Johannes-Passion in Bad Ems und Diez
Ruhe finden in der Last der Welt
Evangelische Kantoreien interpretierten gemeinsam Bach-Werk mit Orchester und Solisten
Bad Ems/Diez-Freiendiez. Wenn ein musikalisches Werk auch 300 Jahre nach seiner Entstehung die Menschen noch bewegt, spricht das zum Einen für die hohe Kunst des Komponisten. Zum Anderen zeigten die beiden Aufführungen der Johannes-Passion von Johann Sebastian Bach in Bad Ems und Diez einmal mehr, dass sich der Mensch in seinem Suchen, Fragen und Sehnen in 2000 Jahren kaum verändert hat. In einem Gemeinschaftsprojekt haben die Evangelische Kantorei Bad Ems und die Nassauische Kantorei aus der Region Diez die von Bach vertonte Leidensgeschichte Jesu nach dem Johannes-Evangelium unter Leitung der Dekanatskantoren Ingo Thrun (Bad Ems) und Martin Samrock (Diez) einstudiert. Begleitet von einer ebenso versiert wie engagiert aufspielenden „Capella Instrumentalis Nassoviae“ wirkte die zweistündige Aufführung mitten hinein in die christliche Passionszeit und nicht zuletzt in die Leidensgeschichten, die Menschen und Menschheit heute zu ertragen haben. Chor und Orchester erschlossen sehr diszipliniert unter Stabführung von Ingo Thrun (1. Teil) und Martin Samrock (2. Teil) in der katholischen Martinskirche Bad Ems und der evangelischen Jakobuskirche Diez-Freiendiez die grandiose Komposition des Thomas-Kantors, dessen Werk nicht umsonst gern als fünftes Evangelium bezeichnet wird. Wer Bachs facettenreiche musikalische Sprache, mit der er den Evangeliums-Text übersetzt, auf sich wirken ließ, konnte schon zu Beginn der Karwoche die Tiefe der christlichen Botschaft verinnerlichen, auch wenn er das Programmheft erst später aufschlug. Vom machtvollen „Herr, unser Herrscher“ bis zum friedvoll tröstlichen „Ruht wohl, und bringt auch mich zur Ruhe“ spannte sich dieser ausdrucksstarke dramatische Bogen, aus dem die Zuhörer angesichts der Leiden der lauten Welt viel Trost, Ruhe und Glaubenszuversicht schöpfen konnten. Mélanie Horner (Sopran), Maria Dehler (Alt), Sebastian Kunz und Peter Meyer (Bariton) sowie allen voran der Tenor Ulrich Cordes als Evangelist gelang in den tonal sicher gegebenen Arien eine fein gezeichnete Charakterisierung dessen, was die Protagonisten der Passionsgeschichte wie Jesus, Petrus und Pilatus bewegt. Eindringlich verströmten die nur gut zwei Dutzend Sängerinnen und Sänger der Gemeinschaftskantorei die musikalische Stärke von Bachs Partitur in die Kirchenreihen, von der aufgebracht gegen Jesus hetzenden Menge bis hin zu den wunderschönen Chorälen mit ihrer versöhnenden Bekenntniskraft.
Kräftiger Beifall
Nach einer kurzen Stille nach dem Schlusschoral wurden die Akteure mit kräftigem Beifall bedacht. Was richtig und falsch ist, damit werden sich die Besucher auch nach den Aufführungen genauso schwergetan haben, wie Pilatus mit seiner Entscheidung, Jesus kreuzigen zu lassen oder nicht. Wohl aber konnten sie mit einem Gefühl der Ruhe und in der Gelassenheit des Glaubens den Heimweg antreten, mit denen sie Bachs Musik in der Interpretation der Kantoreien erfüllte.
Pressebericht
Evangelische Öffentlichkeitsarbeit
Rhein-Lahn