Auch im Angesicht der Flutkatastrophe verlieren die Menschen in den Hochwassergebieten nicht den Humor

Das Ahrtal lacht auch in der Krise

30.09.2021 - 09:22

Ahrweiler. Peter-Josef Geller ist jemand, den man nur als Original bezeichnen kann. Sein Herz schlägt für den Geißbock Hennes, das Maskottchen des 1. FC Köln, und natürlich seine Vaterstadt Ahrweiler. Geller, den hier jeder nur PJ (in der englischen Aussprache, so wie DJ) nennt, sitzt vor dem Plakat der „größten Freibier-Kneipe in ganz Ahrweiler“. Auf dem großen Banner steht „Zomm Affjesoffene“, so lautet der Name seiner Freiluft-Pinte. Immer wieder kommen Helfer, die nicht des Rheinischen mächtig sind, vorbei und rätseln, was die Schrift bedeuten mag. Geller klärt gerne auf: „Zum Abgesoffenen“ heißt das.“ Dass der Name durchaus in den Bereich des schwarzen Humors fällt, verzeihen ihm die Gäste der Umsonstkneipe gerne. Denn abgesoffen ist auch Gellers Haus. Meterhoch stand hier das Wasser gleich hinter der Ahrweiler Stadtmauer, die in einer Ausbuchtung gar unterspült wurde. Nun ist sein Haus im Kanonenwall wieder im Rohbauzustand. Ein befreundeter Gastronom hatte die Idee mit dem Namen und PJ den Einfall mit dem Ausschank für lau. Es gibt bevorzugt Kölsch. „Was auch sonst“, schüttelt Geller verständnislos den Kopf. Die Domstadt Köln hat mit Geller einen Botschafter in der Rotweinstadt, und logischerweise fehlt ihm der typisch rheinische Humor nicht. Und manchem, der mit Gummistiefeln und geschulterter Schippe auf ein Bier vorbeischaute, machte deshalb der Aufenthalt im „Affjesoffene“ besonders Spaß. Kostenloses Bier gibt es für die Nachbarschaft, Helfer, Betroffene, Freunde. Alle dürfen vorbeischauen. Mehr als 300 Liter Bier gingen hier schon über den imaginären Tresen. Auch Barhocker gibt es keine. Stattdessen dominiert das Camping-Flair auf dem Klappstuhl. Für Nachschub sorgen befreundete Gastronomen und Brauereien. „Wichtig ist, dass die Menschen eine gute Zeit haben und ein bisschen miteinander quatschen können“, sagt Geller. „Wir haben ja alle genug Schlimmes gesehen“, grübelt er. Geld fließt neben dem Bier aber auch. Die aufgestellte Spendenbüchse ist randvoll mit Münzen und Scheinen, die sich für den Service des ehrenamtlichen Gastronoms bedanken möchten. „Ich möchte mit dem Geld ältere Nachbarn unterstützen, die keine Familie mehr haben“, sagt er zufrieden, aber auch nachdenklich.

Auch wenige Meter weiter blüht der Humor im wahrsten Sinne. Dort grünt in einem Blumentopf ein ansehnliches Pflänzchen. Davor prangt das Schild: „LAGA 2022“. Gemeint ist also die Landesgartenschau, die im nächsten Jahr in Bad Neuenahr-Ahrweiler einst geplant war. Daraus wird bekanntlich nichts, aber die Adaption im Miniaturformat kann sich durchaus sehen lassen.


Ein Baggersee für Mayschoß


Die Ahr hat sich am 15. Juli neue Wege gesucht. Die Auswirkungen sind auch in Mayschoß zu sehen. Direkt an der Bundesstraße war vor der Flut ein Weinfeld und ein Sportplatz. Beides wurde vollständig fortgespült, und die Ahr hat eine Art von See geformt. Tatsächlich legt das Geröllufer einen Vergleich zu einem Baggersee nahe. Mancherorts ist in manchen solcher Gewässern das Schwimmen streng verboten. Wer sich jedoch nicht beherrschen kann, möge doch die Leiter zum Einstieg ins Nass benutzen. Das impliziert zumindest das Schild, das am Geländer zur Ahr hängt: „Nicht vom Beckenrand springen!“ steht da. Signiert wurde das vom Bürgermeister höchstpersönlich und somit amtlich besiegelt. Zugegeben: Das Schild stammt nicht vom Ortschef, sondern von Mirja Ockenfels. Die Mayschosserin saß abends auf ihrer Terrasse und hat mit Helfern gegrillt. „Wir saßen zusammen und haben über den See philosophiert“, sagt sie. Hinzu gesellten sich imaginäre Tretboote, eine Cocktailbar und ein Hafen. So war die lustige Idee geboren, und schon am nächsten Tag hing das Schild. Und zur Abrundung wurde für alle Nichtschwimmer zusätzlich ein Rettungsring platziert. Selbstverständlich ist das Schwimmen in der Ahr eine sehr schlechte Idee und sollte unterlassen werden. Aber das Schild samt Ring darf gerne mit einem Lächeln quittiert werden.


Der König packt mit an


Auch über die wichtigste Figur der Geschichte Sinzigs, König Barbarossa, darf geschmunzelt werden. Der rotbärtige Herrscher wurde selbst zum Aufräumen abgestellt, zumindest seine goldfarbene Version, die als Kunststoffstatue in Bad Bodendorf steht. Ihm zu Füßen lagen diesmal nicht seine Untertanen, sondern Schippe, Gummistiefel, Handschuhe und Abzieher – wichtige Instrumente im Helfereinsatz. Und da die Gesundheit stets im Vordergrund steht, wurde Barbarossa sogar mit einer FFP2-Maske bedacht. Die hilft bekanntlich nicht nur gegen Coronaviren, sondern auch gegen den aufgewirbelten Staub.ROB

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