Informationsabend über das „Schulfach Glück – Lernziel Wohlbefinden“ in Koblenz
Vom PISA-Schock zum Schülerglück
Koblenz. Tobias A.L. Rohde, Direktor des Fritz-Schubert-Instituts für Persönlichkeitsentwicklung in Heidelberg,Vorsitzender des Dachverbandes Positive Pädagogik, Coach und Supervisor begeisterte die über 50 Zuhörer*innen in der Balthasar-Neumann-Grundschule auf der Pfaffendorfer Höhe in Koblenz. Lebendig, informativ und hart an der Lebenspraxis in Schule und Unternehmen orientiert schilderte Rohde seine Erfahrungen in Schulen weltweit: „Wenn sich Menschen gut fühlen, leisten sie auch viel mehr. Energien werden frei, weil der Erfolg - persönlich und für die Sache - gesucht wird. Nicht kopieren sondern kapieren, dazu dient unser Bildungssystem“, und dazu soll das Schulfach Glück einen Beitrag leisten.
Ausgehend von den katastrophalen Ergebnissen der PISA-Studien in Deutschland ab 2001 hinterfragte Rohde, ob und wenn ja wie man denn Bildung überhaupt messen kann. Selbst das Messen der Leistung von Schüler*innen sei schwierig, und was diese Nennwerte dann ausdrücken, ist ebenfalls zu hinterfragen. Seine eigenen Erfahrungen mit dem chinesischen Schulsystem in Shanghai und der dort angewandten Frühförderung irritierten, weil perfekte Reproduktion mittels harter Disziplinierung und Gewalt entstand. Die Suizidrate stieg, ähnlich übrigens wie in Südkorea und Japan, man ist abhängig sogar hörig. Es zeigte sich in allen Schulformen, dass die Beziehung der Lehrperson zu den Lernenden der Schlüssel ist. Daher sind die zentralen Fragen: Wie ist die Haltung der Lehrperson zu den Schüler*innen? Wie messen wir das Wohlbefinden unserer Kinder? Wie hängen Beziehungs- und Erziehungserfolg zusammen?
Der Lehrtrainer für das „Schulfach Glück“ grenzt sich klar ab von Esoterik und unwissenschaftlichen Glücksbegriffen und verweist darauf, dass es in Schule und Unternehmen um Persönlichkeitsentwicklung geht. Neben dem fachlichen Unterweisen ist die Förderung der Persönlichkeit in allen Lehrplänen gleichgesetzt, wird aber nicht so gehandhabt. Er betont, wie gut Bildung, also die Vermittlung von Fachkenntnissen, gelingt: „Das können wir! Aber 6 Stunden Bildung schaufeln ist anstrengend und macht keine Freude.“ Der Lehrberuf ist einer der anspruchvollsten und auch anstrengendsten Berufe, so Rohde.
Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass die tragende Säule im Verhältnis Schüler*in – Lehrer*in die zwischenmenschliche Beziehung ist. Das ehrliche Interesse an der Person des Lernenden weckt auch Interesse am Fach: „In Beziehung zu den Kindern und Jugendlichen bleiben wollen, dazu sind die Pädagog*innen da, dann kann Grundschulbildung toll sein, auf Augenhöhe.“ Räume können geöffnet werden, der/die Schüler*in ist der Lerninhalt, und der/die Lehrer*in ist verantwortlich für den Prozess, der miteinander gegangen wird. Die Neuropsychologie hat festgestellt, dass der Gebrauch des Smartphones das Gehirn nicht stark in Anspruch nimmt. Wenn dagegen – so die Ergebnisse von Studien zu Corona und den Einsamkeitsphänomenen – jemand in Beziehung tritt und miteinander gearbeitet wird, sind 2/3 des Gehirns tätig und strengt sich an. „Das ist eine enorme Kraft, die wir haben, die in uns schlummert“, so der Referent.
Rohde stellt das vom Institut erarbeitete Konzept „Schulfach Glück“ vor, indem er zuerst den Begriff „Glück“, die Übung „Glückskreuz“ und die dazu wichtigen Studien benennt. Stärken und Schwächen sehen lernen, Visionen und Herzenswünsche formulieren und konkrete Schritte kompetent und kohärent unternehmen stellen die „Leitplanken“ dar, nur Leitplanken, keine festen Vorgaben.
In der Diskussion mit den Anwesenden stellt der ausgebildete Coach und Supervisor fest: „Eltern und Lehrer sind Führungskräfte, ähnlich leitenden Kräften in Unternehmen. Es gilt Menschen zu führen, damit sie sich dort, wo sie sich befinden, wohl fühlen, etwas leisten können und den Erfolg auch feiern.“ Oft ist die Beziehungslosigkeit das Problem, und das „Lernziel Wohlbefinden“ wird zur Prävention gegen Burn-Out und als sinnlos erlebtes Arbeiten. Abschließend stellt er die sogenannte „Pivot-Punkt-Planung“ vor, die die Emotionalität bei der Vorbereitung von Begegnungen, Gesprächen und Vorträgen in den Mittelpunkt stellt: Wie möchte ich einerseits und wie möchte ich, dass die anderen aus dieser Veranstaltung herausgehen? Die Antwort: einerseits authentisch sein und andererseits bereichernd.
Die Organisator*innen des Vereins Lebensfach Glück Koblenz e.V. dankten dem Referenten für sein Kommen, der Schulleitung und dem Schulträger für die zur Verfügung gestellten Räumlichkeiten und dem Hausmeister für sein großes Engagement in der Logistik. Viele Zuhörer*innen bestätigten: „Es war vor allem Mut machend.“
Anmeldungen zur Weiterbildung an: lebensfachglueck@outlook.de.
Homepage: www.lebensfach-glück.de.