Ahr: Der Aktionstag Starkregen und Hochwasser fand große Resonanz und soll zur festen Einrichtung werden
Aktionstag Starkregen: Einsatz für mehr gesunden Menschenverstand
Bad Neuenahr-Ahrweiler. Der fortscheitende Klimawandel sorgt für eine Zunahme der Intensität und Häufigkeit von Starkregenereignissen – auch in Bad Neuenahr-Ahrweiler. „Spätestens in Folge der Flutkatastrophe 2021 und der vergangenen Starkregenereignisse im Mai dieses Jahres wurde die Verwundbarkeit der Stadt gegenüber Starkregenereignissen wiederholt deutlich.“ Das sagte Bürgermeister Guido Orthen bei der Eröffnung des ersten Aktionstages Starkregen und Hochwasser in der Landskroner Festhalle in Heimersheim. Und war sich einig mit Referent Professor Dr. Lothar Kirschbauer von der Hochschule Koblenz: „Es gibt keinen absoluten Schutz. Wir können nur die Auswirkungen reduzieren.“
Daher auch Orthens Forderung: „Eine erfolgreiche und vor allem wirksame Starkregen- und Hochwasservorsorge kann nur durch das gemeinsame Handeln öffentlicher Entscheidungsträger im Zusammenspiel mit privaten Maßnahmen zur Eigenvorsorge gelingen.“ Denn aufgrund ihrer geografischen Lage werde die Stadt Bad Neuenahr-Ahrweiler auch weiterhin anfällig für die Folgen von Starkregen sein. Daher sei die Vorsorge im Blick der politisch Verantwortlichen und im Bewusstsein des ganzen Ahrtals, so Orthen, der sich besonders freute, dass auch ein Erdkunde-Leistungskurs der Stufe zwölf des Peter-Joerres-Gymnasiums zum Aktionstag gekommen war.
Damit wurde aber auch bildlich klar, Hochwasserschutz ist eine Generationenaufgabe. Und auch deshalb machten die Schüler „Überstunden“. Denn Planung und Bau von Schutzmaßnahmen wie den 19 Rückhaltebecken an der Oberahr, „wird sie ein Leben lang begleiten“. Deshalb gelte es laut Orthen „mehr nach vorne zu schauen und nicht in Wahlterminen zu denken“ Beim Hochwasserschutz sei Sensibilität gefragt und „nachzuholen, was wir versäumt haben“.
Gesetzgeber gefordert
So sei ein klares Konzept für die Wiederherstellung der Ahr gefordert, „das dauert“. Es gehe um resilienten Wiederaufbau, bei dem, so Orthen, „wir die Ahr und die Brücken nicht mehr so bauen wie sie waren“. Und da wurde der Bürgermeister auch in Richtung des Gesetzgebers fordernd: „Die Verfahren müssen sich deutlich verschlanken. Denn Hochwasserschutz ist Menschenschutz, da müssen andere Verfahren hintenanstehen.“ Statt langwieriger Verfahren wünscht er sich mehr „gesunden Menschenverstand und schnelles Handeln“. Und will auch eine Tradition begründen, denn der Aktionstag Starkregen und Hochwasser soll keine Eintagsfliege bleiben.
Es sollte ein spannender Tag mit spannenden Themen unter Moderation von Alfred Bach vom Planungsstab Aufbau der Stadtverwaltung werden. So beim Vortrag von des promovierten Bauingenieurs Lothar Kirschbauer, der gerade in Richtung der Gymnasiasten im Publikum für seinen Beruf warb, um die Zukunft zu gestalten. Auch riet er massiv zur Eigenvorsorge, denn Starkregen werde durch den Klimawandel in Zukunft häufiger auftreten und ein heute noch hundertjähriges Hochwasserereignis werde künftig alle 60 Jahre auftreten. Darauf gelte es sich im öffentlichen und im privaten Bereich gleichermaßen vorzubereiten.
Und wie sich Starkregen auswirken kann, konnten die Besucher des Aktionstages nicht nur hören, sondern auch visuell erfassen. Denn die Universität Münster hatte ein interaktives Hydraulikmodell im Gepäck. Da konnte in einer Art Sandkasten eine Landschaft gebaut werden, in der dann das Abflussverhalten von Wasser farblich visualisiert wurde. So wurden „Baufehler“ sofort entlarvt und konnten korrigiert werden. Ein Sandkastenspiel mit erstem Hintergrund.
Vorträge und Präsentationen
Gleiches galt für die Präsentation der Sturzflutgefahrenkarten des Landesamtes für Umwelt Rheinland-Pfalz. Professor Dr. Ralf Pude von der Bonner Universität widmete sich dem Wasserrückhalt auf Flächen in der Region und konkret ins Stadtgebiet ging es mit Vorträgen von Justin Hoerster vom Ingenieurbüro Becker zur Außengebietsentwässerung Heimerheim, Doreen Holzem von der Aufbau- und Entwicklungsgesellschaft zur Gewässerwiederherstellung im Stadtgebiet oder von Otmar Steinborn, der der Frage nachging: „Was trägt der Betriebshof der Stadt zur Starkregenvorsorge im Rahmen von Unterhaltungsmaßnahmen bei?“ Der entsprechende Fuhrpark samt Spezialgerätschaften wurde derweil auf dem Außengelände von Heimersheimer Grundschülern umlagert. Tipps für den Umgang mit privatem Grund und Boden gab es zudem von Garten- und Landschaftsbauer Peter Berg.
Rund um das Thema Vorsorge ging es dann auch bei der parallelen Ausstellung. Diese reichte von der Präsentation professioneller Hochwassersperren über Sauger und Pumpen sowie Fenstersicherungen bis hin zur bautechnischen Beratung, denn, so Mitveranstalter Markus Becker, „schon eine Treppenstufe mehr am Eingang gibt 15 Zentimeter mehr Hochwasserschutz“. Die Kreisstadt informierte zudem über die digitale Messung und Überwachung der Wasserstände in Bad Neuenahr-Ahrweiler. Mit dabei waren auch die Feuerwehr der Kreisstadt, das Technische Hilfswerk sowie die Hochwasserhilfe des Arbeiter Samariter Bundes. Und wer Vorsorge nicht auf die lange Bank schieben wollte, der konnte an einer Füllanlage des Betriebshofes der Stadt gratis bis zu zehn Sandsäcken mitnehmen. GS