dem Prinzenorden an alle wichtigen Akteure im Mendiger Karneval und bevor der närrische Adel ins Prinzenpalais Deutsches Haus zog, um mit seinen Untertanen auf die Proklamation anzustoßen, stellte sich der Hofstaat vor: Finanzminister Peter – Vorsitzender von Steuer und Recht, Verkehrsminister Kevin – Elferräter von Ball und Klang, Mundschenk Martin – Trommelwirbel von Schwarz & Rut, Hofmarschall John – Rhythmuszeh von Guinness & Gesang, Hofnarr Linda – Husarenspieß von Tanz & Glanz, Fahrer Michael, Schienenpilot von Ost & Mauer sowie last but not least die beiden Hofdamen mit geballter Frauenpower Steffi – tanzende Husarin von Harmonie & Choreographie und Denise – Owemennijer Möhn von (L)ach & Krach.
Zum Abschluss eines närrischen Tages fand am Abend zu Ehren der Tollität der Krönungsball in der Laacher See Halle statt, bei dem bis in die frühen Morgenstunden ausgelassen gefeiert wurde.