Langzeitarbeitslosigkeit bedroht Menschenwürde

„Aktion Arbeit“ stellt Projekt auf Fachtag der lag Arbeit in Ochtendung vor

Langzeitarbeitslosigkeit
bedroht Menschenwürde

Unter dem Motto „Recht auf Teilhabe - Recht auf Arbeit, Bewährungsprobe für den Staat“ wurde Bilanz bezüglich der Hartz IV-Reformen gezogen. Foto: privat

01.11.2014 - 15:30

Ochtendung . Langzeitarbeitslosigkeit bedroht die Menschenwürde - das haben die „Aktion Arbeit“ des Bistums Trier und Prof. Klaus Dörre von der Universität Jena auf einer Fachtagung Ende Oktober in Ochtendung angemahnt. Auf der Veranstaltung der Landesarbeitsgemeinschaft (lag) Arbeit trafen sich verschiedene Vertreter aus Politik, Wissenschaft, Kirche und von Beschäftigungs- und Qualifizierungsträger, um zehn Jahre nach den Hartz IV-Reformen unter dem Motto „Recht auf Teilhabe - Recht auf Arbeit, Bewährungsprobe für den Staat“ Bilanz zu ziehen.

Impulsreferate hielten Dörre, der in Jena Soziologie lehrt, und die parlamentarischen Staatssekretärin des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, Annette Kramme, die stellvertretend für Andrea Nahles gekommen war. Kramme stellte die aktuell geplanten Schritte der Bundesregierung vor, die die Langzeitarbeitslosigkeit bekämpfen sollen, etwa eine bessere Betreuung der Arbeitslosen durch sozialpädagogische ausgebildete Coaches und Lohnkostenzuschüsse für Betriebe. Prof. Dörre unterstrich in seinem Referat, dass die Hartz IV-Gesetzgebung an der Realität der Langzeitarbeitslosen vorbeigehe, sie diskriminiere vielmehr und bedrohe damit ihre Menschenwürde. Er forderte eine auskömmliche Grundsicherung als Recht, das auch ohne Sanktionen gelten müsse. Dem Arbeitsmarkt nütze das bisherige System aus Strafen sowieso nichts, da sie in den seltensten Fällen Erfolg bei den Betroffenen zeigten. Dörre forderte stattdessen öffentlich geförderte Arbeitsplätze und langfristigere Maßnahmen.

Ziele, die auch die „Aktion Arbeit“ des Bistums Trier seit Langem verfolgt. Auf dem Fachtag stellten Hans Casel von der „Aktion Arbeit“ und mehrere Teilnehmer das „Exposure-Dialog-Programm“, kurz EDP, vor. Im Mai waren zehn Frauen und Männer aus Politik, Kirche und Wirtschaft drei Tage lang zu Gast bei Langzeitarbeitslosen aus dem Bistum Trier - und zwar rund um die Uhr. Sie lebten mit ihren Gastfamilien unter einem Dach und begleiteten sie zu ihren Beschäftigungsbetrieben, zu Jobcentern oder bei alltäglichen Dingen.

Kai Whittaker, CDU-Bundestagsmitglied, betonte, er habe in seiner Gastfamilie mehr über das Thema gelernt, als ihm Gutachten je hätten vermitteln können. „Es hat mich betroffen gemacht, dass unsere Gesetze bisher noch an der Realität dieser Menschen vorbeigehen“.

Rainer Sans, Rechtsdirektor des Deutschen Caritasverbands, unterstrich: „Sinnvolle Beschäftigung in einem beschützten Rahmen ist die beste Hilfe zur Selbsthilfe. Sie verschafft Struktur, Begegnung und Anerkennung“ - das sei seine Erfahrung in dem Beschäftigungsbetrieb gewesen. Für das Programm hatte die „Aktion Arbeit“ mit vielen in der lag arbeit vertretenen Beschäftigungsbetrieben kooperiert.

Die Idee des EDP sei gewesen, gegenseitig Vorurteile abzubauen, erklärten Casel und „Aktion Arbeit“-Geschäftsführer Rudolf Hammes. „Wir wollten zum einen den Entscheidungsträgern die Chance geben, die Realität dieser Menschen einmal hautnah mitzuerleben und zum anderen war es sehr wichtig für die Langzeitarbeitslosen, zu sehen: Hier kommt jemand, der uns ernst nimmt und unsere Meinung wertschätzt“.

Momentan seien über eine MillionMenschen von Langzeitarbeitslosigkeit betroffen. Es könne nicht das Ziel sein, diese Menschen von einer Maßnahme alle zwei Jahre in die nächste zu schicken. „Die Vorstellung ist falsch, dass man Menschen durch Fördern und Fordern so verändern kann, dass sie um jeden Preis in den ersten Arbeitsmarkt passen.

Deshalb fordern wir einen integrativen Markt mit passenden Arbeitsplätzen, die den Leistungseinschränkungen der Betroffenen gerecht werden.

Arbeit ist ein Menschenrecht. Wir setzen uns als Kirche für diese benachteiligten Menschen ein, denn sie verdienen einen respektierten Platz in der Gesellschaft und ein Leben in Würde“.

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